Messestadt Riem:Bäume mit System

Messestadt Riem: Mit Schal und Konzept: Gilles Vexlard erklärt die Architektur des von ihm entworfenen Riemer Parks.

Mit Schal und Konzept: Gilles Vexlard erklärt die Architektur des von ihm entworfenen Riemer Parks.

(Foto: Robert Haas)

Gilles Vexlard, der Architekt des Riemer Parks, erklärt auf einer Radtour durch die Anlage sein Konzept. Auch die Gestaltung des noch unvollendeten Westteils ist Thema beim Gespräch mit den Bürgern

Von Helena Ott, Messestadt Riem

Gilles Vexlard ist mit dem Fahrrad angetreten: Der Landschaftsarchitekt will den "Freunden des Riemer Parks" seine Ideen hinter der geradlinig strukturierten Parkanlage vermitteln. Mehr als 70 Interessierte aus der Messestadt und aus Trudering sind gekommen; einig ist sich die Radlergruppe darin, welche "vielfältigen Freizeitmöglichkeiten" das 2005 zur Bundesgartenschau geschaffene Erholungsareal bietet. Uneins dagegen sind sie in ihrem Urteil über die schnurgeraden Wege und Bäume, die in den Augen von Umweltpädagogin Erika Boda "wie Soldaten in einer Reihe stehen".

Eingeladen zu der Radtour hatten die grüne Landtagsabgeordnete Margarete Bause und ihr Parteifreund, Stadtrat Herbert Danner. Die beiden haben damit den seltenen Aufenthalt des Franzosen in München genutzt - die Stadt hatte Vexlard in die Jury des Architektenwettbewerbs für den geplanten Bildungscampus und die zugehörigen Sportanlagen im Westen des Parks berufen, das Gremium traf sich im sogenannten Kopfbau der historischen Tribünenanlage.

Der Radlergruppe erklärt Gilles Vexlard auf dem Weg von den Senkgärten an das Südufer des Badesees, warum der von ihm gestaltete Park so geometrisch und künstlich anmutet. Aufgabe des Architektenwettbewerbes sei es gewesen, einen Park zu gestalten, der "die Weite der Münchner Schotterebene im Kontrast zu den eng stehenden Häusern im Zentrum erfahrbar macht". Dazu, so seine Argumentation, brauche es lange Fluchten, die nicht durch willkürlich gesetzte Bäume unterbrochen werden - und Herbert Danner stimmt ihm zu: In keinem anderen Münchner Park habe man einen "derart weiten Ausblick mit bis zu drei Kilometern Sicht". Die breiten geradlinigen Wege sollen dazu einladen, gemütlich und sicher nebeneinander zu radeln. Auch an Verliebte hat der Franzose gedacht: Auf dem Rodelberg sollen sie freie Sicht auf das Alpenpanorama genießen und sich zwischen den Pinien und Bäumen am Südhang ungestört fühlen können.

Wer bis zum Ende der Tour mitradelte, erfuhr von Vexlard, wie er den unvollendeten Westteil der Anlage gestalten wird: Die 450 Meter breite und rund 70 Meter tiefe Fläche wird der Übergang zu den neuen Sportstätten und einer Schwimmhalle sein. In direkter Nachbarschaft wird zudem bis 2021 der Bildungscampus mit einer städtischen Realschule und einem staatlichen Gymnasium entstehen; 2400 Schüler sollen dort in Zukunft unterrichtet werden.

Doch den Baugrund der Sportanlagen und die Siedlung trennt die wuchtige Außenmauer der Tribüne, welche die Nationalsozialisten 1930 erbaut haben. Einen Durchbruch in der Mitte der Tribüne, wie ihn Stadtrat Danner gefordert hatte, lehnt die Stadt wegen des Denkmalschutzes ab. Herbert Danner befürchtet nun, dass deshalb "die zukünftigen Sportanlagen durch die 450 Meter lange Barriere von der Siedlung abgeschottet bleiben".

Die Dominanz des Bauwerks will Gilles Vexlard deshalb brechen: Dazu soll der breite Korridor zwischen den Sportanlagen und der Tribüne um drei Meter angehoben werden, sodass der Blick auf die Messestadt wieder frei wird. Zwischen Sportstätten und Tribüne entsteht ein Wildgarten mit Obstbäumen und Rosen. "Die Natur soll sich den Platz zurückerobern und die Mauern möglichst unsichtbar machen", sagt Vexlard. Auf der Tribüne hat sie das schon: Trotz der Betonplatten sind über die Jahre Sträucher und Bäume gewachsen, das Bauwerk ist zum Biotop geworden. Seitdem steht die Stadt im Zwiespalt - einerseits muss sie das Denkmal erhalten, andererseits das Biotop schützen. Zwei kaum zu vereinbarende Pflichten, da die Wurzeln die Betonflächen nach und nach aufreißen.

Im Stadtrat wird laut Herbert Danner ebenfalls über die Nutzung des Kopfbaus diskutiert: Möglich scheint es, dass dort die Parkbesucher in den kommenden vier Jahren den lang ersehnten Biergarten bekommen. Beifall seitens der Radler gibt es, als Danner verkündet, dass die geplante Umfahrung Kirchtrudering, die an der Tribüne vorbeiführen sollte, so nicht gebaut wird. Die Grünen, die Bürgerinitiative "Keine Umfahrung Kirchtruderings" und auch Landschaftsarchitekt Vexlard hatten sich gegen die Schnellstraße durch den Park gewehrt. Stattdessen soll die Straße nun entlang des Wohngebietes gebaut werden. Die Grünen dringen darauf, diese auf Tempo 30 zu begrenzen. Gilles Vexlard will auch in Zukunft aufmerksam verfolgen, welche Veränderungen die Stadt an seinem Bauwerk plant und, wenn es aus seiner Sicht nötig sein sollte, von seinem Urheberrecht als Architekt Gebrauch machen.

Die Beiträge des Architektenwettbewerbs zum Bildungscampus und den Sportanlagen im Westen des Riemer Parks werden bis Sonntag, 28. Mai, der Öffentlichkeit präsentiert. Täglich jeweils von 11 bis 19 Uhr können die Pläne im Kopfbau am Westende der Kopenhagenstraße studiert werden.

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