Süddeutsche Zeitung

Messe für Brettspiele:Zocker sind hier falsch

Auf der "Spielwiesn" finden Freunde von Schach & Co Tausende Varianten ihren Spieltrieb auszuleben.

Otto Fritscher

"Ich war schon ein paar Mal nahe dran, aufzugeben", sagt Petra Griebler. Doch dann hat der Spieltrieb wieder gesiegt. Zum Glück für die Anhänger von Brettspielen jeglicher Couleur. Denn sonst gäbe es die "Münchner Spielwiesn" nicht mehr, die Petra Griebler an diesem Wochenende zum 17. Mal veranstaltet. Diese Messe ist die große Plattform für Spieler, die lieber Karten und Figuren in die Hand nehmen als eine Computer-Maus oder einen Joystick. 40000 Besucher werden erwartet.

Das ist um den Faktor 100 mehr, als zum ersten "Spielefest" kamen, 1991 im Pschorr-Keller. "Ich hatte auch nur einen einzigen Aussteller, alle andern haben abgesagt", erzählt Griebler, die im Hauptberuf Chefin einer PR-Agentur ist. "Da wollte ich hinschmeißen." Ein anderes Mal waren es finanzielle Gründe, die Griebler zweifeln ließen. Zusammen mit ihrem Bruder Thomas Gärtner hat sie die Spielwiesn aber weiterentwickelt. Die Messe wuchs von Jahr zu Jahr, 2006 zog sie vom Forum der Technik beim Deutschen Museum in das MOC um.

Die Besonderheit der Spielwiesn ist die Spielothek: 2764 verschiedene Brettspiele können gegen Abgabe des Personalausweises ausgeliehen und an den Biergartentischen daneben gleich getestet werden. Als Lotsen durch diese riesige Sammlung dienen 60 ehrenamtliche Spieleberater. Claudia Döhring ist eine von ihnen. "500 Spiele kenne ich genau, bei 500 weiteren müsste ich die Details in der Spielanleitung nachlesen", sagt sie. Einmal pro Woche trifft sie sich, um Neuigkeiten auszuprobieren."Ich spiele auch am PC", sagt die 29-Jährige. Und fügt sofort hinzu: "Aber natürlich nur Brettspiele, die genau so wie das Original im Internet umgesetzt worden sind."

Es sind die großen Spieleverlage im MOC vertreten wie Ravensburger oder Kosmos, und eben auch die freien Spiele-Erfinder, zusammen gut 50 Aussteller. Für die freien Erfinder ist die Spielwiesn oftmals die einzige Bühne im Jahr, auf der sie ihre Kreationen vorstellen können. "Die kleinen Erfinder zahlen traditionell auch keine Standgebühren", sagt Messe-Chefin Griebel. In den Anfangsjahren war auch der Verkauf von Spielen direkt auf der Messe verboten. "Wir wollten keine kommerzielle Atmosphäre, sondern eine Stimmung wie in einem großen Wohnzimmer", erinnert sich Griebler. Dem Flair der Messe hat das aber nicht geschadet, dass die getesteten Spiele nun auch gleich erworben werden können.

Unter den Messebesuchern waren am Freitag nicht nur viele Kinder, sondern auch auffällig viele Spiele-Fans der "Generation 50 plus". "Spielen ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, das Gedächtnis auch im Alter auf Trab zu halten", sagt Petra Griebler. Viele der Besucher bummeln in den hinteren Teil der Halle 4 weiter, wo sich die Creativmesse mit gut 40 Ausstellern ausgebreitet hat. Hier geht es um Stoffe, Bastelzeug, Farben, Nähen.

Die Münchner Spielwiesn und die Creativmesse finden am heutigen Samstag und morgigen Sonntag in der Halle 4 des MOC an der Lilienthalallee statt. Geöffnet sind beide Messen von 10 bis 18 Uhr, das Kombiticket kostet acht Euro.

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Quelle:
SZ vom 08.11.2008
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