Messe Free in München:Gefährte für den Lifestyle

Lesezeit: 4 Min.

Simon Schweiger (rechts), Geschäftsführer der Bullishow aus Tirol, ist einer von 850 Ausstellern. (Foto: Robert Haas)

Luxus-Wohnmobile oder ein E-Waterbike fürs Sektschlürfen auf dem See: Was es auf Bayerns größte Reise- und Freizeitmesse alles zu sehen gibt - ein Rundgang.

Von Patrik Stäbler

Wie das genau sei mit der Promillegrenze auf dem Wasser, das wisse sie nicht, räumt Tanja Himmelreich ein. Aber zumindest hier und heute stehen zwei kleine Dosen Sekt samt Magnetbechern auf der "Chill-Lounge" bereit, so nennt sie das. Diese, frei übersetzt, Faulenzer-Ecke ist eine aufblasbare Matratze, die auf zwei länglichen Schwimmern thront, auf denen wiederum ein Gestell mit einem räderlosen Fahrrad befestigt ist. Dessen Pedale sind mit einem Propeller verbunden, der dieses Wasserfahrzeug antreibt. Wobei der Radler - analog zum E-Bike an Land - bei Bedarf von einem Elektromotor unterstützt wird. Voilà, fertig ist das E-Waterbike des gleichnamigen Startups vom Bodensee, das in der Halle A6 der Reise- und Freizeitmesse Free viele Interessierte anzieht - trotz oder vielleicht auch wegen der Sektdosen.

Immerhin 25 Kilometer pro Stunde schnell fahre das Wasserfahrrad, wirbt Himmelreich, die bei der jungen Firma fürs Marketing zuständig ist. Die Reichweite liege bei 50 Kilometern, und nicht aufgepumpt passe das Gefährt in jeden Kofferraum. "Viele Strände sind heute ja total überfüllt", sagt Himmelreich. "Mit unserem E-Waterbike kommt man schnell weg vom Trubel." Und wem es auf dem Wasser dann allzu still wird, der kann die Ruhe mittels Musik vertreiben - aus der bluetoothfähigen Lautsprecherbox im Lenker. So viel Hightech hat freilich seinen Preis: 4900 Euro, mit "Chill-Lounge" 5900 Euro, kostet das E-Waterbike, das bei der Free erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird.

Das E-Waterbike wird bis zu 25 Kilometer pro Stunde schnell. (Foto: Robert Haas)

Natürlich wolle man auf der Free gerne auch das eine oder andere Gefährt verkaufen, sagt Himmelreich. Vor allem aber gehe es ihrem Startup bei der Messe darum, bekannter zu werden und ins Gespräch zu kommen. Das könnte durchaus gelingen, zumindest wenn es nach dem Andrang an ihrem Stand geht.

Wobei in den sechs Hallen der Münchner Messe generell viel Trubel herrscht am Eröffnungstag. Dabei musste die Free in den vergangenen zwei Jahren eine Corona-Zwangspause einlegen; entsprechend vage waren im Vorfeld die Erwartungen. "Das ist unsere erste große Publikumsmesse nach Corona", sagte Reinhard Pfeiffer, Geschäftsführer der Messe München. "Wenn wir hunderttausend Besucher erreichen, sind wir zufrieden." Im Jahr 2020 hatte Bayerns größte Reise- und Freizeitmesse noch 120 000 Menschen angezogen. Damals präsentierten sich 1300 Aussteller - diesmal sind es 850.

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Trotz dieser Schrumpfkur ist die Wiedersehensfreude groß. "Endlich finden solche Messen wieder statt", sagt auch Simon Schweiger, Geschäftsführer der Bullishow aus Tirol, nach eigenen Angaben Europas größtes VW-Bus-Zentrum. Die Österreicher sind mit 15 Beschäftigten und fast ebenso vielen Fahrzeugen an ihrem Stand in der Halle B4 vertreten - dort also, wo nebst Kleinbussen allerlei Caravans und Wohnmobile stehen, einige davon größer als manche Mietwohnung. Und auch teurer. Von Pandemie-Folgen und Weltkrisen ist hier wenig zu spüren. Und auch Schweiger betont, dass er "sehr positiv" in die Zukunft blicke. "Der Urlaub ist so wichtig für viele Menschen, dass da erst ganz zum Schluss gespart wird. Und die ersten Signale zeigen, dass nach Corona eher ein Nachholeffekt besteht."

Dieser Eindruck passt zu den Zahlen, die Messe-Chef Reinhard Pfeiffer präsentiert hat. Demnach rechnet die Branche in diesem Jahr mit 65 Millionen Urlaubsreisen, was nur knapp unter dem Rekordwert von 71 Millionen im Jahr 2019 liege. "Die Deutschen wollen den Titel Reiseweltmeister nicht abgeben. Die Lust auf Urlaub ist absolut da", sagte Pfeiffer. Der Trend gehe weiterhin zum Aktivurlaub. "Aber jetzt geht's auch stärker in Richtung Mittelmeer."

Das Gastland Kroatien präsentiert sich auch mit einer Aufführung. (Foto: Robert Haas)

Diese Einschätzung hört man am größten Stand der Halle A4 sicher gerne, denn dort präsentiert sich Kroatien, das diesjährige Partnerland der Free. "So nah wie nie", steht auf großen Bannern - womit nicht zuletzt der Beitritt des Landes zum Schengen-Raum gemeint ist, wodurch Grenzkontrollen inzwischen der Vergangenheit angehören. Gleiches gilt fürs Umrechnen der Preise, schließlich wird in Kroatien seit diesem Jahr mit Euro bezahlt.

Nicht bezahlen muss man am kroatischen Stand für die Häppchen, was sicher mit ein Grund für das Gedränge dort ist. Inmitten des Pulks informieren sich Messegäste über Strandurlaub auf der Insel Krk und die Reize der Hafenstadt Dubrovnik, aber auch über die Angebote eines kroatischen Zahnarztzentrums.

Eine Halle weiter werben heimische Reiseziele um die Gunst der Urlauber - von der Stadt Dachau bis zum Bayerischen Wald, dessen Delegation extra eine Skigondel vom Großen Arber aufgebaut hat. Passend dazu - rein jahreszeitlich gesehen - steht in der nächsten Halle ein Schneemobil, und zwar am Stand der Bundeswehr, die ein Stammgast auf solchen Messen ist. Bei der Free präsentiert sich die Truppe zwischen Barfußschuhen und veganen Powerriegeln in der Wassersport-Halle. Dort wartet einige Schritte weiter ein 30 Meter langes und 18 Meter breites Becken, in dem man nicht nur Kajaks, Kanus und Stand-up-Paddleboards testen, sondern sich auch im Schnuppertauchen und SuP-Yoga versuchen kann.

Auf der Free kann man verschiedene Wassersportarten ausprobieren. (Foto: Robert Haas)
Auf unterschiedlichen Fahrradmodellen geht es über den Parcours. (Foto: Robert Haas)
Die Coffeecruiser der Firma MC E-Bike sehen aus wie Motorräder, sind aber E-Bikes. (Foto: Robert Haas)

Ums Ausprobieren geht es auch in der Halle B6. Dort können die neuesten Fahrradmodelle wahlweise auf einem ebenen Kurs oder einem hügeligen Mountainbike-Parcours getestet werden. Drumherum präsentieren die Hersteller ihre Renn-, Falt-, Lasten- und sonstige Räder, das Gros davon elektrisch angetrieben. Besonders viele Blicke zieht ein Zweirad auf sich, das neben einer Bühne steht, auf der die Autorin Jasmin Böhm gerade vom "Bikepacking mit Kind quer durch Europa" erzählt. Jenes Gefährt hört auf den Namen Coffeecruiser und sieht aus wie ein Motorrad aus den 1950er-Jahren - ist aber ein 3200 Euro teures E-Bike, dessen Batterie sich im Tank versteckt. "Vom Style her ist das sicherlich unique", sagt Marcel Gläser, Liebhaber englischer Begriffe und Geschäftsführer des Herstellers, MC E-Bike aus Schweinfurt.

Sein Startup verkaufe nicht etwa Fahrräder, betont der 36-Jährige. "Sondern das ist ein Lifestyle-Produkt. Und wir sind eine Lifestyle-Marke." Ein Satz, der inzwischen auf immer mehr Produkte und Hersteller bei der Free zutrifft - egal, ob zum individuellen Lifestyle die Besteigung des Kilimandscharo, ein zehn Meter langes Luxus-Wohnmobil oder das E-Waterbike zum sorglosen Sektschlürfen auf dem See gehört.

Die Publikumsmesse Free ist bis inklusive Sonntag geöffnet, täglich von 10 bis 18 Uhr. Seit Freitag läuft parallel dazu in zwei angrenzenden Hallen die Internationale Motorrad Ausstellung (IMOT). Das Tagesticket für beide Messen kostet 15 Euro.

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