Meisterfeier des FC Bayern:Es müllert vom Rathaus-Balkon

Bei ihrer Meisterfeier sollen die Herren und Damen des FC Bayern ein bisschen Spaß machen, aber das gelingt nur leidlich. Thomas Müller muss es richten.

Von Gerhard Fischer

Torwart Manuel Neuer nimmt die Meisterschale in die Hand und reckt sie so schnell in die Höhe, als müsse er einen Ball mit einem Reflex über die Latte lenken. Witzbold Thomas Müller zeigt erst die Rückseite der Schale, dann schwenkt er sie wie einen Cognac. Aber nicht Neuer und Müller haben den lässigsten Auftritt, den hat einer, der wenig machen muss, um cool zu wirken: Xabi Alonso, der große, alte Stratege. Alonso also schreitet auf den Balkon des Rathauses, nimmt die Schale und hebt sie nonchalant mit einer Hand in die Höhe. Es ist die majestätischste Tat bei der Meisterfeier des FC Bayern.

An diesem Pfingstsonntag feiert der FC Bayern also mal wieder einen Meistertitel, den 26. in seiner Geschichte und den vierten in Serie - das gab es noch nie in der Bundesliga. Wie immer ist der Marienplatz proppenvoll. Wie immer schwenken Tausende ihre roten Fahnen. Aber wird das nicht langsam Routine? Für die Spieler, aber auch für die Fans?

"Herzlich willkommen zum alljährlichen Klassentreffen auf dem Marienplatz", sagt ein Einpeitscher vom Balkon des Rathauses herab; es ist 13 Uhr, um 14.30 Uhr sollen die Spieler kommen. Verena Trabelsi aus Dachau trägt die volle Bayern-Kluft, sie lässt sich gerade mit einer nachgemachten Meisterschale auf dem Marienplatz fotografieren. "Nein, für mich ist das keine Routine", sagt sie, "ich freue mich jedes Jahr wieder darauf."

Ein Wort noch zu Pep, zu Pep Guardiola. "Es ist okay, dass er geht", sagt Verena Trabelsi, "die Herzen der Fans hat er nicht erreicht."

Es regnet nicht, aber es ist kühl und windig. Stephan Lehmann, der Stadionsprecher, heizt der gut gelaunten Menge auf dem Marienplatz ein. Er macht das gut, das musikalische Angebot ist aber eher etwas für Freunde des rustikalen Geschmacks: Super-Bayern hej, hej hej, Humbahumbatäterä und Beckenbauers Lieblingslied "Gute Freunde kann niemand trennen."

Pep tritt auf - und bekommt kaum Applaus

Im Innenhof des Rathauses warten Reporter, Sicherheitsleute, Funktionäre und ausgewählte Fans auf die Ankunft der Spieler. Viele tragen wichtige Gesichter zur Schau, wie das so ist, wenn man glaubt, Teil eines bedeutsamen Ganzen zu sein. Um 14.35 Uhr kommen die Spieler, einige lachen und geben Autogramme, andere rauschen hoch in den ersten Stock, wo sie dann auf den Balkon hinaustreten werden.

Dort hüpft schon Berni, das Maskottchen der Bayern, zu den Gesängen der Fans, und weil Berni ein Bär und dick ist, hat man Angst, der Balkon könnte hinunter brechen. Ja gut, nicht wirklich. Aber man stellt es sich vor. Dann kommen die Spieler und Spielerinnen des FC Bayern (die Frauen sind auch Meister geworden, zum zweiten Mal nacheinander), jeweils paarweise, der junge Joshua Kimmich trägt einen schicken grünen Hut zur Tracht, Douglas Costa auch, aber er hat ihn so cool aufgesetzt, dass er damit locker in einem Mafia-Film mitspielen könnte.

Matthias Sammer, der erkrankte Sportvorstand, und Uli Hoeneß, der gerade keine richtige Funktion in seinem Verein hat, sind nicht da. Als Pep Guardiola den Balkon betritt, gibt es keinen besonderen Applaus.

Kapitän Philipp Lahm, Vorstandschef Kalle Rummenigge und Oberbürgermeister Dieter Reiter sagen ein paar nette Sachen, wie sie an solchen Tagen eben gesagt werden ("stolz auf den FC Bayern", "kommen bald wieder auf den Balkon"), und dann sollen die kickenden Herren und Damen des FCB ein bisschen singen und Spaß machen, aber das gelingt nur leidlich, Fußballspielen können sie besser als das Improvisieren.

Thomas Müller muss es dann richten, er bringt die mehr als 10.000 Fans tatsächlich in Stimmung, und dann holt er den Franzosen Franck Ribery, "unseren Deutschprofessor", wie er sagt, nach vorne. Ribery, dessen Deutsch ausbaufähig erscheint, ist sehr witzig, aber er ist lange nicht so lässig wie einer, der ganz hinten steht und die Hände in die Taschen der Lederhose versenkt hat: Xabi Alonso.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: