Meine Woche:Wie eine große Familie

Meine Woche: Grygorow ist einer von fünf Betreuern, die sich um die Teilnehmer zwischen zehn und 19 Jahren kümmern.

Grygorow ist einer von fünf Betreuern, die sich um die Teilnehmer zwischen zehn und 19 Jahren kümmern.

(Foto: Privat)

Oleg Grygorow betreut bei der Jewrovision junge Künstler

Von Julia Fietz

Vier Minuten, um die Jury zu überzeugen. Ungefähr viertausend Augenpaare, die sich auf die Bühne richten. Fünfzehn Gruppen aus allen Ecken der Republik, die für die Höchstbewertung von zwölf Punkten alles geben. Das ist die Jewrovision 2020. Am Samstag, 7. März, richtet Berlin die 18. Auflage des größten Events für jüdische Jugendliche in Deutschland aus. Der Tanz- und Gesangwettbewerb ist dem Eurovision Song Contest nachempfunden. Oleg Grygorov aus München macht sich bereits am Freitagmorgen mit dem Bus des Jugendzentrums Neshama der Israelitischen Kultusgemeinde auf den Weg. Der 19-Jährige ist einer von fünf Betreuern, die sich um die Teilnehmer zwischen zehn und 19 Jahren kümmern. 20 stehen auf der Bühne, 25 sind zum Anfeuern dabei. "Auf dem Weg hin herrscht immer große Partystimmung, auf dem Weg zurück das große Schweigen, dann sind alle todmüde", erzählt er.

Seit Jahren fährt Grygorov mit zur Jewrovision. Der Zusammenhalt dort sei schwer in Worte zu fassen, berichtet der Abiturient. "Wir sind hier, wir sind stark, wir sind deutsch und trotzdem jüdisch", diese Botschaft trage die Teilnehmer durch das Wochenende. Am Freitagabend feierten alle Anwesenden in Berlin zusammen den Sabbat. "Wie bei einer viertausendköpfigen Familie" werde zusammen gebetet, gefeiert und gesungen, erzählt Grygorov. Vor allem aber sei es ein großes Wiedersehen, man kenne sich untereinander sehr gut. Tags darauf wird es ernst. Die Münchner haben die Startnummer 12. Jede Gruppe hat ein Vorstellungsvideo vorbereitet, das separat bewertet wird. Für den Auftritt werden bekannte Lieder zum Motto "Be yourself" umgedichtet und eine eigene Choreografie gestaltet. Dahinter steckt monatelange harte Arbeit. Zunächst die Castings, dann mindestens zwei Proben pro Woche, die Aufnahme des Videos in einem eigens gemieteten Studio und zwei Wochen vor dem Auftritt die Generalprobe. Geht dabei etwas schief, beunruhigt das Oleg Grygorov nicht. "Meistens wird der Auftritt dann richtig gut."

Eine Woche vor der Jewrovision werden die letzten Fragen geklärt und die Kostüme in Umzugskisten gepackt. Als Betreuer und Teilnehmer ist Oleg Grygorov vor und hinter den Kulissen im Dauereinsatz, muss die Jugendlichen beruhigen und gleichzeitig das eigene Lampenfieber bekämpfen. "Wir Betreuer kriegen in den drei Tagen quasi gar keinen Schlaf", sagt der 19-Jährige. Das sei es ihm wert. "Die Jewrovision ist das Event, bei dem ich einfach ich sein und meine Kultur und Herkunft so zeigen kann, wie ich es möchte."

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