Süddeutsche Zeitung

Meine Woche:Neugier auf Mahler und Mozart

Eva Nies will junge Leute für das Kolibri-Benefizkonzert begeistern

Von Irini Bafas

Eva Nies muss zur Post. Briefe verschicken, Briefmarken kaufen, Briefumschläge füllen und wieder Briefe verschicken. So geht das seit Wochen jeden Tag, denn Nies hat ein Ziel: Am Freitag will sie den Herkulessaal in der Residenz mit möglichst vielen Jugendlichen füllen und ihnen die Musik von Mozart und Mahler näherbringen. "Wenn der Stapel mit den Eintrittskarten langsam verschwindet", sagt sie, "dann bin ich glücklich".

Die 72-Jährige organisiert das Benefizkonzert der interkulturellen Stiftung Kolibri, das nun schon zum dritten Mal stattfindet. Am Dienstag fährt sie nach Pielenhofen bei Regensburg. Dort probt die Neue Philharmonie München. Das Ensemble mit jungen Musikern aus immerhin 15 Ländern wird am Freitagabend Mozarts Violinkonzert Nummer 5 A-Dur und Mahlers fünfte Symphonie spielen. "Da kommen Menschen aus teilweise verfeindeten Ländern zusammen und leben Integration vor", sagt Nies.

Darum gehe es auch beim Konzert selbst. Nies () will Geflüchtete und Migranten aus der Isolation holen und sie mit europäischer Musik vertraut machen. An die 500 Schüler aus sogenannten Berufsintegrationsklassen haben schon zugesagt. Um die Jugendlichen besser zu erreichen, bietet Kolibri eine Art Einführung in die klassische Musik an. Am Mittwochvormittag besucht Nies deswegen mit einer Musikpädagogin die Berufsschule für Berufsvorbereitung. Die Pädagogin spielt Stücke auf der Geige vor und erklärt, wie ein Orchester funktioniert. Je besser die Zuschauer informiert seien, desto intensiver nähmen sie das Konzert wahr, sagt Nies. Gerade Jugendliche aus bildungsfernen Familien seien oft besonders neugierig auf klassische Musik. "Es ist schon vorgekommen, dass manch einer nach dem Konzert Lust bekommen hat, selbst ein Instrument zu lernen."

Nies war früher Lehrerin. Obwohl sie mittlerweile im Ruhestand ist, unterrichtet sie immer noch. Nach dem Vorbereitungskurs an der Schule bringt sie zwei jungen Männern aus Somalia und Syrien Deutsch bei. Am Abend trifft sie sich mit den Ehrenamtlichen, die am Freitag mithelfen. Nies ist dafür verantwortlich, dass alle Stände aufgebaut sind und der Verkauf an der Abendkasse reibungslos läuft. Sie muss noch Blumen besorgen und mit den Sponsoren sprechen. Angst, dass etwas schiefgeht, hat sie keine. "Zu Beginn habe ich nur befürchtet, dass die Bereitschaft für Flüchtlingshilfe in der Gesellschaft gesunken ist", erzählt sie. "Aber wir haben so viel Unterstützung bekommen, das beruhigt mich."

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Quelle:
SZ vom 05.03.2018
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