Meine Woche:Kirchenbänke im Grünen

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Pfarrer Georg Rieger (Foto: Stephan Rumpf)

Pfarrer Georg Rieger bittet zum Gespräch an einem ungewöhnlichen Ort

Von Andrea Schlaier

Der eine oder andere Passant wird sich die Augen reiben. Von Dienstag, 3. Juli, bis Samstag, 7. Juli, stehen auf der grünen Wiese des Laimer Angers zwei kleine, sehr hübsche Kirchenbänke. Zur Mittagszeit und in den Abendstunden, jeweils zwischen 12 und 14 Uhr sowie 18 und 20 Uhr, wird auf dem Gestühl mit den geschnitzten Seitenwangen der Chef des katholischen Pfarrverbands Laim, Georg Rieger (), Platz nehmen und zuweilen auch Kollegen aus seinem Seelsorgerteam. "Wir wollen uns ein wenig den Passanten aussetzen", sagt der Geistliche. "Die Idee ist, ein niederschwelliges Angebot für Leute auf dem Weg zu machen, mit Kirche ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen, Anmerkungen zu geben."

Bei einer Klausurtagung im Vorjahr hatte er zusammen mit den Mitarbeitern nach einer Möglichkeit gesucht, den Laimern näherkommen, ohne aufdringlich zu sein. Aber, schiebt Rieger gleich ein, damit bloß keiner auf falsche Gedanken kommt: "Wir wollen nicht missionieren! Hier hat jeder, der vorbeikommt, die Möglichkeit, einfach zu verweilen, zu sitzen, Ruhe zu genießen oder eben ein Gespräch zu führen. Worüber auch immer." Religion könne ein Thema sei, müsse es aber nicht.

Gleichzeitig versteht Georg Rieger, der Münchens größten und sehr regen katholischen Pfarrverband leitet, das Angebot als neue Form der Seelsorge. "Die Leute haben in unserer Zeit einen unspezifischen Hunger auf etwas, das sie nicht ins Wort bringen. Es ist mittlerweile eine große Scheu vorhanden, über Religion zu reden; sie ist so weit ins Private abgetaucht, dass sie privater ist als das Sexualleben." Und trotzdem suchten viele nach dem Sinn, nach Quellen, die sie anzapfen könnten, sei es Kunst, Natur, fernöstliche Meditation oder eben das Gebet. "Kirche", sagt der Priester, "ist ein Anbieter von vielen".

Und da die Rhetorik schon ins Marktwirtschaftliche schwappt: Was können die Laimer, die auf das kleine Bankerl am Anger rutschen, erwarten? Rieger, ganz Pfarrer, setzt pastoral an: "Unser Motto ist das Wort Jesu 'Was willst du, dass ich dir tue?' - wenn wir helfen können, helfen wir." Wünsche jemand Besuch oder jemanden, der für ihn einkauft, werde man Freiwillige suchen. "Ich werde immer was zu schreiben dabeihaben", verspricht Rieger.

Die Bank hat das Bauressort des Erzbischöflichen Ordinariats zur Verfügung gestellt. Sie ist gerade parat, weil die dazugehörige Kapelle saniert wird. Er habe keine Ahnung, wer kommen werde, sagt Georg Rieger und fügt ganz irdisch an: "Wir sind auf jeden Fall da - außer es pisst, dann müssen wir abbrechen."

© SZ vom 02.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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