Meine Woche:Die Hände am Himmel

Anne Attenberger
(Foto: Privat)

Anne Attenberger stemmt, was an Fronleichnam sonst nur Männer tun

Von Anita Naujokat

Natürlich hat es auch ein paar missmutige Stimmen gegeben. So nach dem Motto "Ja macht's nur, ihr werd's scho sehen." Doch die Frauen ließen sich nicht beirren. Erstmals bei einer Fronleichnamsprozession in Allach-Untermenzing werden sie am Sonntag bisheriges Männerwerk verrichten und den Himmel, unter dem der Priester in der Monstranz das Allerheiligste hält, tragen. Es sind die Kirchenpflegerin Anne Attenberger ), Brigitte Winkler von der Kirchenverwaltung, Katrin Bayerle aus dem Pfarrgemeinderat und Christina Pfeil von der Katholischen Frauengemeinschaft.

Die Idee haben sie schon seit ein paar Jahren. Und wenn nicht jetzt umsetzen, wann dann, sagt Attenberger, die auch die Senioren im Stadtbezirk vertritt und für die CSU im Bezirksausschuss ist. Immerhin sind Frauen im Stadtbezirk in der katholischen Kirche schon seit Langem aktiv, und prägen das dortige Leben. "Was wäre die Gemeinde ohne Frauen?", fragt Attenberger. "Es ist keineswegs Anmaßung, sondern wir Frauen stehen für die Kirche, möchten wertgeschätzt und mehr eingebunden werden." Ihre Vision und die ihrer Mitstreiterinnen ist, dass Frauen irgendwann auch mal am Altar stehen dürfen. Dazu brauche es immer wieder Mut und Verantwortung, den Weg trotz aller Rückschläge und Enttäuschungen zu gehen. Für sie gilt es zu zeigen: "Wir sind zeitgemäß und trotzdem katholisch."

Rückhalt haben sie jedenfalls von vielen Seiten, besonders von Pfarrer Martin Joseph aus Sankt Martin in Untermenzing. Ihr Verständnis als "solidarische Weggemeinschaft", die verändern und handeln wolle, die als starke Partner in Kirche und Gesellschaft wahrgenommen werden wolle, wird am Sonntag ihren Ausdruck finden. Gewandet in Dirndl starten die Frauen um 9.30 Uhr am Pfarrheim von Sankt Martin an der Eversbuschstraße 11, von wo aus es über die Eversbusch- in die Pfarrer-Grimm-Straße und über den Kindergartenweg zur Messe im Garten des Pfarramts geht. Im Anschluss folgt bis 14.30 Uhr ein Frühschoppen im Pfarrheim.

Ein, zwei Tage vorher werden die Himmelsträgerinnen einen Probelauf absolvieren. Mit Muskelkater in den Armen müssen sie also diese Woche rechnen. Wie schwer der doppelseitige Himmel von Sankt Martin ist, kann die 68-Jährige nicht sagen. Die Strecke ist nicht weit, da die Prozession aber langsam schreitet, wird es etwa 20 Minuten dauern, bis die Frauen den Tragehimmel absetzen können. Gut möglich, dass sie nicht nur in Allach-Untermenzing, sondern in ganz München die ersten sind, die das stemmen. Dem Erzbischöflichen Ordinariat ist nicht bekannt, dass jemals Frauen bei diesem Ritual aktiv gewesen seien. Bei der großen Prozession in der Innenstadt sei es eine Frage der Physis. Der Himmel sei sehr schwer, sagt Sprecher Christoph Kappes. Was die einzelnen Pfarr-Prozessionen angeht, könne er es nicht ausschließen. Eine Vorgabe, ob Mann oder Frau tragen dürfen, existiere in der katholischen Kirche nicht. Anne Attenberger jedenfalls wünscht sich viele Nachahmerinnen - auch im übertragenen Sinn.

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