Meine Woche:Coco aus dem Kongo

Meine Woche: Der 36-Jährige unterrichtet im Familienzentrum Französisch.

Der 36-Jährige unterrichtet im Familienzentrum Französisch.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Der 36-Jährige unterrichtet im Familienzentrum Französisch

Von Lisa Hänel

Jeden Montag zelebriert Coco die französische Sprache. Denn dann macht sich der gebürtige Kongolese auf den Weg von der Gemeinschaftsunterkunft in Giesing zum Familienzentrum Trudering am Dompfaffweg 10. Hier unterrichtet Coco, der mit vollem Namen Coco Kudia Kapinga (Foto: Alessandra Schellnegger) heißt, von 10 bis 11.30 Uhr deutsche Erwachsene in seiner Muttersprache. Im Kurs sitzen Rentner und junge Mütter, Coco unterhält sich mit jedem, der kommt. Meistens sind es fünf bis sieben Teilnehmer, die an dem runden Tisch im ersten Stock des Familienzentrums zusammen kommen. Coco wählt gerne provokante Themen, um die Kursteilnehmer zum Sprechen zu animieren. "Wenn ich Themen wie die deutsche Teilung, den Klimawandel oder Religion anspreche, bringe ich die Leute zum Nachdenken, sie müssen sich eine Meinung bilden", erklärt der 36-Jährige. An diesem Montag geht es um sexuell übertragbare Krankheiten. Ein ungewohntes Thema für die Teilnehmer, für Coco aber eine Herzensangelegenheit. Er kennst selbst viele, die betroffen sind. In Afrika ist das ein großes Problem, nicht nur wegen HIV.

Die Idee für den Französischkurs hatte Coco in seiner ersten Aufnahmestelle in der Fauststraße. Hier kam er im Juni 2015 an, nachdem er die Demokratische Republik Kongo verlassen hatte und über die Türkei nach München gekommen war. In der Fauststraße gab Coco gemeinsam mit fünf Freunden einen Trommelkurs für die Nachbarn im Viertel. Doch Coco wollte gerne noch mehr tun, am liebsten in seiner Muttersprache. Mit der Idee eines Französisch-Kurses wandte sich Coco an Julia Ermili, Sozialpädagogin im Familienzentrum Trudering, das zu dieser Zeit ehrenamtlich die Flüchtlinge in der Fauststraße betreute. Ermili war begeistert: "Wir vertreten den Grundsatz, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen wollen." Coco startete im Januar mit seinem Kurs im Familienzentrum Trudering. Es ist auch für ihn eine Möglichkeit, die deutsche Kultur kennenzulernen. Vor kurzem hatten sie das Thema Ehe. Da hat er erfahren, dass in Deutschland der Ehemann nicht wie im Kongo eine Mitgift bezahlen und mit der Familie der Braut verhandeln muss.

Ist Coco montags Lehrer, sitzt er den Rest der Woche selbst wieder auf der Schulbank. Jeden Tag, außer am Wochenende, lernt er drei Stunden Deutsch in der Volkshochschule. Das Sprechen fällt ihm noch schwer. Er mag aber die Arbeitsmoral der Deutschen und arbeitet selbst gerne. Im Kongo hat er einen Supermarkt geleitet.

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