Süddeutsche Zeitung

München:Wie entscheidend der Name bei der Wohnungssuche ist

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Von Katharina Kutsche

"Ich spreche hier im Namen vieler verzweifelter Menschen, die sich täglich auf die Suche nach einer Wohnung begeben." So beginnt der Aufruf, den Enis Bayik am Montag auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte. Bayik erzählt, dass er vor einem knappen Jahr mit der Wohnungssuche begonnen habe: über Internetportale, Zeitungsannoncen, Makler, das Übliche halt.

Obwohl der 27-Jährige als Sales Manager ein festes Einkommen hat und gute Referenzen vorweisen kann, hat er nach mehr als hundert Wohnungsbesichtigungen nur Absagen bekommen. Die einzige Erklärung dafür ist aus seiner Sicht sein türkischer Name. Beim Mieterverein hören die Mitarbeiter solche Vorwürfe öfter, auch Studenten oder etwa Rentner beschweren sich. Allein: Es ist schwer nachzuweisen - auch wenn Vermieter nach dem Gesetz alle gleich behandeln müssen.

Es kann nur am Namen liegen

Enis Bayik zum Beispiel hatte auf seiner langen Wohnungssuche eine Maklerin, die ihm zusagte, ihn persönlich beim Vermieter zu empfehlen. Dennoch sei er abgelehnt worden, zugunsten einer deutschen Studentin ohne Einkommen, aber eben mit einem solventen Ärzteehepaar als Eltern. Gesagt habe ihm bisher niemand, dass es an seinem Namen liegt. Trotzdem könne er es sich nicht anders erklären - zumal es seinen Bekannten mit Migrationshintergrund ähnlich ginge.

Anja Franz vom Mieterverein München sagt, dass solche Vorwürfe kaum nachzuprüfen seien. Sie erklärt, dass die Vermieter in München generell eine sehr große Zahl an Interessenten für ihre Wohnungen haben und sich demnach ihre Mieter aussuchen könnten: "Dabei fällt wohl häufig jeder aus der engeren Wahl, der sich in irgendeiner Form als problematischer Mieter herausstellen könnte: Studenten, Alleinerziehende, Rentner, Behinderte und eben Ausländer."

Für Enis Bayik liegt genau da das Problem: er ist in Deutschland geboren, in der Oberpfalz aufgewachsen und deutscher Staatsangehöriger. Er glaubt, dass Tausende andere Menschen in München das gleiche Problem haben.

Beim Beweis droht ein Bußgeld

Falls es nachzuweisen sei, dass Eigentümer jemanden benachteiligen, könnten sie sich ein Bußgeld einhandeln, erklärt Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus & Grund München. Sie müssen sich an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) halten: Demnach dürfen sie niemanden benachteiligen, etwa wegen seiner Herkunft oder seines Geschlechts. Dass Bayiks Vorwurf im Einzelfall stimme, könne Stürzer nicht ausschließen, jedoch sei das wichtigste Kriterium für Vermieter nach wie vor die Solvenz des Bewerbers: "Und bei einem Wohnungsmarkt wie in München sind die Vermieter wählerisch".

Enis Bayik wohnt weiterhin bei einem Freund. Immerhin hat er nach seiner Facebook-Offensive viel Zuspruch bekommen - und inzwischen auch ein paar Wohnungsangebote.

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Quelle:
SZ vom 20.01.2016
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