"Mehmet" in Türkei untergetaucht:"Wir können nur warten"

Die Bild-Zeitung brüstet sich damit, dass sie den flüchtigen Ex-Serienstraftäter Muhlis A. aufgespürt hat, während die Polizei ihn noch sucht. Irrtum: Die Polizei wusste längst, wo er war. Doch der deutschen Justiz sind die Hände gebunden.

Violetta Simon

Muhlis A. ist wieder in der Türkei. "Mehmet" - wie der Münchner mit türkischer Staatsbürgerschaft aus Datenschutzgründen genannt wird - war untergetaucht, um einer 18-monatigen Freiheitsstrafe zu entgehen. Seither sucht ihn die deutsche Justiz mit Haftbefehl.

Nun haben ihn Reporter der Bild-Zeitung in einem kleinen Dorf nahe der griechischen Grenze aufgespürt. Dort wohnt der Ex-Serienstraftäter angeblich im Haus eines Onkels, gemeinsam mit sieben weiteren Familienmitgliedern.

"Die deutsche Polizei sucht ihn, Bild findet ihn" titelte das Boulevard-Blatt euphorisch und ein wenig schadenfroh in seiner Mittwochausgabe. So könne man das nicht sehen, entgegnet Oberstaatsanwalt Anton Winkler, der den Fall betreut: "Im Gegensatz zu den Justizbeamten dürfe schließlich jede Privatperson in der Türkei nach Mehmet suchen. Uns hingegen fehlt die rechtliche Handhabe". Mehmet müsste also schon freiwillig nach Deutschland kommen. Nur dann greife die deutsche Rechtssprechung.

Rechtsmittel wie z.B. ein Antrag auf Rechtsbeihilfe oder ein internationaler Haftbefehl blieben in diesem Fall aussichtslos, erklärt Winkler. Denn selbst wenn sich die Staatsanwaltschaft damit an die Türkei wenden würde: Staaten liefern ihre Staatsangehörigen - sofern es nicht um ein Kapitalverbrechen geht - prinzipiell nicht aus. Das gelte im Übrigen für jedes Land.

Nach Angaben von Winkler hätte die Polizei mit dem Flüchtigen sogar einmal am Telefon gesprochen, konnte aber aus besagten Gründen nichts ausrichten.

Mehmet ist sich dieser Situation offensichtlich deutlich bewusst. Entsprechend lässig äußerte er sich bei dem Gespräch den Reportern gegenüber: "Ich brauche jetzt erst einmal Abstand zu allem, muss ein wenig durchatmen und versuchen, die richtige Entscheidung zu treffen".

Für Muhlis A. dürfte die Aussicht, deutschen Boden zu betreten, ohnehin nicht sehr verlockend sein. Auf ihn wartet unter Umständen nicht nur die Haftstrafe: Wenn es nach Innenminister Günther Beckstein ginge, würde gleich im Anschluss die Abschiebung folgen. Doch das will das das Kreisverwaltungsreferat erst entscheiden, wenn der Flüchtige nach Deutschland kommen sollte.

Ob der Flüchtige dieses Risiko auf sich nimmt? Oberstaatsanwalt Winkler bleibt gelassen: "Mehmet hat damals gesagt, er werde sich schon melden, wenn er sich entschieden hat. Dann nehmen wir ihn eben beim Wort". "Bis dahin", so Winkler, "können wir nur warten".

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