MCM-Gründer tot:Der Taschenspieler

Er war der Mann, der den Münchner Luxuskoffer erfand. Am Dienstag ist MCM-Gründer Michael Cromer in einer Münchner Klinik 68-jährig gestorben.

Christian Mayer

Kurz vor seinem Tod hatte er wieder Hoffnung geschöpft. Er erzählte seine unglaubliche Lebensgeschichte vor allem mit dem Ziel, an sein einstiges Imperium anzuknüpfen. Michael Cromer, eine der schillerndsten Figuren der Münchner Schickeria, wollte noch einmal anfangen, trotz der Zwangsversteigerung seiner Villa in Trudering, trotz einer schweren Krankheit.

Michael Cromer

Aus einer Schwabinger Einzimmerwohnung in die Schickeria.

(Foto: Foto: dpa)

Im Juli erschien seine Biographie "Die Michael Cromer München Story'' im Riva-Verlag: eine persönliche Lebensbeichte, in der er mit seinen Widersachern abrechnete. Am Dienstag gab der Verlag bekannt, dass Cromer in einer Münchner Klinik an den Folgen einer Aorta-Operation gestorben ist.

Sein Leben, das waren die Taschen und die Prominenten, die seine Taschen herzeigten. Berühmt wurde Cromer, Jahrgang 1939, mit der international bekannten Modemarke MCM, die inzwischen einer koreanischen Unternehmerin gehört. Mitte der siebziger Jahre gründete er nach einem abgebrochenen VWL-Studium und einer Zeit als Schauspieler ("Nicht fummeln, Liebling") und Model seine Marke.

Ein Koffer als Schlüssel zur High Society

"Modern Coiffure München'' stand zunächst für den Laden seiner Frau Mara, ehe daraus "Moderne Creation München Reisegepäck GmbH'' wurde. Zum Gründungsmythos gehört auch, dass er in seiner Schwabinger Einzimmerwohnung startete, nachdem er Anfang der siebziger Jahre mit Schauspieler Fred Williams zu einem Dreh nach Rom geflogen war.

Williams, der mit einem Louis-Vuitton-Koffer im Hotel erschien, wurde wie ein Hollywood-Star empfangen. So einen Koffer mit Vorführeffekt wollte auch Cromer, deshalb entwarf er seine eigenen Produkte.

Seinen Aufstieg verdankte er vor allem seiner Überzeugungskraft und seinem Charme. Gerne bediente er sich dabei der Hilfe von Klatschreportern, die ausführlich über seine perfekt inszenierten Geschäftseröffnungen berichteten. Cromer, das war der Partykönig, der Freund der Promis, der Typ mit dem grünen Porsche und dem türkisfarbenen Ferrari.

Initialen mit einem Lorbeerkranz gerahmt

Das persönliche Initial als Erkennungszeichen, gekrönt mit einem Lorbeerkranz - Bescheidenheit zählte weniger zu Cromers Tugenden. Vielmehr verstand es der stets braungebrannte Aufsteiger, bekannte Kunden aus der Unterhaltungsbranche an sich zu binden.

Der Taschenspieler

Seine cognacfarbenen, oft etwas manieristischen Luxustaschen fanden in den achtziger Jahren immer mehr Abnehmer. MCM machte ihn reich, und auf dem Höhepunkt seiner Karriere herrschte er über 240 Filialen bei einem Jahresumsatz von angeblich mehr als 480 Millionen Euro. In Mailand, Paris, New York und Tokio hatte er seine Boutiquen.

Cromer war auch deshalb so erfolgreich, weil er keine Mühen scheute, um prominente Kunden persönlich zu beraten. In seiner Biographie schildert er eine Begegnung mit dem Entertainer Sammy Davis junior im Münchner Hilton: Der amerikanische Hotelgast hatte die Auslage des Taschenkönigs mit Wohlgefallen studiert - und bestellte beim herbeigeeilten "Schicki-Michi'' gleich die ganze Kollektion.

Niedergang des "Schicki-Michi"

US-Modell Cindy Crawford diente ihm als Werbeikone. Längst hatte der gebürtige Rheinländer sein Geschäft erweitert, außer Taschen, Koffer und dicke Geldbeutel entwarf er auch die Inneneinrichtung von Luxusfahrzeugen.

Der Niedergang begann, auch das gehört zum Erklärungsversuch des Unternehmers, mit der Asienkrise. Tatsächlich war es wohl ein Konkurrent Cromers, der im September 1995 eine neunseitige Anzeige gegen den Taschenhändler an das Finanzamt München schickte. Cromer, so der Vorwurf, habe 60 Millionen Mark Steuern hinterzogen; später ging es um eine noch höhere Summe.

Zugleich forderten seine Banken Kredite zurück, als er mit Umsatzverlusten und illegalen Verkäufen seiner Markenprodukte in Fernost zu kämpfen hatte. Der Firmengründer verlor sein Lebenswerk, "in ein paar Wochen war alles weg''. Er führte Prozesse und erlitt fürchterliche Niederlagen. "Ich war krank, zermürbt, ausgelaugt'', sagte er einmal. Trotzdem arbeitete er nach der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung an einem Comeback.

Die Marke MCM lebt noch immer vom alten Image; besonders gut verkaufen sich die Produkte in Südkorea. Als Creative Director fungiert der Designer Michael Michalsky (früher Adidas). An den Taschenkönig von München, den Markengründer, erinnert auf der offiziellen Internetseite der Firma - nichts.

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