Maxvorstadt:Zurück zum alten Flair

Maxvorstadt: Die Baustellen machen die Situation in der Augustenstraße nur noch schlimmer: ein wildes Durcheinander, klagen Anwohner.

Die Baustellen machen die Situation in der Augustenstraße nur noch schlimmer: ein wildes Durcheinander, klagen Anwohner.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Fragt man Anwohner, wie sich die für den dichten Verkehr viel zu schmale Augustenstraße umgestalten ließe, kommen viele Ideen: von der Einbahnstraßenregelung bis zur autofreien Zone

Von Johannes Korsche, Maxvorstadt

Die Augustenstraße ist ein Nadelöhr. Soll heißen: Sie ist einfach zu eng für den täglichen Verkehr. Da sind die Autos, die sich in jede Richtung einspurig hintereinander durch die schmalen Kurven schlängeln - nicht selten schneller als das Tempo-30-Gebot eigentlich erlauben würde. Dazwischen immer wieder Radler, die sich entweder auf der Autofahrbahn oder auf einem alten Fahrradstreifen entlang des schmalen Gehsteiges von einer unübersichtlichen Kreuzung zur nächsten bewegen. Wo es irgendwie möglich ist, haben Cafés Stühle aufgestellt oder Geschäfte ihre Auslage erweitert. Nicht zu vergessen die Parkplätze, die den nutzbaren Raum entlang der Straße zusätzlich verknappen. Es herrscht "ein wildes Durcheinander", wie eine Anwohnerin es unlängst zusammengefasst hat, als sie sich an den Bezirksausschuss (BA) wandte.

Das Gremium fordert deswegen nun die Stadt auf, eine "effizientere Verkehrsführung zeitnah zu planen und durchzuführen", wie es in einem einstimmig verabschiedeten SPD-Antrag heißt. Moniert wird, dass die verkehrliche Gestaltung der Augustenstraße ein "wiederkehrendes Ärgernis" ist. Der BA habe in der Vergangenheit mehrfach Verbesserungen in der Augustenstraße gefordert, betonen die BA-Mitglieder. Bisher sei man auf die Zeit nach der Fertigstellung der Anwohnertiefgarage am Josephsplatz vertröstet worden. "Diese ist nunmehr seit dem Sommer 2016 in Benutzung", stellen die Stadtpolitiker trocken fest. Ihnen scheint die Geduld auszugehen.

Das zuständige Referat für Stadtplanung reagiert dagegen gelassen. Die Situation entlang der Augustenstraße sei bekannt, teilt Sprecher Thorsten Vogel mit. "Derzeit laufen Untersuchungen, wie hier eine Verbesserung herbeigeführt werden kann." Demnach habe eine Studie festgestellt, dass "der Parkdruck in diesem Gebiet noch immer sehr hoch ist". Trotz der neuen Tiefgarage am Josephsplatz, die lediglich "leichte Verbesserungen" gebracht habe. Dem Stadtrat sollen diese Ergebnisse sowie ein Beschlussvorschlag vorgestellt werden - "noch in diesem Jahr". Ein konkreter Zeitplan für die Umgestaltung liege allerdings noch nicht vor.

Wer sich mit den Anwohnern und Ladenbesitzern unterhält, stellt fest: Die Umgestaltung der Augustenstraße ist längst überfällig. Doch was genau "effizient" wäre, wie es der BA fordert, darüber sind sich längst nicht alle einig. Ideen zur kompletten Umgestaltung der Straße, zu Einbahnstraßenregelungen und verkehrsberuhigten Zonen eint letztlich nur eines: Dem Auto soll weniger Platz eingeräumt werden. Dabei gehen längst nicht alle so weit wie Anwohner Harald Evertz. Könnte Evertz die Straße verändern, sie wäre nicht mehr wiederzuerkennen. Zunächst käme nach seinen Vorstellungen der "ganze Individualverkehr mit dem Auto komplett raus - egal, ob Verbrenner oder Elektro". Die Radler würden dann auf der einstigen Autofahrbahn unterwegs sein. Den Platz, der dadurch auf dem Gehsteig gewonnen würde, ließe sich laut Evertz dazu nutzen, um "Grünstreifen und Sitzmöglichkeiten vor den Cafés zu erweitern". Falls vorhanden, könne man die alten Stadtgräben wieder öffnen und kleine Bäche nach Freiburger Vorbild freilegen. "Um - in Anbetracht des sich immer mehr erhitzenden Stadtklimas - Kühlung zu schaffen." Die Motorengeräusche würden dem Plätschern des Wassers weichen. Das alles, um das besondere "Flair der Straße zu pushen".

Doch die Verbannung der Autos würde wie nebenbei ein anderes Problem auf der Augustenstraße lösen: die gefährlichen Situationen für die Radfahrer an den Kreuzungen. Weil die Straße so eng ist, herrscht für die Radler "Lebensgefahr hoch drei", wie Gudrun Ganser sagt. Sie betreibt einen kleinen Fahrradladen in der Augustenstraße. Dabei beobachtet sie neben dem täglichen "Lärm und Krach" auch, dass manche sich "über den Haufen fahren". Die Situation sei eine Katastrophe. "Da gehört schon was gemacht", sagt sie. Nur was? "Eine verkehrsberuhigte Zone fände ich nicht schlecht." Das sieht auch Passantin Sabine Fuhrmeister so. Sie kauft gerade mit ihrem Fahrrad beim Bäcker ein. Die Radler könnten dann zumindest sicherer auf der Straße fahren. Denn momentan ist es für sie "ätzend" zu radeln.

Die Situation wird durch eine Verkehrsberuhigung zwar langsamer, aber nicht weniger beengt. Und das hat auch Auswirkungen auf die Ladenbesitzer. So haben längst nicht alle Cafés ausreichend Platz, um Stühle im Freien aufzustellen. "Ich bekomme auf der einen Seite keine Bestuhlung", klagt eine Café-Betreiberin, deren Geschäft schon fast am Josephsplatz liegt. Der Gehsteig sei zu eng, habe man ihr gesagt. Ihre Idee: Die Augustenstraße als Einbahnstraße ausweisen, und den Verkehr in die andere Richtung über eine zweite Straße zurückführen. "Da ist die Gabelsbergerstraße ein Beispiel, dass das funktioniert", sagt sie. Dadurch, dass die Radler auf die Fahrbahn umziehen, werde der Gehsteig breiter - breit genug für eine Freischankfläche vor ihrem Café. Insgesamt sei die Straße einfach "zu unübersichtlich". Wegen parkender Autos oder Litfaßsäulen könne der Autofahrer die Radler beim Abbiegen oft gar nicht sehen. "An der Ecke", sie zeigt auf die Straßenkreuzungen vor ihrem Café, "kracht es dauernd."

Wie die Stadt den Verkehr auf der Augustenstraße nun führen will, wird sich zeigen. Sollte sie dafür noch Ideen benötigen, hätten die Maxvorstädter einige parat.

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