Maxvorstadt:Patienten sind auch Menschen

Maxvorstadt: Alexander Radinger (links, bei der Clown-Ausbildung) setzt sich für Sensibilität und Empathie in der Medizin ein.

Alexander Radinger (links, bei der Clown-Ausbildung) setzt sich für Sensibilität und Empathie in der Medizin ein.

(Foto: Catherina Hess)

Im Podcast "Die Gesundheitswesen" will ein Mediziner-Team zeigen, dass Fachkompetenz allein nicht genügt, um ein guter Arzt zu sein

Von Claudia Wessel, Maxvorstadt

"Es hat eine Zeit gegeben während meines Medizinstudiums, da hab ich sehr gezweifelt", berichtet der Münchner Hausarzt Alexander Radinger im Vorspann zur ersten Folge des neuen Podcasts "Die Gesundheitswesen" (www.diegesundheitswesen.de). "Da hab ich überlegt, ist das überhaupt mein Weg? Mir war vieles in der Medizin zu kalt, zu weit weg vom Menschen, und auch der Berufsalltag erschien mir zu wenig kreativ und zu wenig erfüllt von Humor."

Dass Radinger sein Studium dann doch fortsetzte, ist genau der Person zu verdanken, die in der allersten Podcast-Folge interviewt wird: dem amerikanischen Arzt und Clown Patch Adams, über den es auch einen Hollywood-Film gibt. Damals während seines Studiums hörte Radinger von der Arbeit des Mannes, kontaktierte ihn kurzerhand und wurde eingeladen, nach Peru zu einem Projekt zu kommen. Einzige Bedingung: Alexander Radinger sollte im Clownskostüm auf die Flugreise gehen. Das tat er, studierte weiter und wurde selbst Clown. In seiner Hausarztpraxis an der Arcisstraße können Patienten Letzteres hin und wieder live erleben.

In dem auf Englisch geführten Interview in der ersten Podcast-Folge erzählt Patch Adams, wie eine Lebenskrise ihn dazu brachte, Medizin zu studieren und wie ihm das Clown-Sein dabei half. Die Idee zu dem Podcast "Die Gesundheitswesen" kam einer Gruppe von Freunden beim Lesen eines Artikels im Ärzteblatt. Darin wurde ausgeführt, dass sehr viele Mitarbeiter im Gesundheitswesen unter Depressionen leiden. Als Lösung für das Problem empfahl der Autor, doch bei der Auswahl der Medizinstudenten auch auf deren psychische Verfassung zu achten, in anderen Worten, nur die "harthäutigen zu nehmen", so Radinger. Dieser Vorschlag empörte die Gründungsautoren des Podcasts, die alle in der Medizin arbeiten: Sabrina Klem-Radinger, Assistenzärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Elke Lorenz, Fachärztin für Kardiologie, Verena Klem, Psychologin, Sarah Geiger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin und Medizinstudentin, Raphael Kunisch, Assistenzarzt für Allgemeinmedizin, und Alexander Radinger, Facharzt für Allgemeinmedizin und "Gesundheitsclown". "Wir sind angetreten, weil Fachkompetenz in der Medizin nicht alles ist, sondern es ist immer eine Begegnung von Mensch zu Mensch." Daher wäre es "schade, wenn man die sensiblen Persönlichkeiten aussortieren würde", sagt Radinger. Gerade die hätten vielleicht besonders gute Fähigkeiten, auf ihre Patienten einzugehen.

Der Podcast richtet sich an alle Menschen, die entweder in der Branche arbeiten oder aber irgendwann "Kunden" in der Medizin waren. In den Beiträgen sollen alle Themen aus dem Gesundheitswesen und die Probleme oder Freuden der dort tätigen und behandelnden "Gesundheitswesen" vorkommen. Alle zwei Wochen erscheint eine neue Folge, die Zuschauer können Themenvorschläge machen.

Ob es um fehlende Zeit für Gespräche mit den Patienten, die permanente Überforderung oder die starken Hierarchien geh, oder um neue Ideen für einen menschlicheren, angenehmeren Alltag - alles kann zur Sprache kommen. Zuletzt ist ein vierteiliges "Weihnachtsspecial" erschienen, das Einblicke in die Corona-Situation und in die speziellen Arbeitsbedingungen während der Feiertage gibt. Zu den Gesprächspartnern gehören eine Intensivpflegekraft, eine Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und ein Notarzt.

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