Süddeutsche Zeitung

Münchner Club:Party nach dem Morgengrauen

Im "Palais" von Peter Bischoff wird länger gefeiert als anderswo.

Interview von Philipp von Nathusius

Seit 2002 betreibt Peter "Pit" Bischoff mit seiner Geschäftspartnerin Skadi Schabacker den Palais Club. Keine Diskothek der Stadt hat regelmäßig so lange geöffnet wie das frühere Striptease-Lokal in der Arnulfstraße. Für viele ist sie in der Münchner Clublandschaft die einzige dauerhaft etablierte Adresse für die "Afterhour". Ein Begriff, den Bischoff nicht ausstehen kann.

SZ: Sind Sie ein Nachtmensch?

Peter Bischoff: Nein gar. Ich bin nachts eigentlich müde.

Wie kann man einen Club betreiben, noch dazu einen, der regelmäßig viel länger offen hat als die anderen etablierten Clubs, und nicht nachtaktiv sein?

Das geht nur mit Aufgabenteilung. Ich komme in der Regel erst recht spät. Das heißt, ich stehe sehr früh auf, gegen vier, und dann fahre ich nach München in den Club. Meine Geschäftspartnerin oder ein anderer Mitarbeiter vertreten mich, bis ich dann am frühen Morgen die Geschäfte übernehme.

Wie kam es zu den für einen Münchner Club eher ungewöhnlich Öffnungszeiten?

Die Initiative dazu kam zunächst von einem Party-Veranstalter, der den Club für entsprechende Veranstaltungen gemietet hatte, das war um das Jahr 2010 herum. Daraufhin haben wir bei unseren eigenen Veranstaltungen auch einige Male einfach länger offengelassen. Das war aber schon recht problematisch am Anfang.

Warum?

Weil das Publikum nicht genau das war, was wir gewohnt waren.

Was war denn das übliche Stammpublikum, und was das neue, dass dann in den Club kam?

Das hatte viel mit der Musik zu tun. Wir hatten vorher eher House gespielt. In der Früh dann Techno, das war einfach etwas komplett anderes - und die Leute auch. Daraufhin haben wir es wieder zurückgedimmt.

Das heißt, die typischen Merkmale einer Afterhour eingeschränkt. Sie vermeiden das Wort. Warum?

An sich hasse ich den Begriff Afterhour wie die Pest! Mein Personal darf es auch nicht sagen. Ich sage immer, wir bieten eine Nachtzugabe.

Was ist so schlimm an Afterhour?

Das Wort ist negativ besetzt. Das geht dann schnell so in die Ecke Drogen-Absturz-Nummer. Und das will ich nicht haben. Es macht auch keinen Spaß, in einem Laden zu arbeiten, indem Drogen total präsent sind. Wir hatten uns deswegen damals entschieden, nur noch bis um halb zwölf mittags zu öffnen. Und so ist eigentlich bis heute geblieben. Dass bei uns im Club gedealt wird, können wir uns auch nicht leisten. So etwas kriegen die Behörden gleich mit - und dann sperren sie erst recht die Ohren auf und steigen uns auf die Füße.

11.30 Uhr, das klingt immer noch nach einer extrem langen "Nachtzugabe".

Mit Afterhour sind ja in der Regel Veranstaltungen gemeint, die um sechs Uhr morgens beginnen und dann bis um sechs Uhr Abends oder länger dauern. Wir haben von zwölf bis zwölf geöffnet - eine Münchner Afterhour sozusagen. Und zu einer Großstadt gehört doch einfach dazu, dass du mindestens einen Laden hast, der ein bisschen länger auf hat.

Afterhour light für das betuliche München?

Na ja, wir haben das eben so münchnerisch hingedingst (lacht). Das ist einfach keine Berliner Geschichte hier. Und das ist auch voll okay. Im Palais haben wir die ganze Nummer etwas freundlicher gestaltet. Wir sind die harmlosere Variante. Ich will, dass sich alle Leute hier wohlfühlen.

Wie setzt sich das Publikum inzwischen zusammen?

Den typischen Palais-Gast gibt es eigentlich nicht. Ich würde sogar sagen, wir sind der am krassesten gemischte Club überhaupt, weil unser Publikum aus so vielen verschiedenen Läden zusammenströmt. Kurz gesagt: Der Banker neben der Stripperin nach Feierabend neben dem normalen Partygänger.

Wer darf nicht rein?

Wir haben keine Türpolitik in dem Sinne. Draußen bleiben muss nur, wer aggressiv ist, wer die Stimmung versauen könnte. Draußen bleibt auch, wer zu prall ist. Rein kommt, wer entspannt ist. Wer wie ausschaut ist dann sekundär.

Hält Techno besser wach als andere Musikstile?

Vermutlich ja. Wir spielen elektronische Tanzmusik. Und letztendlich passt die in der Früh nach einer langen Partynacht am besten. Es gibt aber auch einige, die stehen morgens auf und gehen dann direkt zu uns tanzen. Interessanterweise sind das häufiger junge Frauen. Das finde ich super, wenn Menschen so frei sind und sagen: Das mache ich jetzt einfach.

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Quelle:
SZ vom 16.08.2019
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