Maxvorstadt:Die Schule der Löwen

2500 Kinder erleben im Circus Krone mit Raubtierlehrer Martin Lacey eine Biologiestunde der besonderen Art

Von Barbara Hordych, Maxvorstadt

Tiere in Menschenhand wollen beschäftigt sein - "das Wichtigste ist, keine Langeweile aufkommen zu lassen, das ist genau wie bei euch in der Schule", sagt Martin Lacey, der im Circus Krone derzeit zweimal täglich mit 26 Löwen und Tigern auftritt. An diesem Vormittag sind es zunächst allerdings nur sieben Löwen, die er für eine besondere Unterrichtsstunde in die Manege führt: Naomi, Silvie, E.T., Tara, Elsa, Grace und Cleo wirken bei einer Probe vor 2500 Kindergarten- und Schulkindern aus München und Umgebung mit. Eineinhalb Stunden lang können sie die Raubtiere erleben, ihnen beim Springen und Schmusen zusehen, ihrem Tierlehrer Fragen stellen und sogar noch selbst als Großkatzen im Zentralkäfig auftreten.

"Ganz nah, aber ohne Gefahr" zeige er seine Löwen (und später noch zwei Tiger), versichert Lacey dem jungen Publikum. Es ist eine kostenlose Veranstaltung des "Lacey Fund", mit dem er sich seit 2017 für Aufklärung in der Debatte um Wildtierhaltung in Zirkussen einsetzt. Denn die ist umstritten, wie jüngst auch wieder die von "Animal United" veranstaltete Demonstration für einen "tierfreien Zirkus" bewies, die Anfang März durch die Münchner Innenstadt bis zum Stammhaus des Circus Krone in die Marsstraße zog. Lacey hingegen will beweisen, dass Tierhaltung auch im Zirkus artgerecht sein kann. Mit seinen gerade mal 40 Jahren ist er schon heute so etwas wie eine Zirkuslegende: Er ist der einzige Dompteur weltweit, der beim internationalen Circus-Festival in Monte Carlo sowohl den goldenen als auch den silbernen "Zirkus-Oscar" erhielt, in seiner Heimat England wurde er zum "Showman of the Year" gekürt. Seine Löwen und Tiger bilde er mit "ganz viel Zeit, Geduld und Belohnung" aus. Mit Angst oder Schmerz habe das nichts zu tun. "Das wäre für mich auch viel zu gefährlich, denn Raubtiere, die Angst haben, können lebensgefährliche Attacken ausführen", erklärt er. Zur Illustration schwenkt er seinen "Folgestock" rechts und links neben den Köpfen der Löwen, die unbeeindruckt auf ihren Podesten verharren. Dass sie überhaupt nicht zurückwichen, zeige, dass sie keinerlei Angst vor dem Stock hätten, so Lacey. Parallel demonstriert er, wozu sein "verlängerter Arm" aber gut sein kann. Hebt er ihn hoch in die Luft, setzen die Tiere sich auf, legt er ihn unten auf dem Boden ab, klettern die Tiere von den Podesten herunter, bilden nebeneinander liegend einen Teppich. Nur Cleo, die laut Lacey "am liebsten schmust", legt sich direkt auf ihn. "Schön, aber doch sehr schwer", sagt Lacey und lacht.

130 Kilo wiege Cleo, aber gegen seinen berühmten weißen Löwen Baluga mit 350 Kilo sei das noch leicht, erklärt Lacey den Kindern. Vier bis acht Kilo Fleisch fresse so ein Tier pro Tag. Was den Circus Krone 20 000 Euro jeden Monat koste. Die Ernährung und die umfassende medizinische Versorgung führten dazu, dass die Löwen, die in der Natur höchsten elf Jahre alt würden, "bei mir im Durchschnitt immer zwanzig Jahre alt werden", sagt Lacey. Zahlen, die die Kinder sich gut behalten, wie ein Frage-Antwort-Spiel am Schluss dieser besonderen Biologiestunde zeigt. Sogar wie die "Schmusekatze" unter den Löwen heißt, hat sich die fünfjährige Josefine aus Krailling behalten: Cleo. Als Belohnung darf sie den Tieren auch ein Stück Fleisch durch den Käfig reichen. Mit dem Stock selbstverständlich.

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