Maxvorstadt:Die Hoffnung ist grün

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Freut sich aufs Laub: Pfarrer Markus Gottswinter. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Markus Gottswinter, Pfarrer der Ludwigskirche, setzt auf weniger Lärm und eine geringere Feinstaub-Belastung

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Markus Gottswinter schaut tagtäglich beim Frühstücken auf das Siegestor, seit kurzem sieht er vor seinem geistigen Auge mehr. Da stehen dann haushohe Pappeln entlang der Universität Spalier und wiegen sich im Wind. "Ach wäre das schön", sagt der Pfarrer der Ludwigskirche, an seinem Frühstückstisch sitzend, den Blick zum Fenster hinaus gen Norden zum Siegestor gerichtet. Er erzählt, wie er sich vorstellt, mit dem Fahrrad im Schatten der Bäume zu fahren, hinüber nach St. Joseph am Josephsplatz, wo er ebenfalls Pfarrer ist: "Diese Bäume könnten eine belebende Wirkung haben."

Der 46 Jahre alte Geistliche ist seit zwei Jahren der Chef der beiden, jeweils eigenständigen katholischen Pfarrgemeinden. Er zählt mit dem Kaplan, dem Mesner und dem Hausmeister zu den wenigen tatsächlichen Anwohnern in diesem Abschnitt der Ludwigstraße. Und er gehört zu jenen, die sich begeistern können für den umstrittenen Plan des Baureferates, die Pappelallee der Leopoldstraße in die Ludwigstraße fortzuführen. Die Stadtgestaltungskommission hat dies abgelehnt.

Pfarrer Gottswinter weiß um Genese und Geschichte des Ensembles in der Ludwigstraße im 19. Jahrhundert, will sich aber mit historisch-ästhetischen Erwägungen nicht in die Debatte einmischen. "Ich spreche nur als Anwohner, als solcher kann ich die steinerne Wirkung nicht genießen", sagt er mit feiner Ironie. Heiß, staubig und vor allem laut sei es in der Ludwigstraße. Die Baumreihen, so hofft er, könnten womöglich Linderung bringen.

Markus Gottswinter schaut hinunter auf den ewig dahinfließenden Verkehr auf der vierspurigen Achse zwischen Innenstadt und Münchner Norden. Leise dringt der Lärm ins Zimmer. Nur drei Mal im Jahr hat Gottswinter Ruhe vom Motorenkrach: Für die Streetlife-Festivals und die Fronleichnamsprozessionen ist die Straße gesperrt, nur dann kann er seine Fenster öffnen. "Der Lärm der Autos knallt von den Wänden zurück, die Bäume würden das sicher abmildern", glaubt Gottswinter. Zudem würde nach seiner Ansicht die Pappelallee der Ludwigstraße ökologisch sehr gut tun. Die Feinstaubbelastung sei derart hoch, dass das Laub der Bäume im Hinterhof nicht kompostiert werden könne. Die Kirchenverwaltung hat wegen der Schmutz-Belastung auch den Plan für eine dringend nötige Lüftung für die Kirche begraben; das Mauerwerk ist feuchtigkeitsempfindlich und sollte permanent getrocknet werden. "Mit der Bepflanzung könnte man klimatisch etwas bewirken. Und obendrein wären die Bäume auch schön anzuschauen" , lobt der Pfarrer die Pappel-Pläne des Baureferats.

Der Kirche gegenüber wendet noch jemand tagtäglich seinen Blick zum Siegestor: Beate Bartholomie steht seit 22 Jahren an der Ecke Ludwig- und Schellingstraße an ihrem Blumenstand. "Das wäre wirklich schön", kommentiert sie die Aussicht auf ein paar Bäume in ihrem Umfeld. Gleichmütig zuckt sie mit den Achseln, wenn man sie nach dem permanenten Verkehrsstrom vor ihrer Nase fragt. "Ich habe mich daran gewöhnt", sagt die 49-Jährige. Sie macht eine ausladende Geste, rühmt die Gebäude, das ganze Ensemble. "Das ist wunderschön. Aber ein bisschen Natur fehlt hier zwischen all dem Beton und Stein."

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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