Süddeutsche Zeitung

Maxvorstadt:Der Streit ist zu Ende

Vor dem Verwaltungsgericht haben sich der Eigentümer der Paul-Heyse-Villa und die Stadt abschließend geeinigt: Das Grundstück wird um einen "maßvollen Neubau" ergänzt, die Behörden akzeptieren diese Planungen.

Von Alfred Dürr, Maxvorstadt

Im seit Jahren andauernden Streit um die Zukunft der Paul-Heyse-Villa an der Luisenstraße ist unter die gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und dem Eigentümer der Immobilie ein Schlussstrich gezogen worden. Beide Seiten einigten sich am Montag vor dem Verwaltungsgericht auf einen Vergleich. Der Eigentümer des Anwesens, der Münchner Architekt Carlos Graf Maltzan, renoviert die Villa und ergänzt das Grundstück um einen "maßvollen Neubau". Im Gegenzug legt die Stadt diesen Planungen keine Steine in den Weg.

Das Konzept sieht einen Neubau mit zwei Geschossen und dem Dachgeschoss an der Grenze zum Glyptothek-Garten und entlang der Luisenstraße vor. Maltzan gibt diesem Gebäude eine historisierende, klassisch schlichte Gestalt. "Das ist viel schöner als ein modernes Erscheinungsbild, wie wir es in der Umgebung vorfinden", sagt der Architekt. Die Villa selbst werde "sichtbar" bleiben und nicht vom Neubau in eine Hinterhofsituation gedrängt. Wie der Neubau genutzt werde, sei noch unklar; in die beiden oberen Geschosse kämen wohl Wohnungen, im Erdgeschoss wäre Platz für Läden, so Maltzan.

Das gesamte Grundstück wird sich deutlich verändern: Die Mauer entlang der Luisenstraße kommt weg, der jetzige Anbau an die Villa, in dem sich eine Weinhandlung befindet, verschwindet. Er muss einer Tiefgaragen-Einfahrt weichen. Auch der Innenhof mit seinen Bäumen wird sein gewohntes, manche sagen auch romantisches, Bild ändern - die Bäume können nicht bleiben.

Wenn man bedenkt, welche heftigen Auseinandersetzungen es um Fragen des Denkmalschutzes und um das Ausmaß einer Neubebauung gegeben habe, dann könne die Stadt die jetzt gefundene Lösung akzeptieren, sagt Thomas Krämer vom Planungsreferat. Die Geschichte der Villa geht bis auf das Jahr 1830 zurück. Das Wohnhaus des Dichters, Nobelpreisträgers und Ehrenbürgers Paul Heyse war im Zweiten Weltkrieg nahezu völlig zerstört worden. Nach dem Krieg wurde es als Lackfabrik und Wohnhaus wieder aufgebaut.

2013 erwarb Reinhard Zinkann, der Chef des Hausgeräteherstellers Miele in Gütersloh, das Areal. Anfangs schien es noch so, als wolle er die Villa in der Nähe des Königsplatzes beseitigen, weil er ihr keinerlei Denkmaleigenschaften zuwies; von der ursprünglichen Gestalt des Hauses sei schließlich nichts mehr übrig. Bürger aus der Nachbarschaft und die Stadt waren alarmiert. Das Areal habe eine hohe kulturgeschichtliche Bedeutung und sei wichtig für die städtebauliche Tradition der Maxvorstadt mit ihren historischen Villen und Gärten. Zinkann machte schließlich deutlich: Ein Abriss sei nicht präferiert, er wolle kein Kulturgut zerstören. Der Unternehmer reichte fünf verschiedene Varianten für eine Bebauung des Umfeldes der Villa ein.

Der Genehmigungsbehörde im Planungsreferat waren diese Vorschläge alle zu massiv. Der Widerstand in der Bevölkerung und im Bezirksausschuss wuchs. Eine erste gerichtliche Auseinandersetzung brachte kein Ergebnis, schließlich trennte sich Zinkann von seiner Münchner Immobilie. Die Ereignisse hatten selbst in den Medien seiner Heimatstadt Gütersloh für ausführliche Berichterstattung gesorgt.

Der Architekt Carlos Graf Maltzan, der bereits für Zinkann geplant hatte, kaufte die Immobilie. Doch auch für ihn war die Aufgabe schwer, wie man einen mit dem Denkmalschutz zu vereinbarenden Neubau verwirklichen könnte - die Stadt verlangte weiterhin Rücksichtnahme auf die geschichtliche Bedeutung des Areals. Es kam zu einer erneuten Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgericht. Ende des vergangenen Jahres fand ein nichtöffentlicher Erörterungstermin statt, der ausloten sollte, in welchem Umfang Neu- oder Umbauten möglich sind. Ob die Stadt einen wahrscheinlich langwierigen und teuren Prozess um die Denkmalwürdigkeit des Grundstücks durchstehen würde, schien nicht mehr sicher.

Beide Seiten zeigten sich am Montag sichtlich erleichtert über die jetzt gefundene Lösung. Ob die aber auch von den Gegnern einer Veränderung des Areals um die Villa akzeptiert wird, ist weiter fraglich.

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SZ vom 24.01.2017
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