Süddeutsche Zeitung

Deutsch-Pop:Max Giesinger in der Tonhalle

Max Giesinger erzählt auf seinem dritten Album "Die Reise" etwas frühreif vom Glück und Leid des Sänger-Seins.

Von Michael Zirnstein

Mit Max Giesinger ist stündlich zu rechnen, im Radio zumindest, wo seine Lieder die Hörer sich ein bisschen besser fühlen lassen - ob man nun als "einer von 80 Millionen" von der richtigen Frau gefunden wurde oder sich rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft gemeinsam zu "Legenden" erheben mag. Die Masse liebt solche Gefühls-Beschleuniger, für den Satiriker Jan Böhmermann sind dies "Neo-Schlager" oder "Bio-Musik aus industrieller Käfighaltung" und damit verdammenswert. All das verhohnepipelte der "ZDF Neo Royal"-Moderator in seiner Deutsch-Pop-Parodie "Menschen tanzen leben Welt", was Max Giesinger durchaus traf, wie der mal sagte. Umso überraschender, dass der Barde aus dem Dörfchen Busenbach bei Karlsruhe der Einladung des Comedians folgte, bei dessen Konzert im Münchner Zenith aufzutreten. Als Böhmermann sich nach der Zeile "barfuß nach Alaska" gerade die Schuhe ausgezogen hatte, tapste Giesinger vor den verdutzten Ironie-Fans auf die Bühne, um gemeinsam den Ulk-Song zu singen. "Es wächst zusammen, was nicht zusammengehört", verabschiedete ihn Böhmermann herzlich.

Wenn der sympathische junge Mann durch die Aktion tatsächlich ein bisschen kantiger geworden ist, oder auch, weil er sich mit dem ultralässigen Sänger Drangsal in einem Internet-Interview übers Tomaten-Schneiden unterhielt, dann hat er das mit einem weiteren Überraschungsauftritt wieder glattgebügelt: Mit Hartmut Engler sang er beim Pur-Konzert in der Olympiahalle 2018 "Abenteuerland".

Giesinger nutzt eben jede Chance. "Das ist komplett crazy, was alles passiert ist", sagte er, als er seine dritte Platte "Die Reise" im Atelier des Münchner Künstlers Flatz vorstellte: erste Band, Deadly Punks, mit 13; von 2006 an pumpte er Cover-Songs auf den Youtube-Kanal, spielte Straßenmusik in Hamburg, München und Australien, flog zwei Mal bei der Pop-Akademie Mannheim durch die Aufnahmeprüfung, kam bei "The Voice" 2011 ins Finale. Beim eigenen Song "80 Millionen" bangte er aber lange, ob er im Radio gespielt werden würde, "alle Plattenfirmen hatten wieder abgesagt" - dann ging doch alles gut, mal abgesehen davon, dass am Tourstress (120 000 Kilometer) seine Beziehung scheiterte. Von all dem handelt irgendwie "Die Reise". Das Platz-2-Album klingt mal zart, mal orchestral nach Lebensrückschau und Momentenglück, nicht nach einem 30-Jährigen, aber genau richtig für den Gute-Laune-Radiohörer.

Max Giesinger, Sa. & So., 23. & 24. Feb., 20 Uhr, Tonhalle, Atelierstr.24, t 21 83 73 00

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SZ Extra vom 21.02.2019/smb
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