Kultur-Tipps:Faszination Mata Hari

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Die junge Mata Hari (1876 - 1917) im Kostüm ihrer orientalischen Tanzshow. (Foto: imago/Leemage)

Die Tänzerin, Spionin, Kurtisane und feministische Kultfigur inspiriert bis heute die Künste. Das Gärtnerplatztheater widmet ihr ein brandneues Musical mit Pop und Party. Tipps für ihre Fans und alle, die es werden wollen.

Musical mit Popstar Mata

Mata Hari tanzt durchs Gärtnerplatztheater: Florine Schnitzel in der Rolle der Margaretha Geertruida "Griet" Zelle mit Armin Kahl (Rudolph "Johnny" MacLeod, Margarethas Ehemann). (Foto: Marie-Laure Briane)

Zu mehr als 250 Büchern und einem Dutzend Filmen lieferte das Leben der Mata Hari alias Margaretha Geertruida "Griet" Zelle die Vorlage. Als sie 1917 von einem zwölf Mann starken Exekutionskommando erschossen wurde, war sie 41 Jahre alt. Sie verweigerte die Augenbinde und ließ sich nicht an den Pfahl fesseln. Als Spionin der Deutschen hatte sie genau genommen wenig Spektakuläres geleistet. Aber davor! Bis heute fasziniert das Leben dieser Frau, die sich selbst erfunden hat, die ihre Sinnlichkeit frei auslebte, als sie nach dem Scheitern einer Albtraumehe nichts mehr zu verlieren hatte.

Am 23. März widmet ihr das Staatstheater am Gärtnerplatz die Uraufführung eines Musicals. Komponist Marc Schubring und Librettist Kevin Schroeder, ein bewährtes Duo in dem Geschäft, haben das Opus geschrieben. Deren "Mata Hari" ist unkonventioneller gestrickt als andere Musicals. Neben der historischen Ebene, die in den Jahren der jungen Ehefrau und Mutter "Griet" Zelle und ihren Erlebnissen in Java spielt (gesungen von Florine Schnitzel), gibt es eine zweite, die auch musikalisch deutlich abgegrenzt ist. Sie zeigt jene Frau, in die sie sich nach dieser Zeit verwandelt hat: die Tänzerin, Spionin, ja den Popstar Mata Hari (dargestellt von Ann Sophie Dürmeyer). Das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter der Leitung von Andreas Partilla wird in dieser Ebene durch Pop-Tracks von Musik-Produzent Kraans de Lutin ergänzt.

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Inhaltlich hält sich der Text an den bekannten Rahmen: Früh verheiratet, brach Griet mit ihrem Mann, einem Offizier, aus der niederländischen Provinz nach Indonesien auf. Was sie dort erlebt und sieht, prägt ihren weiteren Weg und macht sie am Ende zum Mythos. "Sie führte eine Doppelexistenz", sagt Regisseurin Isabella Gregor. "In einem Brief schrieb sie einmal, was Mata Hari passiert ist, wäre Griet Zelle niemals passiert. Im Libretto kommt das auch vor." Den Zuschauern verheißt es einen emotionsgeladenen Abend. Susanne Hermanski

Mata Hari, Uraufführung: 23. März, dann 24./31. März, 1./5./9./10. April, 4./5. Juli, Staatstheater am Gärtnerplatz, Altersempfehlung ab 12 Jahren, Telefon 21851960 oder www.gaertnerplatztheater.de

Die Begehrte

Die bekannteste Darstellerin der Mata Hari dürfte Greta Garbo sein. Sie spielte sie im gleichnamigen Film in der Regie von George Fitzmaurice in Hollywood im Jahr 1931. (Foto: Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo)

Mal trug sie ein fast durchsichtiges Negligé, dann einen Bikini aus Goldlamé, mal einen goldenen Hosenanzug, dann ein byzantinisch anmutendes Käppchen. Die extravaganten Kostüme des Hollywoodfilms "Mata Hari" waren 1931 eine Sensation, ihr Designer Gilbert Adrian (zu seiner Zeit der wohl einflussreichste Kostümbildner der Traumfabrik) ließ sie nach dem Kinostart im ganzen Land ausstellen. Ihre Strahlkraft entwickelten sie natürlich auch wegen der Schauspielerin, die sie trug: Greta Garbo war eine Jahrhundertschönheit - eine Leinwandikone, die begehrt, bewundert und kopiert wurde. "Mata Hari" gilt als einer der kommerziell erfolgreichsten Filme ihrer Karriere.

Der Garbo-Hit ist der bekannteste Mata-Hari-Film, wenngleich auch nicht der erste (und bei weitem nicht der einzige): Bereits 1920 entstand ein deutscher Stummfilm über die schöne Spionin, Asta Nielsen spielte sie. Später schlüpften noch Jeanne Moreau, Louise Martini, Sylvia Kristel oder Natalia Wörner in diese Rolle, in Kino- oder Fernsehfilmen. Mata Hari fasziniert auch heute noch, erst im vergangenen Jahr war sie wieder im Kino zu sehen: In der Actionkomödie "The King's Man" wird sie von der Österreicherin Valerie Pachner gespielt. Filmfans müssen aber genau hinsehen: Ihr Auftritt ist kurz, bereits nach wenigen Augenblicken ist sie wieder weg. Bis zum nächsten Mata-Hari-Film. Josef Grübl

Die Unvollendete

Die besten Filme sind eigentlich immer die im eigenen Kopf. Die ungesehenen und nie aufgeführten Filme, die in der Fantasie größer, schöner, toller sind als alle anderen. Die Filmgeschichte ist voller solcher Meisterwerke, David Carradines "Mata Hari" ist eines davon. Der aus der Fernsehserie "Kung Fu" und den Tarantino-Kinohits "Kill Bill 1&2" bekannte Schauspieler war auch Regisseur, als solcher begann er 1977 einen Film über Margaretha Geertruida Zelle alias Mata Hari. Seine Tochter Calista Carradine spielte die Titelrolle, vor ein paar Jahren schwärmte sie in einem Interview von den Dreharbeiten: "Wir haben auf drei Kontinenten gedreht, in Cinemascope und Dolby Stereo."

Zu Beginn war Calista 15 Jahre alt, ihr Vater wollte insgesamt 17 Jahre lang mit ihr drehen - jedes Jahr zwei Wochen lang. Das erinnert an Richard Linklaters Langzeitmeisterwerk "Boyhood", wurde im Laufe der Zeit aber immer ausufernder. Ihm schwebe ein Film über Mata Hari als Tänzerin, Lügnerin, Spionin und Freigeist vor, behauptete er. Und da er wohl so viel Material hatte, kündigte er irgendwann gleich mehrere Mata-Hari-Filme an. Sogar einen Soundtrack gab es bereits, er wurde 1990 veröffentlicht. David Carradine starb 2009, sein ambitioniertestes Projekt lebt aber weiter. Calista Carradine ist mittlerweile über sechzig, träumt aber immer noch davon, dass es irgendwann veröffentlicht wird. Josef Grübl

Fakten und Fiktion

Der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho nähert sich Mata Hari auf eigenwillige Weise: Er lässt sie ihr Leben selbst erzählen. (Foto: Diogenes)

Wer könnte besser über Mata Hari schreiben als Mata Hari selbst? Diesem Ansatz folgend versetzt sich der brasilianische Bestsellerautor Paulo Coelho ("Der Alchimist") in seinem 2016 erschienenen Roman " Die Spionin" in seine Protagonistin. In einem fiktiven Brief, den Mata Hari in ihrer letzten Lebenswoche an ihre Tochter verfasst, lässt Coelho sie ihr Leben als Heldengeschichte einer modernen Abenteuerin auf der Suche nach Schönheit und Liebe Revue passieren.

Im Kontrast dazu verfolgt der französische Schriftsteller Philippe Collas in "Mata Hari: Ihre wahre Geschichte" eine an Fakten orientierte Rückschau auf das Leben der Margaretha Geertruida Zelle, die für ihn selbst eine persönliche Komponente behandelt: sein Urgroßvater Pierre Bouchardon war der Untersuchungsrichter, der das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Mata Hari leitete und maßgeblich zu ihrer Verurteilung und Hinrichtung beitrug. Die Aufarbeitung der persönlichen Familiengeschichte stellt dabei nur einen kleinen Teil der ausführlichen Quellenarbeit dar, in denen Collas sich Mata Haris Spionage-Verstrickung sowie konkreten biografischen und zeitgenössische Hintergründen widmet. Henriette Busch

Paulo Coelho: Die Spionin, Thalia Verlag ; Philippe Collas: Mata Hari - Ihre wahre Geschichte, Piper Verlag

Die Tänzerin

Welches Medium wäre für die Darstellung des Lebens der Mata Hari besser geeignet als ein Ballett? Szene aus "Mata Hari" des Het Nationale Ballet. (Foto: Marc Haegeman)

Als Tanztheater gab es "Mata Hari" 1993 in Stuttgart mit der großen Primaballerina Marcia Haydée und 2016 in einer spannenden Produktion des Niederländischen Nationalballetts Amsterdam (Euroarts). Ted Brandsen choreografierte zur farbig differenzierten Originalmusik von Tarik O'Regan, der Opern, Orchester- und Chormusik komponiert hat und hier die Nachfolge eines Sergei Prokofiev antritt, ein klassisches Ballett mit modernen Elementen. Und welches Medium wäre für die Darstellung des Lebens der Tänzerin besser geeignet als ein Ballett: So erleben wir nicht nur den stilisierten indischen Tanz, den Mata Hari (Anna Tsygankova) ihrem Publikum als vermeintlich authentischen präsentierte, sondern in großen Pas de Deux auch ihr wechselvolles Verhältnis zu Männern wie Rudolph MacLeod (Casey Herd), ihrem Geliebten General Kiepert (Jozef Varga), der sie zur Spionin macht, oder später zu ihrer großen Liebe Vadim de Masloff (Artur Shesterikov). In einem variablen Einheitsbühnenbild, das einer riesigen gusseisernen Bahnhofshalle ähnelt, gibt es suggestive Szenen mit Offizieren, die Mata den Hof machen, oder später mit den Soldaten an der Front im ersten Weltkrieg. Ob in Amsterdam, wo sie ihre Jugend verbringt, Batavia oder Paris: Überall spielt und tanzt Mata Hari virtuos eine Rolle. Klaus Kalchschmid

Mata Hari, Niederländisches Nationalballett, DVD im Handel

Betörende Tänze selbst gemacht

Mata Hari als Nachtklub-Tänzerin in Paris 1905. Bis heute Inspiration vieler Tänzerinnen. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Streng genommen dürften an dieser Stelle eher Empfehlungen für Kurse in indischem Tempeltanz als für klassischen Bauchtanz stehen. Denn als solchen hat Mata Hari alias Margaretha Geertruida Zelle ihre Auftritte als Tänzerin etikettiert. Andererseits hat sie die Dinge selbst nie päpstlicher als der Papst genommen und ihren tänzerischen Stil stets den Umständen angepasst - mal mehr Haut, mal weniger Schleier, Hauptsache geheimnisvoller, ferner Osten. Und am Ende ihrer Karriere, als die Orientfaszination in Mitteleuropa abgeebbte, und sie älter war, wechselte sie gar noch zum Flamenco. In München gibt es jedenfalls für all diese arabisch-orientalisch inspirierten Tanzstile eine große Auswahl an Kursen und spezialisierten Studios. Zum Beispiel im Moving Point von Mona Habib, dem Zentrum für Orientalischen Tanz oder auch von der VHS aus an vielen Standorten. Susanne Hermanski

Tanzstudio Moving Point, Landshuter Allee 67, Rgb. ,Telefon 089/12713777o oder 0179/2035648, movingpoint.de ; Zentrum für Orientalischen Tanz in der Munich International Ballett School, Marsstr. 40, mi-ballet-school.de ; info@tanz-zentrum.de , Telefon 0173/3584712

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