Martin Zeil:"Was entschieden ist, soll man verwirklichen"

Bayerns neuer Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) im Gespräch über S-Bahn-Tunnel, Airport-Anbindung und den Flughafen Oberpfaffenhofen.

Dominik Hutter

Eine Woche ist er jetzt im Amt - der neue bayerische Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Zeil (FDP). Ein erstes Gespräch über die wichtigsten Münchner Verkehrsprojekte.

Martin Zeil: Der neue Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) plädiert für mehr Dialog.

Der neue Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) plädiert für mehr Dialog.

(Foto: Foto: Andreas Heddergott)

SZ: Wir erleben den spendablen Staat. Es gibt ein Konjunkturprogramm, ein Bankenrettungspaket - bleibt da noch Geld für den Münchner Verkehr?

Zeil: Wir haben in den Koalitionsgesprächen vereinbart, dass wir sowohl den ausgeglichenen Haushalt sicherstellen als auch diese wichtigen Infrastrukturmaßnahmen finanzieren. Und ich bin überzeugt: Das kann gelingen.

SZ: Welche Priorität hat der Bau einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke?

Zeil: Die zweite Stammstrecke hat eine sehr große Bedeutung. Der politische Wille für das Projekt ist da, jetzt müssen wir die Finanzierung noch endgültig klären. Wir werden nicht umhin kommen, einen Prioritätenkatalog zu erstellen. Denn in der Koalitionsvereinbarung stehen ja weitere wichtige Projekte wie die Flughafenanbindung, der Erdinger Ringschluss oder der Eisenbahnknoten München. Diese Vorhaben müssen wir alle in Einklang bringen.

SZ: Man munkelt, es gebe erhebliche Finanzierungsprobleme.

Zeil: Ich kenne keine neuen Zahlen. Ich hoffe aber, es geht uns nicht wie bei anderen großen Verkehrsprojekten, bei denen wir von immensen Kostensteigerungen überrascht wurden. Einen gewissen Zuwachs werden wir wohl nicht ausschließen können, schließlich basiert die Prognose über 1,64Milliarden Euro auf der Preisbasis von 2004. Die Wirtschaftlichkeitsprognose ist positiv, eine Mitfinanzierung des Bundes somit möglich. Das ist für uns das Entscheidende.

SZ: Bevorzugen Sie den Tunnel oder den Südring? Aus der Koalitionsvereinbarung geht das nicht klar hervor.

Zeil: Ich weiß, dass es da noch eine Alternativendebatte gibt. Sicher muss man alle Varianten prüfen. Aber meine persönliche Einschätzung ist: Der Südring ist problematischer als der Tunnel.

SZ: Warum? Weil ein Umschwenken erneut Zeit kosten würde?

Zeil: Es käme zu erheblichen Verzögerungen, das ist klar. Ganz generell bin ich der Ansicht: Es gibt für alles ein Für und Wider. Aber wenn man sich nach Abwägung für die leistungsfähigere Alternative entschieden hat und weit mit der Planung fortgeschritten ist, dann sollte man sie auch umsetzen, und nicht immer wieder neu mit der Diskussion beginnen.

SZ: Glauben Sie noch an den Zeitplan? Eine Eröffnung in zwei Schritten 2016 und 2020?

Zeil: Wir haben keine Signale für eine Verzögerung. Also halten wir uns an das, was vereinbart wurde.

SZ: Machen wir einen kleinen Themenwechsel zur Flughafenanbindung. Da hat man seit dem Ende des Transrapids nicht mehr viel Konkretes aus dem Verkehrsministerium gehört. Stattdessen hat sich die Staatsregierung hinter einer Studie versteckt, die irgendwann mal im nächsten Jahr vorliegen soll.

Zeil: Ich war auch überrascht, dass das noch nicht weiter fortgeschritten ist. Das hat wohl wegen ausschreibungsrechtlicher Vorgaben länger gedauert. Natürlich wär es mir lieber, wir wären schon weiter. Immerhin rechnen wir im Januar 2009 mit ersten Ergebnissen.

SZ: Mit ersten, wohlgemerkt.

Zeil: Die gesamte Studie ist nach jetzigem Stand im Sommer 2009 fertig. Für meinen Geschmack könnte es gerne auch schneller gehen - falls das fachlich fundiert möglich wäre. Wichtig ist mir, sehr bald die betroffenen Kommunen und Institutionen zu einer ersten gemeinsamen Veranstaltung einzuladen, um von vornherein einen offenen Dialog zu pflegen. Wir müssen jetzt dringend die zeitlichen Versäumnisse aufholen, die durch die Transrapidplanung entstanden sind. Zwar bin auch ich der Magnetbahn positiv gegenübergestanden - ich habe aber ehrlich gesagt nicht erwartet, dass keinerlei Parallelplanungen für den Fall des Scheiterns stattgefunden haben.

"Was entschieden ist, soll man verwirklichen"

SZ: Laut Koalitionsvertrag wollen Sie einen Fernbahnanschluss des Flughafens verwirklichen. Was ist das genau? Ein ICE-Stopp auf der Magistrale Paris-Wien oder doch nur der Erdinger Ringschluss mit Anschluss nach Ostbayern?

Martin Zeil: "Die zweite Stammstrecke hat eine große Bedeutung": der Betriebshof der S-Bahn in München-Steinhausen.

"Die zweite Stammstrecke hat eine große Bedeutung": der Betriebshof der S-Bahn in München-Steinhausen.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Zeil: Wir haben uns da bewusst nicht festgelegt. Eine Antwort auf diese Frage erhoffen wir uns von dem Gutachten zur Flughafenanbindung. Für mich ist entscheidend, dass die Lösung in vertretbarem zeitlichem Rahmen realisiert werden kann. Und es muss uns echt etwas bringen. Vor allem muss die Anbindung Ost- und Nordbayerns an den Flughafen sichergestellt sein. Das ist es ja, was man auch mit dem Transrapid erreichen wollte.

SZ: Wann rechnen Sie denn mit einer Entscheidung?

Zeil: Wir werden auf jeden Fall die Studie abwarten müssen. Wie gesagt, ich würde das gerne beschleunigen. Aber es wäre unvernünftig, jetzt rein nach Gefühl für irgendeine Variante zu plädieren. Wir wissen einfach noch nicht, was das Richtige ist. Es ist schon so viel Zeit vertan worden - da wollen wir nicht den gleichen Fehler wieder machen: erst demonstrativ in eine Richtung rennen, um dann vom Gutachter bestätigt zu kriegen, dass das Ganze doch nicht realisierbar oder zu teuer ist.

SZ: Die zweite Aufgabe, die der Transrapid erfüllen sollte, ist eine attraktive Verbindung zwischen Flughafen und Hauptbahnhof. Im Koalitionsvertrag ist von einer schnellen Flughafenanbindung die Rede. Was genau ist damit gemeint?

Zeil: Wir sollten zunächst alles tun, um die Express-S-Bahn light umzusetzen. Das wäre relativ rasch machbar.

SZ: Bis Ende nächsten Jahres?

Zeil: Das wäre der technisch frühestmögliche Zeitpunkt und ist insofern sehr ehrgeizig. Wir müssen aber noch Gespräche mit allen Betroffenen führen und eine Reihe von Fragen vertieft untersuchen. Ich bin jemand, der die Dinge realistisch anpackt. Die Bevölkerung mag es gar nicht, wenn die Politik ständig Versprechungen macht, und später heißt es dann: Ach, das geht jetzt doch nicht, wir haben uns verschätzt. So war es in der Vergangenheit oft der Fall - gerade bei Verkehrsprojekten, auf die die Bevölkerung schon seit Jahrzehnten wartet und bei denen in Wahrheit nichts vorwärts gegangen ist. Ich will Verkehrsprojekte wirklich umsetzen.

SZ: Wäre auch der "M-Express" über Ismaning eine Option?

Zeil: Man muss alles in die gutachterliche Beurteilung einbeziehen. Das wäre aber wohl keine kurzfristige Lösung. Ich könnte mir allerdings international gesehen eine Fernbahnanbindung, die auch ost- und nordbayerische Belange miteinbezieht, gut vorstellen im Vergleich zu einer isolierten S-Bahn-Lösung.

SZ: Thema Oberpfaffenhofen: Ausgerechnet die Wirtschaftspartei FDP ist gegen die Geschäftsflieger. Warum?

Zeil: Dieser Flughafen hat eine lange Geschichte. Er war immer ein Werks- und Forschungsflughafen. Die Bevölkerung hat das mitgetragen, auch die Zuwächse, aber nur im Rahmen des Werksverkehrs. Und dann plötzlich hat die Staatsregierung mit einem Federstrich die Tore weit geöffnet für den allgemeinen Geschäftsflugverkehr. Das wurde als Vertrauensbruch empfunden. Dieses Vertrauen will ich wieder herstellen. Damit bin ich übrigens im Einklang mit den in Oberpfaffenhofen ansässigen Forschungseinrichtungen. Ich kann nur empfehlen, dort einmal nachzufragen.

SZ: Das ist bereits geschehen. Die fürchten um den Bestand des Flughafens, wenn keine Einnahmen durch zusätzlichen Verkehr hereinkommen.

Zeil: Das wird sehr unterschiedlich beurteilt, wir werden mit allen Beteiligten sprechen. Man wird sich gemeinsam ansehen, was da zu tun ist. Denn wir sagen auch: Der Status muss erhalten bleiben, auch im Sinne des Fortbestands des Flughafens natürlich. Wir wissen schließlich, was für herausragende Einrichtungen und Firmen dort ansässig sind.

SZ: Die weit geöffneten Tore in Oberpfaffenhofen - kriegen Sie die wieder zu?

Zeil: Das wird Sache der Gerichte sein. Wenn die Richter feststellen, dass die Genehmigung für den Geschäftsverkehr rechtmäßig ist, dann wird sie auch bestehen bleiben. Aber es geht natürlich auch um künftige Begehrlichkeiten. Unser politisches Signal soll sein: Das ist ein Werks- und Forschungsflughafen, mehr nicht. Und schon gar kein Flughafen München III.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: