Nachruf:"Mein Vorbild war immer die Natur"

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Etwa 30 Bronzeskulpturen hat Martin Mayer geschaffen. Die meisten stehen im öffentlichen Raum. (Foto: Martin Mayer)

Seine Frauengestalten waren prägend, sein sitzender Keiler machte ihn bekannt. Nun ist der Münchner Bildhauer Martin Mayer im Alter von 91 Jahren gestorben.

Von Evelyn Vogel

Lebensfroh sind die Frauenfiguren des Münchner Bildhauers Martin Mayer. Selbstbewusst sitzen die nackten Gestalten breitbeinig da, wie die Bukolika an der Ludwigsbrücke, oder sie balancieren kopfüber, wie die Triumphans im Olympiapark, auf einer Weltkugel - die prallen Schenkel und das runde Hinterteil gen Himmel gereckt. Spielerisch, selbstvergessen - pfundig im besten Sinne. "Mein Vorbild war immer die Natur", hat er in einem SZ-Interview gesagt. Wie anders hingegen sind seine Männergestalten: Der Franziskus am Münchner St. Anna-Platz oder mehr noch der Luther im bayerischen Weißenburg - man ahnt die Größe ihrer Verpflichtungen, sieht ihnen die Dringlichkeit ihrer Mission an.

Einheimische und Touristen kennen vor allem diese Plastik des Bildhauers: den sitzenden Keiler am Eingang des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums. (Foto: Robert Haas)

Und auch wenn die menschliche Gestalt den größten Teil des Werks Martin Mayers prägt, so kennen Einheimische und Touristen vor allem eine Bronzeplastik des Bildhauers: den sitzenden Keiler am Eingang des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums in der Münchner Fußgängerzone. Der war ein Auftragswerk von Bernhard Borst für die Borstei, wo er 1960 aufgestellt wurde. Das Borstenvieh am Jagd- und Fischereimuseum ist ein Abguss aus den Siebzigerjahren. Auf diese tausendfach fotografierte Skulptur reduziert zu werden, hat Mayer zeitlebens abgelehnt. Aber wie das so ist modernen Zeiten: Hat einer sich Instagram-tauglich davor in Szene gesetzt, wollen alle sich in der gleichen Pose für die Nachwelt verewigen.

"Olympia triumphans" heißt die Skulptur von Martin Mayer im Olympiapark. (Foto: Stephan Rumpf)

Obwohl die Familie pfälzischer Herkunft war, wurde Mayer am 16. Januar 1931 in Berlin geboren. Als Bub kam er ins bayerische Weißenburg, wurde Privatschüler von Theodor Georgii in München, dem Schüler und Schwiegersohn von Adolf von Hildebrand, und studierte in den Fünfzigerjahren an der Münchner Kunstakademie. Die meisten seiner etwa 30 Bronzeskulpturen stehen im öffentlichen Raum, viele in München, etliche aber wegen der Wurzeln der Familie auch in Speyer und in Landau in der Pfalz.

Zu seinem 90. Geburtstag im vergangenen Jahr, den er bei bester Gesundheit beging, gab es pandemiebedingt kein großes Fest. Doch Geburtstagsfeste seien ihm eh nie wichtig gewesen, erzählte er damals mit kraftvoller Stimme am Telefon. Aber die Corona-Einschränkungen setzten ihm dann doch zu. Vor allem, dass er kaum noch durch die Stadt streifen konnte, wo er in den letzten Jahren gerne auch mit seinem Fotoapparat unterwegs war, um seine Frauengestalten zu besuchen. Ein Sturz im Sommer schränkte seine Bewegungsmöglichkeiten dann noch mehr ein. Nun ist der Bildhauer Martin Mayer wenige Tage nach seinem 91. Geburtstag gestorben. "Friedlich", wie seine Frau sagt, und ohne Angst. Denn: "Der Tod war kein Thema für ihn."

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