Marodes Gebäude:Ausgedient

Post-Mitarbeiter bei Arbeitsniederlegung in München, 2018

Im Gewerkschaftshaus aus dem Jahr 1956 haben die meisten Münchner Einzelgewerkschaften ihren Sitz. 2001 ist auch die damals neu gegründete Gewerkschaft Verdi, im Bild sind streikende Postmitarbeiter zu sehen, eingezogen.

(Foto: Florian Peljak)

Das Gewerkschaftshaus an der Schwanthalerstraße ist in schlechtem baulichen Zustand und soll nun abgerissen werden. An gleicher Stelle planen der DGB und die IG Metall ein modernes Büro- und Verwaltungsgebäude. Offiziell beantragt ist das Projekt allerdings noch nicht

Von Heiner Effern und Sebastian Krass

München bekommt ein neues Gewerkschaftshaus: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft IG Metall wollen an der Schwanthalerstraße 64 gemeinsam ein modernes Büro- und Verwaltungsgebäude errichten. Das in die Jahre gekommene Haus, in dem momentan etwa 300 Angestellte arbeiten, wird dafür abgerissen. "Wir freuen uns sehr, dass sich die Verantwortlichen des DGB in Berlin und der IG Metall in Frankfurt darauf verständigt haben", sagt Horst Lischka, erster Bevollmächtigter der IG Metall in München. "Das wird bis zum Jahr 2050 ein wichtiger Baustein für die Zukunft der jungen Generation."

Das neue Gewerkschaftshaus soll moderner, größer und freundlicher werden. Büros und Tagungsräume sollen einer mobilen und digitalen Arbeitswelt gerecht werden. Neben der IG Metall, die ihre derzeit anderweit untergebrachte Landesleitung hereinholen will, wird Verdi der zweite große Mieter sein. "Der Neubau ist die richtige Entscheidung. Es ist schön und wichtig, dass wir den Standort im Herzen der Stadt beibehalten können", sagte Heiner Birner, oberster Verdi-Vertreter in München. Auch die weiteren Gewerkschaften wollen nach derzeitigem Stand ins neue Haus wieder einziehen. Zu den Baukosten gibt es keine offiziellen Angaben, aber angesichts der Größe des Komplexes dürfte mindestens ein hoher zweistelliger Millionenbetrag dafür nötig sein.

Errichten soll das Gebäude eine gemeinsame Gesellschaft des DGB und der finanzkräftigen IG Metall. Als einer der nächsten Schritte soll ein Architektenwettbewerb starten. Bayerns DGB-Chef Mathias Jena rechnet damit, dass es im kommenden Jahr losgeht. "Geplant ist ein Auszug aus dem Gewerkschaftshaus für den Herbst 2019, wir rechnen derzeit mit einer ungefähren Bauzeit von 5 Jahren." Für diese Zeit müssen alle in der Schwanthalerstraße 64 untergebrachten Gewerkschafter in ein Ausweichquartier umziehen. Die Suche nach Räumen befindet sich in der Endphase. Noch soll aber unklar sein, ob alle in Beschäftigten in ein Gebäude passen. Möglicherweise wird es während der Neubauzeit zwei Interims-Gewerkschaftshäuser geben.

Ein wichtiger Punkt bei der Suche ist, dass die Arbeitnehmer-Vertreter für Mitglieder und Besucher weiter gut zu erreichen sind. Die eine oder andere kleinere Gewerkschaft soll sich intern beschwert haben, nicht ausreichend genug über die Baupläne informiert worden zu sein. DGB-Chef Jena verweist darauf, dass noch viele Fragen offen sind. "Alle Gewerkschaften, ob klein oder groß, wurden und werden gleichermaßen auf mehreren Mieterversammlungen über den derzeitigen Stand der Überlegungen informiert."

Das jetzige Gewerkschaftshaus wurde vom Architekten Ernst Hürlimann geplant und im Jahr 1956 eröffnet. So steht es in einer Dokumentation der Verdi-Kulturstiftung. Die meisten Münchner Einzelgewerkschaften haben an der Schwanthalerstraße bis heute ihren Sitz. In den Neunzigerjahren wurde das Gewerkschaftshaus in großem Stil saniert, im Jahr 2001 zog die neu gegründete Gewerkschaft Verdi ein. Doch die Bausubstanz zeigte schon damals deutliche Mängel. Büros, Veranstaltungsräume und auch die Außenanlagen wurden zwischen 2004 und 2009 erneut modernisiert und verschönert. Trotzdem ließen sich die Mängel an dem Gebäude nie komplett beseitigen. Statt nun nochmals in die alte Substanz zu investieren, bauen die Gewerkschaften an der Schwanthalerstraße in großem Stil neu. Offiziell angemeldet haben sie dies offenbar noch nicht. Bisher liege der Lokalbaukommission "zu einem eventuellen Abbruch oder Neubau des Gewerkschaftshauses an der Schwanthalerstraße 64 kein Antrag vor", erklärt ein Sprecher der Behörde.

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