MeinungMünchner S-Bahn-Desaster:Meister der Ablenkung und Ausreden

Von Klaus Ott, München

Lesezeit: 1 Min.

Söder gibt alle Schuld der Bahn. (Foto: IMAGO/mufkinnphotos/aal.photo)

Markus Söder weigert sich, die Fehler seiner Regierung bei der zweiten Stammstrecke der S-Bahn in München offenzulegen. Kritik tut er als "Gekreische" ab - und provoziert so einen Untersuchungsausschuss im Landtag.

"Licht im Tunnel" sieht Bayerns Regierungschef Markus Söder bei der zweiten Stammstrecke für die Münchner S-Bahn, weil die Bauzeit und die Kosten endlich bekannt seien. Doch allzu hell soll es nach Söders Willen nicht werden. Seine Regierung weigert sich nach wie vor, alle wesentlichen Fakten offenzulegen, wie es zu diesem Desaster kommen konnte. Erst im nächsten statt noch in diesem Jahrzehnt sollen die ersten Züge durch die neuen Tunnel rollen, bei rund doppelt so hohen Kosten wie in den vergangenen Jahren vorhergesagt.

Bleiben Söder und Verkehrsminister Christian Bernreiter bei ihrer Linie, dann dürfte ein Untersuchungsausschuss im Landtag unausweichlich sein. Es sieht nicht danach aus, dass Bernreiter bei einer Sondersitzung im Landtag in der kommenden Woche die letzte Chance für Transparenz nutzt. Dazu müsste Bernreiter vorlegen, wer wann was genau gewusst hat von dem sich jahrelang anbahnenden Debakel. Und warum in der Regierung zu wenig dagegen unternommen wurde.

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Von Bayerns Verkehrsministerium eingesetzte Fachleute hatten frühzeitig gewarnt, dass die zweite Stammstrecke viel später kommt. Doch die Staatsregierung nutzte das teure Experten-Wissen nicht - und könnte sich bald mit einem U-Ausschuss konfrontiert sehen.

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Stattdessen: Immer absurdere Ausreden, warum das eigene Wissen dem Landtag, der Stadt München und der Bevölkerung jahrelang vorenthalten wurde. Ausreden, mit denen jetzt sogar die wertvolle Zuarbeit der Fachleute schlechtgeredet wird, die für viel Geld engagiert wurden, um das Großprojekt kritisch zu begleiten. Das Verkehrsministerium sagt, diese Experten hätten lediglich "Grobschätzungen" vorgenommen. Diese seien kein Ersatz für die fehlenden Zahlen der Deutsche Bahn gewesen, in deren Auftrag die zweite Stammstrecke gebaut wird. Die Experten-Schätzungen waren aber nicht grob, es handelte sich im Gegenteil um detaillierte Berechnungen. Auch die Bahn selbst hat frühzeitig gewarnt, dass enorme Verzögerungen drohten.

Söder erweist sich bei der zweiten Stammstrecke als Meister der Ausreden und der Ablenkung. Er gibt alle Schuld der Bahn. Seine Regierung wusste aber vor Jahren schon, was los ist. Statt die enormen Fehler der Vergangenheit einzugestehen, will der Regierungschef nur über die Zukunft reden. Kritik tut Söder als "Gekreische" ab, um selbst den Staatsmann zu spielen, der "zusammenführen statt spalten" will. Das sind durchsichtige Manöver. Der Ministerpräsident will das für ihn und seine Regierung so unangenehme Thema vom Tisch haben. Mit seinem Verhalten bewirkt er genau das Gegenteil.

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