Ausstellung:Das Spiel mit Licht und Farbe

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Der Maler und Bildhauer Markus Lüpertz zeigt im Museum St. Ulrich Plastiken und die Entwürfe für neue Glasfenster. Falls "der göttliche Funke", so der Titel der Ausstellung, auf die Regensburger überspringt, würde er sie gern in der ehemaligen Kirche verwirklichen.

Von Sabine Reithmaier, Regensburg

Neugierig lugt Bacchus über die Brüstung, während Beethoven sinnend nach oben blickt und Leda den Kopf zur Seite legt, um dem zudringlichen Schwan auszuweichen. Die Büsten, platziert auf der Empore des Regensburger Museums St. Ulrich, übernehmen die Rolle der Zuschauer in einer Inszenierung, die Markus Lüpertz geschaffen hat. Unten im eigentlichen Kirchenraum stehen sich Götter und Helden aus Gips einander gegenüber: David, dessen linke Hand Goliaths gewaltiges Haupt umklammert; Atlas, schwer belastet durch Stahlhelme, und noch ein Bacchus, der die Besucher mit hocherhobenem Trinkpokal begrüßt. Flora, mit Blüten bekränzt, darf sitzen, während sich die stehende Leda auch hier mit dem lästigen Zeus-Schwan abkämpft. Was aber den Skulpturen-Reigen in lebendiges Theater verwandelt, ist das farbige Licht, das auf die Figuren fällt, Spuren zeichnet, überraschende Blickachsen und Interaktionen schafft.

Die Lichtregie vermittelt eine Ahnung davon, wie das frühgotische Kirchlein aussehen wird, wenn Lüpertz es tatsächlich mit farbigen Glasfenstern ausstattet. Der 80-jährige Maler und Bildhauer gestaltet seit langem Kirchenfenster, ob für die französische Kathedrale Saint-Cyr-et-Sainte-Julitte oder die Kölner Dominikanerkirche St. Andreas, die seit 2010 zwölf Fenster besitzt und gerade elf weitere in Auftrag gegeben hat. Andere finden sich in Lübeck, Lippstadt oder Bamberg.

Der Maler und Bildhauer Markus Lüpertz vor der noch farblosen Rosette in der Ulrichskirche Regensburg. (Foto: Uwe Moosburger)

Meist reagieren die Kirchengemeinden beglückt auf die Lüpertzsche Kunst. Zwist gibt es nur in der Marktkirche Hannover, für die er ein zwölf Meter hohes Fenster mit Luther, Tod und Teufel entworfen hat. Der Stiefsohn und Erbe des Architekten vertrat die Ansicht, Lüpertz' Fenster passe nicht in den schlichten Kirchenraum und zog vor Gericht. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.

Seine starken Entwürfe für Köln hat Lüpertz in die Ausstellung mitgebracht. Dort in der Dominikanerkirche hatte er sich auch erstmals mit Maria Baumann getroffen. Er zeigte der Leiterin des Regensburger Diözesanmuseums seine Fenster, sie revanchierte sich mit einer Führung durch St. Ulrich, seit langem ein Museum, aber ursprünglich zwischen 1220 und '30 errichtet als herzogliche Palastkapelle unmittelbar neben dem Dom. Aus den Quellen lässt sich nicht gesichert nachweisen, ob der gotische Bau bunte Fenster besaß. Doch da sich die Baumeister an den Kathedralen in Paris und Laon orientierten, hält Baumann eine farbige Glasarchitektur für sehr wahrscheinlich.

Lüpertz war von dem gotischen Juwel sofort begeistert, schlug eine Ausstellung vor, in der er seine Gipsfiguren mit Glasmalereien und Entwürfen für Kirchenfenster kombinieren wollte. Die Idee hatte er bereits einmal für einen Raum in Italien entwickelt, doch damals wurde nichts daraus. Jetzt in Regensburg hat es geklappt. Die Entwürfe für die Fassaden-Rosetten hat er ebenfalls mitgebracht. Die stark in Felder eingeteilte Rosette an der Westseite dominiert in der Mitte ein lachender Engel, wohl eine Reminiszenz an die berühmteste Figur aus dem Mittelschiff im Regensburger Dom. Die dunkle, untere Hälfte des Runds konzentriert sich auf das Vergängliche, die Verdammnis. Oben herrscht Licht und Lachen und ein sich in den Himmel öffnendes Blau. Etwas einfacher der Entwurf für die Ostfassade, gewidmet Ulrich, dem Patron der Kirche, der einen Fisch in Händen hält.

Mit Lüpertz' Achill vor dem Portal bekommt die Ludwig-I.-Statue ein starkes Gegenüber aus der Gegenwart

Wer die Entwürfe für die vier Lanzettfenster und noch eine Reihe weiterer Arbeiten sehen möchte, sollte den Weg in die Galerie "Art Affair" nicht scheuen. Dem Galeristen Karl Krause, der Lüpertz seit einigen Jahren im Portfolio hat, ist es zu verdanken, dass die Sache überhaupt ins Rollen kam. Er stellte die Kontakte her, er ist es auch, der sich um die Finanzierung kümmert und das Geld bei privaten Kunstsammlern auftreibt. "Klappt gut", sagt er. Der Großteil der notwendigen Summe für die fünf Fenster der Westseite habe er bereits zusammen.

Wie fantastisch Lüpertz die Malerei mit Licht, Farbe und Glas beherrscht, dokumentieren in der Ausstellung übrigens zwei großformatige Meisterwerke, Leihgaben aus dem Glasmalereimuseum Linnich. "Herbstfenster" und "Kosovo" thematisieren in intensiver, aber nie bunter Farbigkeit Vergänglichkeit, Tod und die Schrecken des Krieges.

Draußen vor dem Portal fängt Lüpertz' Bronze "Achill" einstweilen souverän allen Spott auf, der sich über ihn im Internet ergießt. Dabei schadet es gar nicht, wenn der reitende König Ludwig I., bislang das einzige Standbild auf dem Platz, ein starkes Gegenüber aus der Gegenwart hat.

Markus Lüpertz: Der göttliche Funke II, bis 31.10. im Museum St. Ulrich, Domplatz 2, und in der Galerie Art Affair, Neue-Waag-Gasse 2 , Regensburg. Konzert mit Lüpertz und seiner Band TTT am Sa., 25.9., 16 und 19 Uhr im Museum (Karten: info@art-affair.net )

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