Süddeutsche Zeitung

Markenrecht:Joop-Parfüm bei Amazon - ein Fall für die Gerichte

Der Hersteller will verhindern, dass sein Duft von dem Online-Versandhändler verkauft wird. Bei einer Klage vor dem Oberlandesgericht München bekommt er Recht.

Aus dem Gericht von Stephan Handel

Im November 2015 bestellte ein gewisser Sabino Carella bei Amazon zwei Packungen Eau de Toilette von Joop, 75 Milliliter. Die Ware, so ist anzunehmen, traf pünktlich beim Besteller ein - doch anstelle eines Dankesschreibens bekam der Online-Händler eine Klage: Der Hersteller des Parfüms verklagte Amazon auf Unterlassung. Vor dem Landgericht München bekam die Coty Germany GmbH recht, und auch nach der Berufungsverhandlung am Donnerstag am Oberlandesgericht dürften bei Amazon in Schwabing kaum die Korken geknallt haben: Das OLG wies die Berufung des Versandhändlers zurück.

Coty möchte nicht, dass ihre Düfte von "Krethi und Plethi" verkauft werden, wie es einer der beisitzenden Richter ausdrückte. Deshalb schließt das Unternehmen mit den Weiterverkäufern, die ins Konzept passen, so genannte Depot-Verträge. Darin wird unter anderem festgelegt, dass die Produkte nur an Endverbraucher, nur zum privaten Gebrauch und nur in den bekannten "haushaltsüblichen Mengen" abgegeben werden dürfen; das heißt in diesem Fall: drei Stück pro Einkauf. Die Depositäre dürfen Waren untereinander nur handeln, wenn der Verkauf über Ländergrenzen hinweggeht: Der Deutsche darf also an den Franzosen verkaufen und umgekehrt, nicht aber an den jeweiligen Landsmann. Diese Regelung ist wegen des EU-Rechts notwendig, sonst könnte der Verdacht aufkommen, dass die nationalen Märkte voneinander abgeschottet werden sollen.

Die Gesetze der EU führten auch erst zu dem Rechtsstreit, insbesondere eine Passage im Markenrecht. Dort heißt es, ein Markeninhaber könne den Weiterverkauf seiner Produkte innerhalb der EU nicht verbieten, wenn er selbst sie zuerst in den europäischen Markt eingespeist habe - dann, so sagen die Juristen, sind, den Weiterbetrieb betreffend, seine Rechte "erschöpft". Und auf genau diesen Paragrafen berief sich Amazon in der OLG-Verhandlung: Seine Ware falle unter genau diese rechtliche Regelung.

Das Problem dabei: Dazu hätte der Online-Händler nachweisen müssen, dass seine Ware tatsächlich aus der EU stammt. Das jedoch wollte er nicht, denn: "Dann wäre die Bezugsquelle sofort versiegt." Coty behauptete zudem, anhand der Produktionsnummern festgestellt zu haben, dass die Flakons aus der Bestellung des Testkäufers Sabino Carella aus Dubai stammten, dann würde auch kein EU-Recht den Weiterverkauf in Deutschland decken.

Die Amazon-Anwältin musste sehr schnell bemerken, dass der OLG-Senat gewillt war, der Ansicht des Landgerichts zu folgen - also versuchte sie zu retten, was zu retten war, musste sich aber von den Richtern belehren lassen, dass das, was sie kritisierte, gerade der Zweck des Gesetzes sei: das Recht von Markeninhabern zu schützen, selbst entscheiden zu dürfen, wer ihre Produkte verkaufen darf. Das Unternehmen könne, so der Senat, den Streit sofort beenden, indem es offenlege, woher die Ware stamme. Weil es das aber nicht wolle, müsse es eben mit den Folgen leben: In einem so genannten Stuhl-Urteil, also einem Urteil am Ende der Verhandlung, ohne weiteren Termin, wies der Senat die Berufung zurück und gab dem Parfüm-Hersteller recht. Entgegen dem Ansinnen von Amazon wurde auch die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen - dazu hätte es um grundsätzliche rechtliche Fragen gehen müssen. Andreas Müller, der Vorsitzende Richter des Senats, meinte jedoch: "Das hat der BGH alles schon einmal geklärt."

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung des Textes stand, dass Amazon kein Joop-Parfüm mehr verkaufen dürfe. Tatsächlich handelt es sich um ein indirektes Verkaufsverbot. Der Hersteller Coty hat das Recht, seine Vertriebswege selbst zu bestimmen. Er will den Duft nicht über Amazon verkaufen, sondern nur über Depot-Verkäufer. Diese dürfen Endverbraucher beliefern und auch andere Coty-Depot-Verkäufer in anderen EU-Ländern - nicht aber Amazon. Amazon kann Joop-Parfüm also nur beziehen und vertreiben, wenn ein Depot-Verkäufer seinen Vertrag mit Coty bricht. Einen Reimport aus Nicht-EU-Staaten verbietet das Markenrecht.

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SZ vom 20.07.2018/huy/sim
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