Palettenweise Baustoffsäcke, dazu zig Container, Baufahrzeuge und andere Geräte: Wer mit der S8 am Bahnhof Englschalking das Grundstück von Geith & Niggl passiert, der könnte meinen, er fahre an einer riesigen Baustelle vorbei. Tatsächlich ist es das aber nicht - noch nicht. Denn aktuell handelt es sich bei dem Areal um das Betriebsgelände einer Baustoff- und Baugerätefirma. Mittelfristig jedoch könnte auf der fast fünf Hektar großen Fläche zwischen den Bahngleisen und der Marienburger Straße ein neues Wohngebiet mit bis zu 550 Wohnungen entstehen.
Ende November soll der Stadtrat hierzu einen Eckdatenbeschluss fassen. Doch schon jetzt sorgen die Pläne eines Investors für das "Mariengärten" getaufte Quartier für Unruhe und auch Kritik in der Nachbarschaft sowie der Lokalpolitik - nicht zuletzt, weil das Vorhaben eng mit der Frage verbunden ist, ob der viergleisige Ausbau der angrenzenden Bahnstrecke im Tunnel oder oberirdisch geschehen wird.
"Im Augenblick bereiten wir einen Einstieg in die Bauleitplanung für die Mariengärten vor", bestätigte ein Vertreter des Referats für Stadtplanung und Bauordnung unlängst der Bürgerversammlung für Bogenhausen. Bei der Planung müsse man vom "Worst Case" ausgehen, erläuterte er, "also dass unter Umständen ein ganz erheblicher Lärmschutz erforderlich sein wird". Dies wäre der Fall, wenn der viergleisige Ausbau der Bahnstrecke oberirdisch erfolgen würde, was die Deutsche Bahn laut einer Grobkostenschätzung mit 900 Millionen Euro veranschlagt. Der Stadtrat aber hat sich bereits mehrfach für eine Tunnellösung ausgesprochen, die mit 2,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen würde. Aktuell werden beide Varianten untersucht; die Ergebnisse sollen Anfang kommenden Jahres vorliegen.
Stehen erst einmal Lärmschutzwände, fürchten Lokalpolitiker um den erhofften Tunnel
Sollte das Wohnquartier Mariengärten nun aber mit Meter hohen Lärmschutzwänden geplant werden, dann - so die Sorge in der Nachbarschaft - wäre das womöglich ein Fingerzeig in Richtung Tunnel-Aus. "Wenn die Wände mal stehen, kommt dann wirklich noch der Tunnel?", fragt auch Florian Ring (CSU), Vorsitzender des Bezirksausschusses Bogenhausen (BA). Wohl auch aus dieser Sorge heraus drängt in dem Gremium vor allem die CSU-Fraktion darauf, erst die Tunnel-Frage zu klären, ehe man in die Planung für die Mariengärten einsteigt. Andernfalls drohe "ein Flickwerk, das am Ende die Nachbarschaft aushalten muss", sagt Florian Ring.
Doch auch unabhängig vom Ausbau der Bahnstrecke äußern sämtliche BA-Fraktionen in ihren Stellungnahmen zu dem Vorhaben Bedenken. Ein großes Fragezeichen betrifft dabei die Erschließung des Areals, die nicht allein über die Marienburger Straße erfolgen dürfe, fordern CSU, SPD und Grüne unisono. Ungewiss sei auch, wie sich eine so umfangreiche Bebauung - einem Grobentwurf zufolge sind 320 bis 550 Wohneinheiten geplant - auf die "wichtige stadtklimatische Durchlüftung über Grünzüge in den Außenräumen" auswirken würde, wie es in der Stellungnahme der CSU heißt. Und nicht zuletzt müsse vor Baubeginn "eine Lösung für die fehlenden Kapazitäten bei der Grundschulversorgung" vorliegen, fordert die Grünen-Fraktion. "Denn die Grundschulen in unserem Stadtbezirk", betont BA-Chef Florian Ring, "sind schon jetzt voll".
