Marieluise-Fleißer-Realschule:"Einer reichen Stadt wie München unwürdig"

Marieluise-Fleißer Realschule

Schimmel im Spülbecken einer Toilette in der Marieluise-Fleißer Realschule.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Keine Turnhalle, verschimmelte Toiletten und Unterricht im Werkraum, weil es an Klassenzimmern fehlt: Die Zustände an der Marieluise-Fleißer-Realschule in München sind katastrophal. Eine Generalsanierung stellt das städtische Bildungsreferat jedoch erst in zwei Jahren in Aussicht - frühestens.

Von Tina Baier

Der Geruch, der einem aus dem Zimmer der Deutschförderklasse 1b entgegenschlägt, ist unbeschreiblich. Es ist eine Mischung aus abgestandener Luft und Schimmel. Drei Stunden täglich sitzen neun Kinder mit ihrer Lehrerin in dem winzigen Kellerraum der Grundschule an der Schwanthalerstraße und versuchen, Deutsch zu lernen. Tageslicht fällt nur durch einen schmalen Schacht herein. "Wir weisen die Stadt seit 14 Jahren darauf hin, dass wir nicht genügend Räume haben, sagt Ursula Lindner, die stellvertretende Leiterin. "Das Bauamt antwortet nicht einmal." Und dann bricht es aus ihr heraus: "Kein Kind aus Grünwald würde da sitzen, das sind nur unsere."

Georg Eisenreich (CSU), stellvertretender Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag, sieht es ähnlich: "Es tut sich nichts, weil Kinder betroffen sind, deren Eltern sich nicht wehren", sagt er. "An dieser Schule herrschen Zustände, die einer reichen Stadt wie München unwürdig sind."

Eisenreich hat die Mitglieder des Bildungsausschusses zu einem Ortstermin an die Marieluise-Fleißer-Realschule eingeladen, die im gleichen Gebäude untergebracht ist wie die Grundschule. Denn auch an der Realschule sind die Bedingungen mittlerweile so, dass möglicherweise die Gesundheit von Schülern und Lehrern in Gefahr ist. Nur dann könne der Staat eingreifen, sagt Eisenreich, denn für die Schulgebäude ist die Stadt zuständig.

Das Bildungsreferat reagiert nicht auf die Anfragen der Eltern

Der Elternbeirat der Realschule hat eine Petition eingereicht, in der die dringlichsten Probleme aufgelistet sind. "Wir haben 19 Klassen, aber nur 16 Klassenzimmer", sagt Claudia Vetter, die Vorsitzende des Elternbeirats, "wir haben keine Turnhalle und keine Aula, die Toiletten sind schimmelig und die Rohre undicht, das ganze Gebäude ist eine Zumutung."

Dass der Ärger der Eltern berechtigt ist, zeigt eine Führung durchs Schulhaus. Überall bröckelt der Putz von den Wänden, der Chemieraum ist so eng, dass Schüler und Lehrer erst die Tische wegrücken müssen, wenn sie Unterrichtsmaterialien aus den Schränken holen wollen. "Außerdem ist der vorgeschriebene Sicherheitsabstand zwischen der ersten Schülerreihe und dem Experimentiertisch nicht eingehalten", sagt die stellvertretende Schulleiterin der Realschule, Annemarie Heinrich.

Auch im Werkraum wird aufgrund des Platzmangels unterrichtet. Damit die Schüler überhaupt eine ebene Unterlage haben, auf der sie schreiben können, müssen erst Holzplatten auf die Werkbänke gelegt werden. Derzeit überlegt die Schulleitung, einen Lagerraum im Keller zum Klassenzimmer umzufunktionieren. Allerdings gibt es in diesem Raum keine Heizung.

Was die Eltern am meisten ärgert, ist, dass das Bildungsreferat auf ihre zahlreichen Anfragen und Bitten nicht reagiert. Die einzige, die bisher geantwortet habe, sei Bürgermeisterin Christine Strobl gewesen, sagt Vetter. Egal, um was es geht, es scheint immer so zu laufen wie mit den Bänken, die die Schule 2008 für den Pausenhof beantragt hat. "2009 wurden sie genehmigt, bis heute haben wir noch keine einzige Bank bekommen", sagt Wolfram Schrag vom Elternbeirat.

Der Uringeruch schlägt einem schon im Gang entgegen

Ähnlich ist es mit den Toiletten: "Seit sieben Jahren wird uns versprochen, dass sie über die Sommerferien erneuert werden", sagt Vetter. Passiert sei bisher nichts. Mittlerweile versuchten viele Kinder, nichts mehr zu trinken, damit sie die Toiletten nicht benutzen müssen. Tatsächlich schlägt einem der Uringeruch schon im Gang entgegen.

"Wir wissen, dass es bei der Kommunikation zwischen dem Bildungsreferat und den Schulen hakt", sagt Stadtschulrat Rainer Schweppe. "Die Schule muss so schnell wie möglich saniert werden." Was bedeutet das? "Wenn alles gut geht, können wir frühestens im Herbst 2015 mit der Generalsanierung beginnen", sagt Hans-Jürgen Stein, stellvertretender Leiter des Zentralen Immobilienmanagements, der zuständigen Abteilung im Bildungsreferat. Dabei soll dann auch geprüft werden, ob das Dachgeschoss ausgebaut werden kann, um zusätzlich Platz zu schaffen. "Soll mein Sohn bis dahin in einer schimmligen Schule sitzen?", fragt Vetter. Kleinere Schönheitsreparaturen könnten eventuell früher angegangen werden, sagt Stein.

Für die Generalsanierung müsse das ganze Gebäude in den Zustand eines Rohbaus versetzt werden. Für mindestens anderthalb Jahre könne dann weder in der Grund- noch in der Realschule unterrichtet werden. Wo in dieser Zeit die Kinder untergebracht werden, ist noch unklar.

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