Literatur:Von Aufhören keine Spur

Literatur: Schreibt unermüdlich: die Schriftstellerin Marianne Ach, die am 8. Februar ihren 80. Geburtstag feiert.

Schreibt unermüdlich: die Schriftstellerin Marianne Ach, die am 8. Februar ihren 80. Geburtstag feiert.

(Foto: Sophia Aujezdsky)

Die Schriftstellerin Marianne Ach feiert an diesem Dienstag ihren 80. Geburtstag. Noch immer schreibt sie täglich und hat jede Menge weiterer Romane im Kopf.

Von Sabine Reithmaier, München

Aufhören mit dem Schreiben? Freiwillig niemals, sagt Marianne Ach. "Ich würde in einen Abgrund fallen." Noch immer schreibt die Schriftstellerin, die an diesem Dienstag ihren 80. Geburtstag feiert, jeden Tag. Auch wenn es manchmal nur drei Sätze sind. "Schreiben ist keine locker-leichte Angelegenheit für mich, sondern anstrengend."

Ach hat viel Zeit gebraucht, um die inneren Mauern zu überwinden, die sie vom Schreiben abhielten. "Schlimme Worte", subtile Momentaufnahmen ihrer Kindheit, veröffentlicht sie 1998 noch im Selbstverlag. Als 2004 ihr erster autobiografisch geprägter Roman "Goldmarie, Pechmarie" erscheint, ist sie 62 Jahre alt. Seither hat sie nicht mehr aufgehört zu schreiben, sieben Romane und etliche Erzählungen sind entstanden.

Verschwinden und Fliehen sind wichtige Themen in ihren Büchern. Vielleicht weil sie selbst oft geflüchtet ist. Als Dreizehnjährige aus der strengen Enge des mütterlichen Haushalts ins Internat - der Vater war im Krieg gefallen. Obwohl es in der Klosterschule bei den Nonnen nicht weniger streng zugeht, hält sie eisern durch in dem Bewusstsein, anders zu keiner höheren Schulausbildung zu kommen. Mit 19 tritt sie in das Kloster der Dillinger Franziskanerinnen ein, arbeitet zehn Jahre als Kindergärtnerin und Katechetin. Und flüchtet wieder, aber dieses Mal in die Freiheit und ein selbstbestimmtes Leben. Sie studiert, heiratet und unterrichtet bis zu ihrer Pensionierung als Realschullehrerin Deutsch und Religion in München.

Ihre ersten Bücher spielen in der oberpfälzischen Provinz - den autobiografischen Texten in "Goldmarie Pechmarie" folgen die Romane "Der Blechsoldat" und "Winterherzen". Sie erzählen von Armut, katholischer Doppelmoral und Bigotterie in den Jahren nach dem Krieg, beschreiben die bedrückende Atmosphäre eines Dorfes nahe dem Eisernen Vorhang an der Grenze zu Tschechien. Ach findet schnell ihren eigenen, unverwechselbaren Ton. Sie schreibt knapp, reduziert und eher lakonisch, verzichtet auf große Emotionen, streut gern Dialogfetzen ein. Ihre Heimatgemeinde ist trotz der literarischen Qualität anfangs wenig begeistert, eine Weile gilt sie als "Nestbeschmutzerin".

Derzeit arbeitet Ach an zwei Romanprojekten: "Der Stoff geht mir sicher nicht aus"

Doch nach "Glück ist ein seltener Vogel" hat sie mit der Oberpfalz und ihrer eigenen Biografie abgeschlossen. Sie sucht andere Themen, schreibt Romane, in denen Frauen die Hauptfiguren sind. Theres zum Beispiel in "Von gestern eine Spur" (2017), aus deren Leben unentwegt Menschen verschwinden: der erste Mann, den sie wegen seiner Seitensprünge verlässt, der zweite, der wegen ihrer Eifersucht geht, Freundinnen, die sterben, und vor allem der Sohn, der als 16-Jähriger wortlos verschwindet. In tagebuchartigen Notizen reflektiert Theres über ihr Leben, ihre Beziehungen, hält alltägliche Erlebnisse fest. Und ganz offensichtlich trifft sie sich im Innenleben mit ihrer Erfinderin. Genauso wie Hannah in "Dieses schmale Stück Himmel über Paris" (2019). Hier beschreibt Ach einfühlsam und prägnant, wie es sich anfühlt, wenn der Lebenspartner unerreichbar in einer Depression verschwindet. Im jüngstem Roman "Der Atem deines Landes", wie die anderen Werke von 2014 an im Viechtacher Lichtung Verlag erschienen, ist die Hauptfigur ein griechischer Mann. Spiros denkt über seine Beziehung zu seiner verstorbenen deutschen Frau Irene nach, mit der er erst in Deutschland lebte, bevor sie sich gemeinsam in Griechenland mit einer Wohnanlage für Feriengäste eine Existenz aufbauten.

Derzeit arbeitet Ach an zwei Romanprojekten. "Der Stoff geht mir sicher nicht aus", sagt sie. Eher plagt sie die Sorge, nicht mehr alle Ideen verwirklichen zu können. Was den Tod betrifft, hat sie genaue Vorstellungen: "Mitten im Satz den Stift fallen lassen und sterben, das wäre ideal." Bis dahin aber macht Marianne Ach weiter, Schreiben ist schließlich ihre Heimat.

Lesung, 8.2., 19 Uhr, Regensburg, Atelier KunstKnoten, Am Wiedfang 5. Anmeldung unter Tel. 0941 / 55133 oder office@kunstknoten.org

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