Süddeutsche Zeitung

Marcus da Gloria Martins:Bayerns neuer Corona-Krisensprecher

Lesezeit: 2 min

Dass Marcus da Gloria Martins mit Ausnahmezuständen zurecht kommt, hat er als Münchner Polizeisprecher bewiesen. Nun soll er der angeschlagenen Gesundheitsministerin Melanie Huml in der Pandemie zur Seite stehen.

Von Kassian Stroh

Mit Krisenkommunikation kennt sich Marcus da Gloria Martins aus, darüber hat er vor Jahren seine Masterarbeit geschrieben. Er kann das Wissen brauchen in seinem neuen Job. Denn Martins ist abgeordnet worden, vom Münchner Polizeipräsidium ins bayerische Gesundheitsministerium, wo er ab sofort der für das Thema Corona zuständige Pressesprecher ist. Sprecher einer Ministerin, die unter Beschuss steht, weil an den Teststationen für Reiserückkehrer 44 000 Befunde zunächst nicht zugeordnet werden konnten und so an die 1000 mit Sars-CoV-2 Infizierte tage-, manchmal wochenlang nichts von ihrer Ansteckung wussten, die Menschen um sie herum auch nicht. Eine echte Krise für Melanie Huml (CSU), deretwegen sie sich am Mittwoch erst im Landtag verteidigen musste. Martins saß da schon oben auf der Besuchertribüne. Gesagt hat er nichts, es war ein erster Beobachtungseinsatz im neuen Krisengebiet.

Nun sind Personalien von Behörden-Pressestellen meist nur für wenige Menschen von Belang und Interesse, bei Martins ist das anders. Nicht nur, weil sein neuer Arbeitsplatz der Pandemie wegen wie nur wenige andere im öffentlichen Fokus steht, sondern auch wegen seiner Person und wegen der Umstände des Jobwechsels.

Fünf Jahre lang war Martins Leiter der Pressestelle der Münchner Polizei. Und wer schafft es in einer solchen Position schon, auf der Straße erkannt zu werden und manche Menschen, Frauen insbesondere, geradezu ins Schwärmen zu bringen? Das lag vor allem an seinem Auftreten nach dem Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum vor vier Jahren, als halb München in Terrorangst verfiel, der Martins Besonnenheit und Ruhe entgegensetzte. Immer wieder trat er in jener langen Nacht vor die Kameras und beantwortete Fragen, auch wenn er die Antworten manchmal selbst nicht kannte. Das machte ihn bundesweit bekannt. Sein Name - Martins hat portugiesische Wurzeln - dürfte den Wiedererkennungswert nicht verringern.

Krisen kann Martins gut verkaufen - das hat er schon bewiesen

Der 47-jährige Vater zweier Kinder kommt aus Köln, wo er auch seine steile Karriere bei der Polizei begann. 2005 ging er der Liebe wegen in die bayerische Landeshauptstadt, an der Polizei-Hochschule in Münster absolvierte er einen Master und 2015 wurde er bei der Münchner Polizei Leiter der Pressestelle. Martins macht sich viele Gedanken über Öffentlichkeitsarbeit angesichts des digitalen Wandels von Kommunikation, er hat die Präsenz der Münchner Polizei in den sozialen Medien stark ausgebaut und es geschafft, ihr dort ein sympathisches Image zu verpassen. Dass er ein Kommunikationsprofi ist, ist unstrittig.

Die hiesigen Polizeireporter sagen über Martins allerdings auch, dass er dem guten Bild seines Chefs oder seiner Behörde alles andere unterordne, dass er seinen Anspruch, offen zu informieren, in der täglichen Arbeit nicht immer einlöse. Nun soll Martins die Kommunikation eines Ministeriums retten, das bei vielen Journalisten und Politikern im Ruf steht, zu oft zu bedächtig vorzugehen oder mögliche Krisenherde wie das Corona-Testchaos nicht rechtzeitig zu erkennen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gehört dem Vernehmen nach zu diesen Menschen.

Und damit sind die Umstände genannt, unter denen Martins nun den Job wechselt: Er wurde kurzfristig abgeordnet und ist Teil mehrerer Umstrukturierungen, die Gesundheitsministerin Huml deutlich an die Leine nehmen. Seit Donnerstag hat sie einen Staatssekretär. Offizieller "Corona-Koordinator" der Regierung ist inzwischen der Staatskanzlei-Chef, und der Aufbau kommunaler Testzentren ist zur Sache des Innenministeriums geworden. Einen neuen Chefbeamten, der durchgreifen soll, schickte Söder bereits im März ins Ministerium - und nun hat Huml noch einen neuen Sprecher, der im Zweifel auch selbst vor eine Kamera treten kann. Und vermutlich will. Denn dass er Krisen gut verkaufen kann, das hat Martins schon bewiesen.

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Quelle:
SZ vom 21.08.2020
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