Nachruf:Münchner Gitarrist Marc Dorendorf gestorben

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Marc Dorendorf beim Woodstock-Revival in der Muffathalle. (Foto: Thomas Riegl)

Der begnadete Hendrix- und Clapton-Interpret, erliegt den Folgen eines Schlaganfalls. Statt eines Auftritts des Musikers auf dem Tollwood wird nun ein Gedenkkonzert für ihn geplant.

Von Dirk Wagner

Als am vergangenen Freitag gegen 22 Uhr in München die Welt ob des Unwetters unterzugehen schien, ist der Münchner Gitarrist Marc Dorendorf an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Anstelle seines für den 2. Juli auf dem Tollwood-Festival im Andechser Zelt geplanten Auftritts wird es darum nun ein Gedenkkonzert geben, zu dem Dorendorfs Band und zahlreiche Gastmusiker laden.

Dann werden auch einige seiner eigenen Songs gespielt, die in Dorendorfs Konzerten oft zu kurz kamen, weil er auch als bester Hendrix seit Hendrix gefeiert wurde. Tatsächlich war Jimi Hendrix irgendwie auch Dorendorfs Gitarrenlehrer. Denn als Jugendlicher hatte er sich einen Konzertmitschnitt auf Videokassette gekauft, um dem Gitarrengott auf die Finger zu blicken. Ständig spulte er das Band zurück und drückte die Pausentaste, um jedes Mal exakt auszumachen, wie die Finger des Gitarrenvirtuosen gerade über das Griffbrett glitten. Dann versuchte Dorendorf, das jeweils nachzuspielen.

Das führte dazu, dass er Hendrix nicht nur minutiös kopieren konnte. Vielmehr glichen seine Hendrix-Darbietungen einer musikalischen Geisterbeschwörung, in der Hendrix selbst wiederbelebt wurde. Solche Wiederbelebung gelang vor allem wegen Dorendorfs Wertschätzung kleinster Details. So hatte er sich eine Linkshänder-Gitarre zugelegt, obwohl er Rechtshänder war, um sie verkehrt herum zu spielen. Denn auch der Linkshänder Hendrix hatte eine Rechtshänder-Gitarre so eingesetzt.

Wohlgemerkt tat Dorendorf das nicht, um optisch dem Gitarrengott zu gleichen. Ihm ging es darum, auch die Rahmenbedingungen für Hendrix’ Spieltechnik zu rekonstruieren. Schließlich verändert das die eigene Spielweise, wenn etwa die Lautstärkenregler nicht unterhalb der gespielten Saiten sind, sondern darüber.

Auch die Gitarre von David Gilmore hatte er schon in der Hand

Natürlich fiel dem detailverliebten Dorendorf auch ein Effektgerät auf, als er Eric Clapton in der Londoner Royal Albert Hall live erlebte. „Ich bin danach zur Bühne gerannt, um zu lesen, welcher Name darauf stand.“ Dorendorf erzählte einmal, wie er sodann – noch ohne Internet – den Hersteller jenes handgemachten Geräts, den Gitarrenbauer Pete Cornish, ausfindig machte. Als Dorendorf Cornish das erste Mal in dessen Londoner Werkstatt besuchte, durfte er ihn auch gleich zu einem Pink-Floyd-Konzert begleiten, für das Cornish die Gitarren lieferte.

So kam es, dass Marc Dorendorf auf der großen Bühne von Pink Floyd stand und sogar die Gitarre von Gitarrist David Gilmore in der Hand hatte. Für Dorendorf war das ein weiterer magischer Moment in seinem Leben, der nicht zuletzt dazu führte, dass er noch vergangenes Jahr auf dem jährlichen Blues-Fest des „Hide Out“ auf dem Rotkreuzplatz auch Musik von Pink Floyd zum Besten gab. Natürlich könnte man nun rückblickend einwenden, dass Dorendorf, der auch ein großartiger Santana-Interpret war und ein wunderbarer Clapton-Deuter, viel mehr eigene Songs hätte spielen sollen, als immer nur andere zu kopieren.

Doch Dorendorf kopierte die anderen Musiker nicht nur. Er belebte sie wieder. Ihre Musik war darum auch seine. Und darin strahlte er so hell wie jene Blitze am Himmel, als vergangenen Freitag in München die Welt unterging. 

 

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