Mafiosi - ja oder nein?:Leben oder Sein

Wer will sich schon nachsagen lassen, ein Mafiosi zu sein? Ein Russe hat sich vor Gericht erfolglos gegen die Darstellung gewehrt, er gehöre der Mafia an.

E. Müller-Jentsch

Wer will sich schon nachsagen lassen, der Russen-Mafia anzugehören? Wohl kaum die, bei denen es stimmt. Und noch weniger diejenigen, die wirklich nichts mit den Gangstern aus dem Osten zu tun haben. Am Mittwoch klagte ein Mann gegen das Münchner Magazin Focus und verlangte gar eine Gegendarstellung - frei nach dem Motto: Ich bin nie Mitglied der Russen-Mafia gewesen...

Gomorrha

Szene aus dem Film "Gomorrha" über die italienische Mafia

(Foto: Foto: oh)

Das Nachrichten-Magazin hatte im Juni unter der Überschrift "Gangster in Nadelstreifen" über Totschläger, Anlagebetrüger und Banker berichtet, die seit Jahren als Mitglieder russischer Banden die deutsche Wirtschaft unterwandern.

In diesem Artikel wurde auch ein Mann erwähnt, der angeblich der Gangster-Organisation Ismajlowskaja angehören soll. Diese Gruppierung ist nach dem Moskauer Viertel Ismajlowo benannt und verdient ihr Geld - hier beruft sich das Magazin auf Erkenntnisse des Bundeskriminalamts - mit Auftragsmord, Erpressung, Drogen- und Zigarettenschmuggel, Autoschieberei und Geldwäsche.

Das angebliche Bandenmitglied wurde von der Zeitschrift bei seinem typisch russischen Vornamen genannt, allerdings nur mit abgekürzten Nachnamen. Erwähnt wurde auch noch seine aus beruflichen Gründen in Frankfurt lebende Ehefrau.

"Mein Mandant lebt zwar den Lebensstil, der diesen Kreisen nachgesagt wird und hat eine Ehefrau in Frankfurt", erklärte nun sein Anwalt vor der Pressekammer des Landgerichts München I. Und deshalb sei er vielfach in russischen Kreisen darauf angesprochen worden, dass der Focus über ihn berichtet habe. Doch sein Mandant erkläre, nicht die dort genannte Person zu sein. "Er ist 1994 zwar einmal verhaftet, dann aber freigesprochen worden - es handelte sich offenbar um einen Irrtum", erklärte der Anwalt. Das hänge seinem Klienten bis heute nach.

Deshalb wurde nun verlangt, dass die Zeitschrift eine Gegendarstellung drucken solle, mit der sinngemäßen Erklärung: Er sei nie Russen-Mafioso gewesen; habe keine wegen Betrugs und Hehlerei verurteilten Leibwächter gehabt; und er sei auch nie an einer Gesellschaft für Gülleverarbeitungsmaschinen beteiligt gewesen, die der Geldwäsche dienen solle. Unterschrieben werden sollte diese Gegendarstellung allerdings nur in anonymisierter Form.

"Aber wenn ihn praktisch jeder in der Russen-Szene kennt, wissen seine Bekannten doch, dass er zwar wie ein Mafioso lebt, aber keiner war", wandte der Vorsitzende Richter ein. Außerdem sei er doch längst in den Nahen Osten ausgewandert.

Das Gericht wies die Klage schließlich ab. Es handle sich durchaus um einen "Grenzfall", hieß es in der Begründung der Richter. Man werde deshalb mit Interesse sehen, was womöglich in der nächsten Instanz das Oberlandesgericht dazu sagt (Az.:9O13422/08).

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