Madam Chutney:Indisches Soulfood in Perfektion

Madam Chutney: Essen unter Freuden: Bei Madam Chutney sind die Tische schnell voll.

Essen unter Freuden: Bei Madam Chutney sind die Tische schnell voll.

(Foto: Robert Haas)

Ein Glanzstück im ethnokulinarischen Entwicklungsgebiet München: Im indischen Lokal "Madam Chutney" kocht die Chefin das beste aus ihrer Heimat.

Von Tankred Tunke

Nein, dieses Restaurant macht es einem wirklich nicht leicht. Es liegt in einem unscheinbaren Wohngebiet am nördlichen Stadtrand, dort, wo Schwabing sich uncharmant Richtung Freimann verabschiedet, irgendwo zwischen Nordfriedhof und der unüberhörbaren A 9. Es ist nur mittags geöffnet (ausgenommen Samstag, da aber auch nur bis 21 Uhr), und reservieren kann man leider nicht. Und nun?

Wer trotzdem einen der 25 Plätze bei Madam Chutney ergattern will, dem bleibt nur die lästig frühe Anreise, denn wie durch ein Wunder füllt sich das schlichte Wohnzimmerlokal im nur vermeintlichen Nirgendwo nach 12 Uhr rasant, man hört nun Englisch, Französisch oder auch Hindi, die halbe internationale Belegschaft aus den Büros der nahen Parkstadt Schwabing scheint hier zum Mittag an die wenigen Tische zu drängen, und bereits um 12.15 Uhr ist mit Wartezeiten zu rechnen.

Die Frage, warum viele Gäste das alles geduldig in Kauf nehmen, lässt sich leicht beantworten: weil man hier einfach gut isst. Ja, wir würden uns sogar noch weiter aus dem Fenster lehnen und frech behaupten: Weil man im ethnokulinarischen Entwicklungsland München lange suchen müsste, um ein indisches Lokal zu finden, in dem ähnlich authentisch, frisch und zugleich auf der Höhe der Zeit gekocht wird.

Die 30-jährige Chefin, Prateek Reen, ist für Küche, Service und das Geschäftliche zugleich verantwortlich, hier und da unterstützt von zwei Helferinnen. Ein Geheimnis für ihren Erfolg dürfte lauten: Sie macht - das ist leider selten geworden in der Gastronomie - keine große Sache aus ihrem Lokal und setzt so automatisch die richtigen Prioritäten. Ein erster Beweis dafür ist die hausgemachte Zitronenlimo (Lemon Masala Soda, 3,50 Euro), die ihre aromatische Frische einer perfekten Balance aus Süße und Salzigkeit (!) sowie frisch gemahlenem Kreuzkümmel verdankt. Interessanter kann man der Sommerhitze kaum begegnen.

Reen zog der Arbeit wegen von Indien nach München, war aber von ihrem Marketingjob bald gelangweilt und wandte sich dem zu, was sie in der Stadt am meisten vermisste: der Küche ihrer Heimat. Im vergangenen November hatte die Autodidaktin genug gelernt, um einen Imbiss zu eröffnen, der sich vor allem indischen Streetfood verschrieben hat. Wer nun an erlahmte Trendküche denkt, weil ja jedes zweite Asia-Lokal heute lasche Satay-Spießchen als "original Streetfood" anbietet, liegt falsch. Es geht tatsächlich um Rezepte von den Essensständen in Kolkata oder Mumbai; um die Kunst, einen Snack mit einfachen Mitteln so spannend zu gestalten, dass er als vollwertige Mahlzeit empfunden wird.

Schon die großzügig portionierten Vorspeisen sind kleine Aromabomben mit abwechslungsreicher Haptik. Dilli ki Paapri Chaat zum Beispiel (4,50), knusprige Weizenchips, kombiniert mit Kichererbsen und weichen Kartoffelstücken in erfrischender Tamarindensoße. Man schmeckt Säure, Süße die Karamellnoten von braunem Zucker, Koriander sowie eine ordentliche, aber gut integrierte Schärfe, alles abgerundet von kühlendem Yoghurt und Minze.

Auch gefallen haben uns die fein abgeschmeckten, mit Kartoffel, Nüssen und Rosinen gefüllten Samosas (4,50) oder das Mundgefühl von Bombay Special Bhel Puri (4,00), Puffreis mit Linsencrunch, roten Zwiebeln, Erdnüssen und Kartoffeln in einer süßeren Tamarindensoße. Bestes Soulfood waren dann Madam Chutney's Special Chicken Nachos (5,50), eine kulinarische Visitenkarte des Hauses, die zeigt, dass Fusion auch in Indien längst ein Thema ist: Es war jedenfalls eine gute Idee, Nachos abwechselnd mit Tandoorisoße und tief aromatischem Hühnercurry zu schichten, das offenbar lange köcheln durfte. Das alles wurde mit einer tröstlich fetten Käseschicht überbacken. So wunderbar kann indisch-mexikanische Lasagne sein!

Ein Paradeteller des Hauses sind Kathi Rolls, vor allem in Bengalen beliebte Rollen aus gefülltem und hier selbstgebackenem Fladenbrot (Paratha). Zu empfehlen ist die Variante mit mariniertem Lammfleisch (Lamb Seekh, 6,50), fast noch besser aber die vegetarische Rolle mit hausgemachtem Frischkäse (Tawa Paneer Roll, 6,00), der in einer knackigen, perfekt gewürzten Gemüsemischung aus Rotkohl, eingelegten Zwiebeln, Karotte und Paprika lagerte, umhüllt von duftig-warmem Schichtbrot.

Wer nun noch Platz hat, sollte ruhig ein Curry bestellen, wobei sie bei Madam Chutney gerne über halbe Portionen nachdenken dürfen. Das Chicken Tikka Masala (6,90) würden wir sofort wiederbestellen, ebenso wie die fantastisch abgeschmeckten Kichererbsen in Tomatensoße (Chana Masala, 6,00). Korma Nawabi (Curry auf Kokos-Cashew-Basis, 6,80) war zu flüssig und zu kokoslastig geraten, und nach all den Vorspeisen etwas üppig, aber das sind schon Luxusprobleme.

Hier vor den Nachspeisen zu kapitulieren, kam nie in Frage. Wo sonst in München kriegt man selbst gemachtes Betelpalmen-Eis (4,50)? Dessen parfümiertes, aber erfrischendes Aroma, irgendwo zwischen Räucherstäbchen und Veilchenpastillen, trifft sicher nicht jeden deutschen Gaumen. Aber Frischkäse in Safran-Kardamom-Milch mit Pistaziencrunch (Mango Kesar Rasmalai, 4,50) ist auch ein guter Abschluss.

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