Süddeutsche Zeitung

Luise-Kiesselbach-Tunnel:Finale für die Rekordbaustelle

Lesezeit: 3 min

Von Marco Völklein

Noch gut sieben Monate, dann wird der neue Straßentunnel unter dem Luise-Kiesselbach-Platz in Betrieb gehen. Doch wer dieser Tage unterwegs ist in dem gut 2500 Meter langen Bauwerk zwischen der Zufahrt von der Lindauer Autobahn im Norden und dem Tunnelportal an der Passauerstraße, der könnte den Eindruck haben, es herrsche schon richtig Verkehr in der Röhre. Ständig kommen einem Transporter oder Kleinlaster entgegen, die Material liefern oder Arbeiter absetzen. "Wir haben einiges geschafft", sagt Projektleiter Johann Wittmann vom Baureferat der Stadt München. "Wir haben aber auch noch eine Menge vor uns."

In der Tat sieht der Tunnel in einigen Abschnitten zumindest schon so aus, wie man sich eine moderne Auto-Röhre vorstellt. An den Wänden sind erste Verblendungen befestigt, die Notausgangstüren an den Seitenwänden und in der Mittelwand leuchten in Neongrün. Die Fahrbahn ist bis auf die oberste Deckschicht weitgehend asphaltiert, und die Tunnelbeleuchtung strahlt ebenfalls bereits von der Decke.

Dennoch: Bis zur feierlichen Tunneleröffnung, die Wittmann und seine Bauleute nun auf einen Samstag Ende Juli festgesetzt haben, müssen die Arbeiter noch eine Menge erledigen. Deshalb herrscht auch so viel Verkehr im dafür eigentlich noch gar nicht freigegebenen Tunnel. Mehr als 20 Unternehmen gleichzeitig sind derzeit in der Röhre beschäftigt.

Der Tunnel wird früher eröffnet als geplant

Was die genau machen? "Viel", sagt Wittmann, ein eher stiller Ingenieur. Und deutet dann an die Decke. Dort verläuft eine etwa armdicke Löschwasserleitung. Die wurde von einem Unternehmen installiert. Anschließend rückte die nächste Firma an, welche die Heizung für die Wasserleitung montierte - damit auch bei tiefen Temperaturen in einem Notfall schnell geholfen und gelöscht werden kann. Und schließlich kam ein dritter Anbieter, der das Ganze mit einer Ummantelung versah.

Viele verschiedene Gewerke und Unternehmen unter einen Hut zu bringen, diese miteinander zu koordinieren und am Ende die abgelieferten (Teil-)Arbeiten rechtzeitig abzunehmen - das ist eine der Aufgaben, die Bauleiter Wittmann und seine Leute beschäftigt. Bislang, sagt der erfahrene Tunnelbauer, der auch schon die beiden Röhren am Petuelring und am Richard-Strauss-Ring in den Münchner Boden betoniert hat, läuft alles nach Plan. Deshalb wird das Baureferat den Tunnel sogar etwas früher als bislang geplant eröffnen können - nämlich schon im Sommer und nicht erst zum Jahresende 2015.

Das Beispiel mit der Wasserleitung ist nur eines von vielen. Vor allem die umfangreiche Betriebs- und Sicherungstechnik muss in den nächsten Wochen und Monaten noch eingebaut werden. So müssen die Arbeiter nicht nur Unmengen an Kabeln verlegen, die Blitzanlagen zur Tempomessung installieren und die Geräte zur Videoüberwachung des Verkehrs in Betrieb nehmen. An den Zufahrtsrampen zum Beispiel, die von der Garmischer Autobahn in den Tunnel führen, stehen die Schilderbrücken und Notfallschranken schon; an den beiden anderen Tunnelportalen im Norden und im Südosten fehlen sie aber noch.

Auch in den vier Betriebsstationen, die entlang des Tunnels verteilt sind, wird noch intensiv gewerkelt. Dort haben Arbeiter zuletzt schon die vier Notstromaggregate aufgebaut, die dafür sorgen, dass der Verkehr im Tunnel mindestens 24 Stunden weiterlaufen kann, auch wenn die Stadtwerke mal keine Elektrizität mehr liefern können. Viele kleinere Arbeiten allerdings, etwa zur Elektrik, zu den Brandmeldeanlagen oder den Notrufeinrichtungen, müssen noch abgearbeitet werden.

Im Frühjahr wird der Tunnel asphaltiert

Und dann muss das Ganze ausgiebig getestet werden. Kontrolliert und überwacht wird der Verkehr im Tunnel künftig von der städtischen Verkehrsleitzentrale an der Schragenhofstraße in Moosach aus. Damit die Fachleute dort alles im Blick haben, haben Arbeiter viele Kameras an die Decke geschraubt, mit denen die Operatoren der Verkehrszentrale in den Tunnel blicken können. Zudem können sie von Moosach aus per Knopfdruck große Ventilatoren anwerfen, sollte sich etwa Rauch in der Röhre bilden.

Und über Lautsprecher sowie eine spezielle Übertragungstechnik, die Durchsagen in die Autoradios einspielt, können die Operatoren die Autofahrer bei Unfällen warnen. Mehr als 10 000 einzelne Datenpunkte müssen gebündelt und mit der Leitzentrale in Moosach verknüpft werden, sagt Wittmann. Und all das muss vor einer Inbetriebnahme geprüft und getestet werden. Weil die beste Sicherheitstechnik nichts nützt, wenn sie nicht funktioniert.

Bis dahin allerdings wird noch intensiv gearbeitet in dem fast 400 Millionen Euro teuren Tunnelbauwerk. Irgendwann im Frühjahr, sagt Wittmann, werden die Asphaltierer mit ihren großen Maschinen anrücken und die oberste Deckschicht der Fahrbahn auftragen. Und anschließend, fast schon ganz am Schluss, so heißt es bei den Straßenbauern, kommen noch "die Maler". Die markieren dann die einzelnen Fahrspuren auf den frischen Asphalt, zeichnen die Pfeile ein für die Abbiege- und Verflechtungsspuren. Und dann steht der Eröffnung kaum noch etwas im Wege.

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Quelle:
SZ vom 30.12.2014
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