Luftreinhalteplan:Dosierter Verkehr

An der Prinzregentenstraße lassen Ampeln weniger Autos durch - nur eine von vielen Maßnahmen

Von Dominik Hutter

Zum Beispiel die Prinzregentenstraße: Da Diesel-Fahrverbote nach Einschätzung der Regierung nicht in Frage kommen, probieren es die Behörden an dieser hoch belasteten Meile nun mit einer Zuflussdosierung. Gemeint ist, dass der Verkehr reduziert werden soll - indem Ampeln nicht mehr so viele Autos in den Stinke-Abschnitt einfahren lassen. Ein Minus von rund 15 Prozent erhoffen sich die Behörden, und entsprechend weniger Schadstoffe in der Luft. Die Maßnahme, die im Mai vom Münchner Stadtrat abgesegnet wurde, ist neu im Luftreinhalteplan. Als eine von sehr, sehr vielen - die Erläuterung des Pakets samt Katalog umfasst mehr als 200 Seiten.

Unumstritten war die Dosierungs-Idee im Stadtrat nicht. Denn es ist ja nicht gerade unwahrscheinlich, dass die Schadstoffe nun an anderer Stelle in die Luft geblasen werden, sei es an den Pförtnerampeln oder aber auf einer Umfahrungsstrecke. Der Stadtrat hat sie trotzdem beschlossen, weil ja irgendetwas passieren muss, um die Grenzwerte einzuhalten. Die Mehrheit der Politiker setzte sogar noch eins drauf und lässt nun prüfen, ob nicht zwei der insgesamt sechs Fahrspuren für Busse reserviert werden können. Das hilft schließlich auch beim Luft reinhalten.

Die Maßnahme zeigt, welche Schwächen das System Luftreinhaltung hat. Denn natürlich wurde nur deshalb über die Prinzregentenstraße diskutiert, weil dort eine Messstelle installiert ist, die eine Überschreitung des Limits gemeldet hat. Ob es in einer Parallelstraße oder an einer Ausfallstraße ohne Messstelle genauso aussieht, spielt in den Debatten oft nur eine untergeordnete Rolle. Die Stadt München hat, um sich ein umfassenderes Bild von der Gesamtlage zu machen, die Zahl der Stickstoffdioxid-Stationen erheblich ausgeweitet. 42 sind es inzwischen, zusätzlich zu den technisch aufwendigeren Containern des Landesamtes für Umwelt.

Allerdings umfasst der Luftreinhalteplan zusätzlich eine Vielzahl von Maßnahmen, die Auswirkungen auf weite Teile der Stadt haben. In einem solchen Werk taucht normalerweise der komplette ohnehin geplante Ausbau des Nahverkehrsnetzes auf: von neuen U- und Trambahnstrecken über den Kauf neuer U-Bahn-Züge bis hin zur Busbeschleunigung, die sich wegen der kurzen Planungs- und Bauzeit zu einem der zentralen Verkehrsthemen gemausert hat. Teil der siebten Fortschreibung des Luftreinhalteplans sind auch das Leihradsystem der MVG sowie der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos auf 550 Stationen. Überhaupt bildet die Förderung der E-Mobilität seit langem einen zentralen Punkt. Dabei geht es um Ladesäulen ebenso wie um die Umstellung der Busflotte oder des kommunalen Fuhrparks.

Mitaufnehmen in den Luftreinhalteplan will die Regierung auch die 127 Maßnahmen aus dem städtischen "Masterplan für Luftreinhaltung", der im Juli 2018 den Stadtrat passiert hat. Dazu zählen neben diversen Projekten der E-Mobilität der Bau von zwei Radschnellwegen, die Verlängerung der Parkstadt-Tram 23, die U 5 nach Pasing, die Innenstadtspange U 9 sowie die U 26 im Münchner Norden. Auch einzelne Buslinien sind enthalten, einige davon fahren schon. Der Expressbus X 50 etwa, die Linie X 80 oder der City-Ring.

Der erste Münchner Luftreinhalteplan wurde im Dezember 2004 aufgestellt, also unmittelbar vor Inkrafttreten der damals neuen Grenzwerte für Feinstaub (die für Stickstoffdioxid folgten erst 2010). In dem Papier ist nahezu alles aufgeführt, was den Münchner Verkehr flüssiger oder umweltfreundlicher macht. Grüne Wellen stehen ebenso darin wie der Bau eines neuen Autotunnels an der Landshuter Allee, das Lkw-Durchfahrtsverbot oder die 2008 eingeführte Umweltzone innerhalb des Mittleren Rings. Auch Carsharing ist mit dabei. Und das vor einigen Jahren eingeführte und per Blitzer überwachte Tempo-50-Limit an der Landshuter Allee - dort durften die Autos einst, wie auf weiten Teilen des Mittleren Rings üblich, mit 60 entlangbrausen.

Positive Effekte gibt es bereits, so steht in dem Papier - die Luft ist sauberer geworden. Dennoch bestehe "weiterhin Handlungsbedarf".

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