Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Mehr autofrei probieren

Die Reichenbachstraße soll autofrei werden - das fordert der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt

Anwohner fordern, die Reichenbachstraße für Autos zu sperren. Im neuen Stadtkonzept ist sie nicht dafür vorgesehen - nicht mal probeweise.

(Foto: Robert Haas)

Lokalpolitiker in der Isarvorstadt fordern ein Konzept, Autos vom Gärtnerplatz und aus der Reichenbachstraße zu verbannen - und dass Parkplätze saisonal für Kultur genutzt werden.

Von Birgit Lotze

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat vor einigen Monaten angekündigt, dass 2019 zum Jahr mutiger verkehrspolitischer Entscheidungen werden soll. Mitte Februar hat sich der Stadtrat für eine große Verkehrswende ausgesprochen. Teil davon war die autofreie Innenstadt. Doch der Wachstumsdruck nimmt in der ganzen Stadt zu. Nach einer Exkursion nach Stockholm und den dortigen "Summer Streets" im Frühjahr 2018 wurden fraktionsübergreifend eine Reihe von Anträgen gestellt, um in München ebenfalls mehr sommerliche Lebensqualität in ausgewählten Straßenräumen zu ermöglichen. Die Verwaltung hat jetzt einige Maßnahmen vorgeschlagen, darunter auch eine saisonale Umnutzung von Parkplätzen im Sommer.

In der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt werden diese Maßnahmen begrüßt, wenn auch als "zaghaft" bezeichnet. Allerdings monieren die Stadtviertelpolitiker, dass der Gärtnerplatz und die Reichenbachstraße im Entwurf nicht einbezogen sind. Denn die Verwaltung schlägt nur zwei Pilotprojekte vor: für die Schwanthalerstraße im Westend und den Alpenplatz in Giesing.

CSU und FDP lehnen die Ideen ab

Der Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt forderte deshalb am Dienstag die Verwaltung auf, ein Konzept für weitgehende Autofreiheit am Gärtnerplatz und in der Reichenbachstraße zu erstellen - analog zu dem Konzept für eine autofreie Altstadt, das die Stadtplaner derzeit beschäftigt. Die Stadtviertelpolitiker plädieren auch dafür, dass die geplante saisonale Umnutzung von Parkplätzen sofort umgesetzt wird. Dabei sollen Parkplätze für Kunst- und Kultur-Aktionen oder auch als Freischankflächen genutzt werden. CSU und FDP schlossen sich den Forderungen nicht an - sie fürchten um die Parkplätze. Wer ein Auto habe, der habe es nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer, wandte CSU-Sprecher Florian Florack ein. Und mit Freischankflächen brauche man die Anwohner im Viertel angesichts deren Häufung wohl kaum zu beglücken.

Mehr Zurückhaltung forderten auch Mitglieder der SPD. Manchen gehen die Pläne der Grünen, die sich seit Jahrzehnten für eine Umbewertung des Verkehrsraums einsetzen, zu weit, sie seien nicht unbedingt im Sinne aller Anlieger. SPD-Fraktionschef Franz Bruckmeir erinnerte an die Bürgerversammlung im November. Dort war die Initiative von Anwohnern, die Reichenbachstraße zum Fußgängerboulevard zu machen, durchgefallen. "Wir wollen keine Rambla", hatte es geheißen. Anwohner befürchteten einen Touristenmagneten, der die Gentrifizierung anfeuert.

Helga Solfrank (Grüne) erinnerte daran, dass die Entscheidung der Bürgerversammlung nur knapp ausgefallen war - "und sie ist keinesfalls in Stein gemeißelt". Man sollte es "einfach mal für einen Sommer ausprobieren", sagte auch Silvia Haas (Grüne). Die Stadtplaner sollten ein Konzept erstellen. Man müsse ja nicht gleich ganze Straßenzüge dicht machen. Paul Bickelbacher, der auch verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Stadtrat ist, hält den Begriff "Rambla" für die schmale Reichenbachstraße übertrieben. Dafür müsste sie schon die Größe der Leopoldstraße haben. Er wies auch darauf hin, dass die Zahl der umgenutzten Parkplätze auch begrenzbar sei - auf zehn beispielsweise. Beate Bidjanbeg (SPD) regte an, die Bürger bei solchen Konzepten stärker einzubinden - vor allem, wenn es um die Umnutzung der Stellplätze im Sommer geht. Auch sollten kulturelle Aktionen stärker berücksichtigt werden als Freischankflächen.

Die Stadtratsfraktion Grüne/Rosa Liste hatte im Sommer gefordert, den Gärtnerplatz fast autofrei zu gestalten. Auch hatte eine Initiative für einen autofreien Gärtnerplatz damals 800 Unterschriften von Anliegern gesammelt. Das Planungsreferat hat den Vorschlag abgelehnt. Die Bebauung sei auch für eine saisonale Fußgängerzone zu dicht. Die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen müsse deshalb ständig gewährleistet sein. Auch herrsche dort der höchste Parkdruck der Stadt.

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