Ludwigsvorstadt:Büscheweise Beschwerden

Nußbaumpark in München, 2013

Eine der raren Grünfächen in der Innenstadt ist der Nußbaumpark.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Anwohner des Nußbaumparks fühlen sich durch einen angeblichen Männer-Strich belästigt, auch im Bahnhofsviertel häufen sich Klagen über Lärm und Verschmutzung. Und ein Dauerbrenner, der Viehhof, wird erneut zum strittigen Thema

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Geht es nach den Bürgern der Ludwigs- und Isarvorstadt, dann wird die Braunauer Eisenbahnbrücke für Fußgänger und Radfahrer geöffnet, die Lokalbetreiber in der Müllerstraße stehen vor einer Überprüfung ihrer Konzessionen und vor Münchner Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen gilt generell Tempo 30. Behörden wird die Bekämpfung von Zweckentfremdung erleichtert und sie gehen zügiger vor - vor allem gegen die Hintermänner des Medizintourismus. Der Nußbaumpark am Sendlinger Tor bekommt eine bessere Beleuchtung, die Schwanthalerstraße einen Radweg, die Polizeipräsenz in der Landwehrstraße wird verstärkt, und die Stadt prüft noch einmal, ob wirklich der Viehhof und nicht doch das Großmarktareal der bessere Standort für das Volkstheater ist.

Wegen Drogenkonsum, Betrunkenen, Raubüberfällen und Ratten war vom Nußbaumpark oft die Rede, jetzt soll sich dort ein Männerstrich - eventuell sogar ein Kinderstrich - entwickeln. Zwei Ludwigsvorstädterinnen schilderten in der Bürgerversammlung in der Gaststätte "Zunfthaus" am Donnerstagabend anschaulich ihre Erfahrungen. Wer im unbeleuchteten nördlichen Teil nicht mit Scheuklappen durch den Park gehe, müsse drauf gefasst sein, Menschen zu sehen, die nackt an Geländer gefesselt seien, berichtete eine junge Frau. Auch eine Hundebesitzerin, die dort in den frühen Morgenstunden Gassi ging, erzählte von unappetitlichen Beobachtungen. Sie sei auch von einem "Pimpf" angesprochen worden, der ihr einen 50-Euro-Schein zum Wechseln vor die Nase gehalten habe. Auf ihre Frage hin habe er auf einen Mann gedeutet und geantwortet, er müsse diesem 30 auf die 50 Euro herausgeben. Der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Alexander Miklosy (Rosa Liste), versprach, einzugreifen. Bekannt war das Treiben im Park offenbar bereits beim städtischen Gartenbau und der Polizei, es sollen auch gemeinsame Begehungen stattgefunden haben. Gottfried Hofmann vom Gartenbau schlug im Buschwerk "verträgliche Schnittmaßnahmen" vor und plädierte dafür, "die Ecken herauszuschneiden", sorgte sich allerdings ein bisschen um den Parkcharakter. Hans Reisbeck, Leiter der Polizeiinspektion 14 an der Beethovenstraße, sprach vom "Öffnen der Sichtachsen". Von Auswüchsen wollte er angesichts der Vielschichtigkeit und Menge der Parkbesucher nicht reden: "Aber wir bleiben am Ball."

Auch im Bahnhofsviertel geht es manchem Anwohner zu bunt zu. Bürger sprachen von "Rumgeschreie und Spucken", Bettlerbanden ließen ihnen keine Ruhe, von einer Drogenszene ist die Rede. Am Ende forderte die Bürgerversammlung die Stadt auf, am Hauptbahnhof mehr Mülleimer aufzustellen und öfter sauber zu machen. Außerdem soll sich die Polizei häufiger zeigen. Mülleimer wurden auch für die Müllerstraße und an der Isar gefordert.

Die Partymeilen waren bei der Bürgerversammlung weniger als in früheren Jahren in der Diskussion. Ein Antrag, das Gärtnerplatzfest abzuschaffen, da die Bewohner des Viertels es angesichts der Kommerzialisierung nicht mehr besuchten, wurde nicht angenommen. Die Lokalbesitzer an der Müllerstraße müssen sich allerdings darauf gefasst machen, dass ihre Konzessionen überprüft werden. Einer der Anwohner sagte: "In der Müllerstraße wird über Nacht aus einer Bäckerei eine Disco. Und wenn man nach der Konzession fragt, bekommt man keine Antwort." Offenbar betrieben viele Lokalinhaber ihre Läden mit alten Konzessionen.

Indifferent äußerten sich die Isar- und Ludwigsvorstädter zum Neubau des Volkstheaters im Viehhof, zu dem drei Anträge und ebenso viele Anfragen eingingen. Dass die Stadt aufgefordert wird, vor jeglicher Bauarbeit auf dem Gelände einen qualifizierten Bebauungsplan zu erstellen, auch die grundsätzliche Forderung des Bezirksausschusses, lehnten sie mit knapper Mehrheit ab. Knappe Zustimmung gab es für einen Vorschlag, noch mal einen Standortvergleich zwischen Viehhof und Großmarktgelände zu machen. In Form einer objektiven Untersuchung muss dieser Standortvergleich jedoch nicht sein - auch diese Abstimmung fiel knapp aus.

Vorher hatten einige Gegner eines Neubaus des Theaters auf dem Viehhof-Areal für die denkmalgeschützte Halle 1 des Großmarktes geworben: Sie sei wunderschön, nur einen Steinwurf entfernt und dort sei ausreichend Platz vorhanden. Der Viehhof solle laut Bürgerbeschluss zum Wohn-, Freizeit- und Gewerbegebiet werden, dort störe das Theater als "ins Eck gepresste monströse Baumasse". Das "Riesenviech" bringe das Gesamtprojekt in Gefahr und verbaue eine "Riesenchance" für die Isarvorstadt. Es wurden auch Befürchtungen laut, die Stadt werde, falls sich der Neubau verteure, sogar einen Teil des restlichen Viehhof-Geländes zur Finanzierung des Theaters verkaufen.

Miklosy wies darauf hin, dass der Bezirksausschuss mehrheitlich für den Einzug des Volkstheaters auf dem Viehhof sei, es gebe aber auch Gegenwind. Prinzipiell solle der Charakter des Geländes nicht verloren gehen, sondern eher noch gestärkt werden. Der Intendant des Volkstheaters, Christian Stückl, unterstrich noch einmal seine Sympathie für den Viehhof. Auch die Überprüfung habe gezeigt, er sei "der bessere Ort" für das Theater. Und er biete die Chance, 2020 einzuziehen: "Wir müssen 2020 aus der Brienner Straße raus. Und für mich und mein Team ist es ganz wichtig, dass das Haus dann fertig ist."

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