Ludwigsvorstadt:Voll auf die Zwölf

Schulturnhalle an der Auenstraße in München, 2013

Begehrtes Terrain: cie ehemalige Löwen-Halle und die Vereinsräume.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Das ehemalige Vereinsheim des TSV 1860 und die Turnhalle an der Auenstraße 19 werden jetzt doch abgerissen. Die Stadt hat den 500 Boxern des Klubs, die dort noch immer trainieren, eine neue Adresse in Aussicht gestellt

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Die ehemalige Heimat der Sechzger, das Vereinsheim des TSV 1860 und die Turnhalle an der Auenstraße 19, wird jetzt doch abgerissen - voraussichtlich im kommenden Jahr. Das bestätigt das Referat für Bildung und Sport. Die Stadt hatte sich über mehr als 20 Jahre hinweg nicht entscheiden können, was sie mit der Halle, die im Laufe der Jahrzehnte zum Sanierungsfall wurde, machen soll. Nun informierte Stadtschulrat Rainer Schweppe den Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt darüber, dass die Halle so marode sei, dass es weder technisch noch wirtschaftlich sinnvoll sei, sie zu sanieren. Dies sei bei den laufenden Untersuchungen festgestellt worden.

Der TSV 1860 hatte sein Vereinsheim, die Gaststätte, Theater- und Trainingsräume an der Isar in den Achtzigerjahren aufgeben müssen. Der Gesamtverein musste das Gelände an der Auenstraße an die Stadt verscherbeln, da der damalige Präsident Erich Riedl den Klub in finanzielle Nöte gebracht hatte. Der Verein verlor deshalb die Lizenz für den Profi-Spielbetrieb und musste zwangsweise absteigen. Die Stadt zahlte rund drei Millionen Euro für das Areal.

Die große Turnhalle, später auch Riedls ehemaliges Präsidentenbüro und ein weiteres Zimmer, durfte die anliegende Wittelsbacherschule nutzen. Rund 600 Quadratmeter im oberen Stockwerk sicherten sich zunächst das Kultur- und das Schulreferat. Die Isar- und Ludwigsvorstädter wünschten sich unbedingt, aber vergebens, ein Bürgerhaus an dieser Stelle. Doch die Nutzung und auch die Pflege des Areals wirkten immer wie Flickwerk. Da halfen weder Bürgerversammlungsanträge noch mehrere Vorstöße des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt.

In welch schlechtem Zustand das Gebäude inzwischen ist, wurde vor zwei Jahren offensichtlich, als die Stadt den TSV-Boxern - eine der wenigen Löwen-Abteilungen, die das ehemalige Vereinsheim noch nutzen kann - ersatzlos kündigte. Als die 500 Boxer mit Hausbesetzung drohten, mobilisierte das damals im Wahlkampf die jetzigen Rathauschefs Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bürgermeister Josef Schmid (CSU). Nicht nur, dass keines der Schlösser der Umkleideschränke mehr funktionierte und kaum mehr eine Dusche. Der Turnhallenboden war teilweise durchgebrochen. Feuchtigkeit breitete sich aus, Schimmel wuchs die Wände hoch, der Boden quoll auf. Hausmeister Michael Gloger drückte es seinerzeit so aus: "Das ist eine Zumutung für die Boxer."

Ebenso für die Schüler. Hermann Huber, Rektor der Wittelsbacherschule, hatte sogar veranlasst, dass Schüler nur zu dritt den Keller begehen dürfen, wenn sie die Wasch- und Umkleiderräume aufsuchen, denn: Zu häufig drangen ungebetene Besucher in das Gebäude ein. Hermann Huber ist nun glücklich darüber, dass Bewegung in die Hallen-Angelegenheit kommt. Er hatte bereits vor Jahren von einer "historischen Chance" gesprochen. Die Mittelschule braucht dringend Räume für den Ganztagszug, der im nächsten Jahr bis zur zehnten Klasse ausgebaut und damit vollständig ist. Benötigt werden Fachräume für Technik, EDV , Werken, Multifunktionsräume, eine alltagstaugliche Sporthalle und eine Mensa. Derzeit essen die rund 400 Schüler in zwei umgebauten Klassenzimmern in vier Schichten.

Eine Entscheidung des Stadtrats steht noch aus, doch vermutlich wird die Wittelsbacherschule hauptsächlicher Nutznießer eines Neubaus. Die rund 500 Löwen-Boxer werden deshalb nicht heimatlos. Sie können bis zum Abriss bleiben, so die Nachricht aus dem Referat. Wo die Sportler der größten Boxabteilung der Stadt danach trainieren sollen, ist immer noch offen. Doch zeichneten sich Lösungen ab, heißt es seitens der Stadt. Das Referat für Bildung und Sport hat TSV-Trainer Ali Cukur eine Halle in Aussicht gestellt.

Inzwischen sind auch drängende Probleme in der früheren TSV-Halle beseitigt worden: Die Stadt hat in den vergangenen Monaten zwei weitere Duschköpfe in Betrieb gebracht, Gänge renoviert, Wände geweißelt. Der Gestank hat abgenommen, der Schimmel ist zumindest überdeckt. Kürzlich wurden sogar Bodenproben entnommen. Das plötzliche Engagement freut Boxtrainer Ali Cukur, macht ihn allerdings auch misstrauisch: "Nicht, dass es dann heißt, es ist renoviert, ihr könnt jetzt länger bleiben."

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