Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Knapper Pflanzraum

Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt: Vergangene Pracht: Wenn in München gebaut wird, müssen oft selbst prächtige grüne Riesen gefällt werden. Für Ersatzpflanzungen fehlt zuweilen Platz.

Vergangene Pracht: Wenn in München gebaut wird, müssen oft selbst prächtige grüne Riesen gefällt werden. Für Ersatzpflanzungen fehlt zuweilen Platz.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Für Bauvorhaben muss oft alter Baumbestand weichen. Es mangelt an öffentlichem Grund, um Ersatz zu schaffen

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Allein in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt werden pro Jahr im Schnitt etwa 50 größere Bäume gefällt. Das geht aus einer Antwort des Planungsreferats auf Nachfrage des Bezirksausschusses (BA) vor. Wie viele davon nicht nachgepflanzt werden konnten, ist nicht dezidiert aufgeführt: Baumverlust sei unvermeidbar, schreibt das Referat, es gehe um Einzelfälle. Das Stadtviertelgremium hatte die Anfrage im Winter in der Absicht gestellt, den Stand des Baumverlusts im Viertel zu erfahren - und wie die Stadt dagegen vorgeht. Nachdem wegen Bauarbeiten für Fernkälteleitungen unter der Thalkirchner Straße 14 Bäume für eine dreimonatige Baustelle zum Fällen freigegeben worden waren, war man alarmiert, was Baumschwund angeht.

Nach den Recherchen des Planungsreferats wurden in den Jahren 2013 bis 2020 insgesamt 190 Bäume im Zuge von Baugenehmigungsverfahren gefällt, 209 Bäume wurden von Bürgern zur Einzelfällung angemeldet, die eigentliche Fäll-Zahl könne "geringfügig" darunter liegen, heißt es. Ersatzpflanzungen würden stets gefordert, großflächig kontrolliert und auch konsequent durchgesetzt, schreibt das Referat weiter. Doch es gebe Einzelfälle, wo sie rechtlich nicht möglich oder nicht sinnvoll seien, etwa, weil das Grundstück zu klein ist. In solchen Fällen gebe es die Möglichkeit von Ausgleichszahlungen - 750 Euro pro Baum. Verwendet werde dieses Geld dann für die Begrünung öffentlicher Flächen.

Ob es nutze, diese Summe zu erhöhen, vielleicht zu verdoppeln - dies hatte das Stadtviertelgremium vorgeschlagen -, werde noch geprüft. Allerdings sei zu beobachten, dass weit weniger öffentliche Flächen zur Verfügung ständen, als mit dem vorhandenen Geld begrünt werden können. "Pflanzungen in von Fällungen betroffenen Stadtvierteln scheitern nicht an der Finanzierbarkeit, sondern mangels geeigneter Standorte." Der Bezirksausschuss hatte sich auch erkundigt, ob man nicht die Zahl der nachzupflanzenden Bäume erhöhen könne, also einen gefällten Baum durch zwei neue ersetzen, vielleicht ließe sich auch die Größe der Baumkrone als Maßstab für Ersatzpflanzungen nehmen. Dazu bestehen laut Referat rechtliche Bedenken. "Ein Ausgleich des verloren gegangenen Grünvolumens ist nicht möglich", heißt es in dem Schreiben. Die Untere Naturschutzbehörde könne mehrfache Ersatzpflanzungen nur in den Fällen fordern, wo ökologisch besonders wertvolle Bäume zur Fällung freigegeben werden - fast ausschließlich also bei Baumaßnahmen, bei Einzelfällen würde im allgemeinen ein vitaler Baum nicht freigeben.

Doch die Stadt hat ein paar Instrumentarien parat, um Raumverlust entgegenzuwirken. Laut Planungsreferat ist das ein konsequentes Durchsetzen der Ersatzpflanzung, Bildungsangebote und auch das Fördern von freiwilligen Pflanzungen. Aktuell arbeitet das Referat an einem differenzierterem Kriterienkatalog für Ersatzpflanzungen, man plant durch Initiativen Bürger zu fördern, die freiwillig einen Baum pflanzen und für ein grünes München sorgen und die Förderung privater Grundstücksanbieter, wenn sie sich bereit erklären, für Begrünung zu sorgen. Auch sucht das Planungsreferat weiterhin nach öffentlichen Flächen. Die Behörde forderte im vergangenen Jahr über die Stadtviertel dazu auf, Bürger sollen aus ihrer Ortskenntnis heraus solche Flächen nennen. Die Vorschläge würden noch überprüft, hieß es im Referat. Wo sie realisierbar seien, werde gepflanzt - finanziert aus dem Topf der Ausgleichszahlungen.

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