Süddeutsche Zeitung

Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:"Hier braucht es Mut und Konsequenz"

Lesezeit: 2 min

Die Rathaus-Grünen fordern, dass die Stadt energischer gegen das Hotelprojekt von Motel One an der Schillerstraße vorgeht und mehr Wohnraum im Viertel rettet. SPD und CSU hingegen sehen keine Chance, den Bau zu verhindern

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Motel One kommt voran am Hauptbahnhof. Zumindest ist der Geschäftsführer von Concrete Capital, Peter Fritsche, zuversichtlich, dass er in einem dritten Anlauf das umstrittene Hotel-Großprojekt an der Schillerstraße 3 und 3 a durchsetzen wird. Der örtliche Bezirksausschuss allerdings hat in seiner Sitzung am Dienstagabend das Projekt erneut abgelehnt.

Investor Fritsche hat nun einen dritten Bauantrag bei der Stadt eingereicht und sichert zu, dort auch Wohnraum zu schaffen. Danach sollen nicht nur Hotelzimmer - geplant waren 281 -, sondern auch zehn Mitarbeiterwohnungen im ersten Stock auf rund 300 Quadratmetern Fläche entstehen. "Das entspricht faktisch dem, was als Ersatz für den bislang vorhandenen Wohnraum gefordert wurde", sagt Fritsche.

Stadträte signalisieren Zustimmung. "Unser Hauptanliegen, dass an der Stelle wieder Wohnraum entsteht, ist damit erfüllt", sagt Christian Müller, der stellvertretende SPD-Fraktionschef. Der Investor komme der Stadt entgegen. Nach dem geltenden Bebauungsplan müsse man einen Hotelneubau akzeptieren. Ähnlich die CSU: Natürlich mache man sich Sorgen, dass die zunehmende Konzentration von Hotelbetten das Viertel zum Kippen bringe, sagt Fraktions-Vize Hans Theiss. Doch Motel One habe dort Baurecht. "Wir können da nur therapeutisch begleiten."

Zu groß und wuchtig das Gebäude, die zunehmende Betten-Konzentration, die Vertreibung kleinerer Hotels durch internationale Ketten - die Motel-One-Pläne waren im Stadtrat auf breite Ablehnung gestoßen. Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher fordert, dass der Bebauungsplan im Sinne des Innenstadtkonzeptes geändert wird. "Die Stadt muss zumindest zukünftig bessere Möglichkeiten haben, mehr Wohnen einzufordern. Hier braucht es Mut und Konsequenz." Bickelbacher sieht im neuen Bauantrag die Anlieferung nach wie vor nicht geklärt. Aus dem Grund war der erste Bauantrag abgelehnt worden. Der Stadtplaner moniert, dass Lieferfahrzeuge über den belebten Gehsteig zurückstoßen, die Ladetasche sei zu klein. Er fordert deshalb eine Stellungnahme des Kreisverwaltungsreferats. Auch müsse geprüft werden, ob tatsächlich der gesamte Wohnraum im Hotelbau wiederhergestellt werde. "Wenn nicht, muss man das monieren." Bislang hat der Stadtrat keine Handhabe gefunden, gegen Hotel-Großprojekte wie dieses von Motel One vorzugehen - obwohl bereits im Jahr 2006 ein Leitfaden zur Entwicklung des Innenstadtbereiches inklusive seiner Randbezirke, wozu auch der Hauptbahnhof zählt, erstellt und auch vom Stadtrat verabschiedet worden war.

Danach werden 20 bis 30 Prozent Wohnanteil vorgeschrieben. Das Baureferat geht in seiner Beschlussvorlage darauf nicht ein, verweist auf den Bebauungsplan und setzt auf juristische Argumente. Oberbürgermeister Dieter Reiter hat nun eine mögliche Verschärfung der Zweckentfremdungssatzung angekündigt. Damit soll durch Neubau verloren gegangener Wohnraum künftig grundsätzlich im Viertel ersetzt werden. Die Grünen fordern einen Hotelstopp für das Bahnhofsviertel.

Im Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt wurde auch der dritte Bauantrag des Investors nicht akzeptiert. Die lange Fassade erschlage die Schillerstraße, auch bestehe zu wenig Rücksicht auf den Sichtbezug zum Bahnhofsvorplatz, an dem denkmalgeschützte Gebäude stehen. Der BA fordert, dass das Bauvorhaben in der Stadtgestaltungskommission behandelt wird. Und er pocht auf die Beschlüsse zum Innenstadtkonzept und damit einen Wohnungsanteil von 20 bis 30 Prozent im Bahnhofsviertel - und nicht von drei Prozent der Fläche, die der Investor jetzt anbiete.

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SZ vom 23.05.2019
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