Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Gemeinsame Strategie ausgebremst

Grüne/Rosa Liste im Viertel fordern wie ihre Rathaus-Kollegen Tempo 30 für die ganze Stadt. Sie stellen sich damit gegen die SPD-Linie

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Der Streit um Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in der ganzen Stadt, die die Rathaus-Grünen ohne Absprache mit der SPD im Februar gefordert und damit einen Koalitions-Krach ausgelöst hatten, setzt sich verspätet im sonst eher harmoniebewussten Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt- Isarvorstadt fort. Bislang hatte sich dort die Fraktion Grüne/Rosa Liste zurückgehalten: Als die Grünen einiger anderer Lokalgremien im März und April versucht hatten, über Anträge den Stadtrat für ein Modellprojekt mit generellem Tempo 30 zu motivieren, waren die Ludwigs- und Isarvorstädter nicht dabei. Doch jetzt eröffneten sie eine neue Runde in der Auseinandersetzung, die SPD konterte mit einem eigenen Antrag. Am Ende der Diskussion waren beide Seiten verstimmt und bemängelten fehlende Unterstützung (Grüne) oder Kompromissunfähigkeit (SPD).

Die Diskussion um Tempo 30 im Stadtviertel ist nicht neu, bereits 2013 hatte die Bürgerversammlung einen entsprechenden Antrag gestellt, damals noch beschränkt auf die Nacht. Eigentlich wollen alle das Gleiche, so wurde es zumindest in der Sitzung betont. Auch die SPD in der Ludwigs- und Isarvorstadt ist dafür, die Geschwindigkeit aus dem Viertel herauszunehmen. "Was wir wollen, ist: möglichst viel Tempo 30 auf den Straßen des BA 2", sagte Fraktionschefin Barbara Turczynski-Hartje. Doch sei es nicht ihre Aufgabe, eine gescheiterte Initiative der Stadtrats-Grünen durch die Hintertür einzubringen. "Und wir wollen nicht anderen Stadtvierteln die Verkehrspolitik diktieren." Auch die CSU konnte sich mit einer Vereinheitlichung nicht anfreunden. "Wir wollen nicht die Ausnahme zur Regel machen, wir sind zwar innerstädtisch für Straßen, in denen Tempo 30 angebracht ist, aber nicht generell für den ganzen Innenstadtbereich", sagte Fraktionschef Rudi Cermak.

Der Antrag, den die SPD vorlegte, besagte, dass - außer der Lindwurmstraße, eventuell auch Kapuzinerstraße-, Herzog-Heinrich-, Paul-Heyse-Straße - Straßen auf die mögliche Ausweisung von Tempo-30-Bereichen geprüft werden sollen, "wo immer es nach der bestehenden, hoffentlich bald modernisierten Straßenverkehrsordnung möglich ist". Die darin genannten Gründe für Tempo 30, wie Wohngebiete, Schule, Kindereinrichtungen, Lärmschutz, Reduktion der Feinstaubbelastung, träfen für das gesamte innerstädtische Gebiet des BA zu. Im Antrag der Grünen wird die Stadt München aufgefordert, sich beim Bundesverkehrsministerium als Modellkommune für eine Regelgeschwindigkeit von Tempo 30 zu bewerben. Nur auf ausgewählten Hauptverkehrsachsen soll die Höchstgeschwindigkeit Tempo 50 gelten. Für das eigene Viertel machen die Grünen in dem Antrag insgesamt zehn Hauptverkehrsverbindungen aus, darunter die Sonnen- und die Zweibrückenstraße.

Modellprojekt werden oder die Straßenverkehrsordnung (StVO) wo irgend möglich ausreizen? Für Grüne/Rosa Liste war die Sache klar, sie wollen nicht auf eine Anpassung der StVO warten. Und da sie in diesem BA zusammen die Mehrheit haben, setzten sie ihren Antrag für die Bewerbung als Modellprojekt durch. "Wir sind zu oft an der StVO gescheitert", sagte BA-Vorsitzender Benoît Blaser. Viele Anträge des BA auf Tempo 30 seien mit Verweis auf die StVO abgelehnt worden, Blaser erinnerte an einen kürzlich gestellten Tempo-30-Vorstoß in der Müllerstraße, auch dieser war abgewiesen worden. Paul Bickelbacher, grüner Verkehrsexperte im BA und Stadtrat, merkte mit Beispielen an, er halte die Vorschläge der SPD teils für gar nicht umsetzbar. Tempo-30-Zonen forderten eine gewisse Einheitlichkeit, sagte er. "Ampeln und Zebrastreifen sind dort zum Beispiel nicht zulässig." Damit vergrößere man den Schilderwald, dabei solle der mit der Neuregelung reduziert werden.

Claudia Lowitz, Fraktionssprecherin der grün-rosa Fraktion, sprach von der Idee der Modellkommune als aktuell "einzigem Weg aus dieser verkehrspolitischen Sackgasse". "Den Grünen geht es nur um Wahlkampf", kommentierte Barbara Turczynski-Hartje. Sonst hätten diese den SPD-Antrag, die Möglichkeiten die bestehende StVO weitgehend auszunutzen, nicht einfach abgelehnt.

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