Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Der Fremdkörper

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Lokalpolitiker kündigen Widerstand gegen das Hochhaus am Starnberger Flügelbahnhof an. Sie sehen in den Plänen nur Nachteile - für Anwohner ebenso wie für Bahnreisende

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Der geplante Turm am Starnberger Flügelbahnhof wird in der Ludwigsvorstadt - Isarvorstadt äußerst kritisch gesehen. Bereits wenige Stunden nach dem ersten Erörterungstermin im Planverfahren kündigte der Bezirksausschuss (BA) an, sich einer Realisierung in der geplanten Form soweit möglich zu widersetzen. Das 70 Meter hohe Gebäude - oben eine "Sky-Bar", unten Geschäfte und Büros - mache die Silhouette der Stadt kaputt, sei "scheußlich", "gruselig" und bringe weder Anwohnern noch Bahnreisenden Verbesserungen, hieß es in einem ersten Gespräch im BA. Es gebe in dem geplanten Bau zwar Parkplätze, doch diese seien ausschließlich intern den Geschäften und Büros vorbehalten, nicht einmal Fahrräder könnten Bahnnutzer dort unterstellen. Darüber hinaus bilde das Gebäude ein riesiges Hindernis, um das man, wolle man den Bahnhof verlassen oder ihn von der Arnulfstraße aus erreichen, herumlaufen müsse. Von der Straße aus könne man lediglich die Geschäfte in dem 17-stöckigen Turm erreichen, aber nicht das Bahnhofsgebäude selbst. Für den BA Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt will Martin Ruckert (CSU) jetzt einige Punkte herausarbeiten, die im Unterausschuss Planen und Bauen konkretisiert werden sollen. Ruckert, der beim Erörterungstermin dabei war, hofft auf das Eisenbahnbundesamt, das vor einem Neubau erst noch dem Abriss des Starnberger Flügelbahnhofs zustimmen muss. Es sei unbegreiflich, dass das Gebäude aus der öffentlichen Widmung herausfallen solle, sagte er.

Im BA wurde auch die derzeit unangenehme Stimmung im Starnberger Flügelbahnhof angesprochen. Dieses dem Hauptbahnhof angeschlossene und unter Denkmalschutz stehende Gebäude leerte sich in den vergangenen Jahren nach und nach. Selbst Ausstellungen fänden nicht mehr statt, die Halle wirke leer und tot, klagten die Stadtviertelvertreter. Nicht mal einen Kaffee könne man sich holen. "Da ist niemand, weil nichts ist", fasste Silvia Haas (Grüne) zusammen.

Von den Turmplänen waren auch die Beteiligten des ersten Erörterungstermins vergangene Woche nicht überzeugt. Vor allem die Initiative Altstadtfreunde München warnte vor einem rein kommerziell genutzten monströsen Torso aus Stahl und Glas im Bahnhofsensemble. Architekt Martin Klemp versicherte daraufhin, man wolle kein "Shopping-Center mit Gleisanschluss" errichten, ein Eindruck, der bei einigen Teilnehmern entstanden war. Bahnmanager und die städtische Bauverwaltung machten deutlich, sie wollten den Bau aus einem Guss und zügig durchziehen - noch vor dem neuen Hauptbahnhof.

Der Münchner Hauptbahnhof gilt nach der Grand Central Station in New York als zweitgrößter Personenbahnhof der Welt. Als Drehkreuz mit täglich rund 450 000 Passagieren und Besuchern ist der Bahnhof für den Nah- und Fernverkehr wichtig. Seit 2017 wird der Holzkirchner Flügelbahnhof saniert und barrierefrei ausgebaut, der Bahnhof war seit der Nachkriegszeit nicht mehr modernisiert worden. In diesem Jahr begannen die Arbeiten an der denkmalgeschützten Gleishalle. Der Starnberger Flügelbahnhof soll etwa 2022 an der Reihe sein, einen genauen Zeitplan gibt es allerdings noch nicht, die Arbeiten müssen mit dem Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke koordiniert werden. Auch das Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs bleibt nicht stehen. Es wird später, wenn der unterirdische S-Bahnhalt im Rohbau fertig ist, neu gebaut.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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