Süddeutsche Zeitung

Ludwigsfeld/Daglfing:Da braut sich was zusammen

Plakate gestohlen, Luft aus den Reifen gelassen, Öl im Briefkasten: In Feldmoching, der Lerchenau und in Daglfing eskaliert der Streit um die geplante städtebauliche Entwicklungsmaßnahme

Von Jerzy Sobotta, Ludwigsfeld/Daglfing

Der Streit um die Bebauung des Münchner Nordens und Nordostens spitzt sich weiter zu. In Feldmoching und der Lerchenau sollen in den vergangenen Wochen immer wieder größere Banner und Plakate der Initiative "Heimatboden" gestohlen worden sein. Das teilte deren Sprecher Martin Zech mit. Der jüngste Vorfall habe sich in der Nacht zum Dienstag ereignet, neben Feldmoching diesmal auch in Daglfing. Dabei sei es auch zur Sachbeschädigungen gekommen. Das bestätigt auch Daniela Vogt, die Vorsitzende des Bündnisses Nordost, das sich ebenfalls gegen die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) im Münchner Norden und Nordosten einsetzt. Die Gegner der SEM sind größtenteils Eigentümer und Landwirte, die gegen einen möglichen Zwangsverkauf ihres Grundes kämpfen. Eine SEM schafft Bauland für große neue Wohngebiete, bei denen der Grund von den Eigentümern unter Marktwert verkauft werden muss - in letzter Instanz unter Androhung von Enteignung.

Martin Zech gibt an, dass Unbekannte in Feldmoching seit Juli bei drei nächtlichen Aktionen Banner des Heimatbodens mit der Aufschrift "Gegen die SEM. Unsere Zukunft" teils mit einem Teppichmesser abgeschnitten und gestohlen hätten. Er schätzt, dass neben seinem eigenen Hof mehr als ein Dutzend weitere Familien betroffen seien. Auf dem Hof eines Gärtners sei Dienstagnacht zudem ein 19 Meter langer, in Beton eingefasster Zaun umgestoßen worden; bei einem Imker sei außerdem ein Schild herausgerissen worden. Beide Betroffenen bestätigten dies der SZ.

Die Vorfälle haben sich den Angaben zufolge zwischen 2 und 5 Uhr ereignet. "Wir haben nachts ein lautes Krachen gehört. Da hat wohl jemand mit einem Hammer auf das Schild eingehauen", sagt der Imker. Bereits vor einigen Wochen seien Banner von einem Hof gestohlen worden. Ein Nachbar, dem das gleiche passiert sein soll, habe sich inzwischen einen Schäferhund zugelegt.

Nach den Worten von Landwirt Hans Oberfranz sind auch in Daglfing und Johanniskirchen bei bis zu 20 Personen entlang der Daglfinger und Glücksburger Straße Banner gestohlen worden. Er ist ebenfalls Mitglied von "Heimatboden" und einer der Geschädigten. Einem Gärtner sei Öl in den Briefkasten geschüttet und bei mehreren Betriebsautos mit Heimatboden-Aufkleber die Luft aus dem Reifen gelassen worden. "Gerade die Älteren bekommen es mit der Angst zu tun", sagt Oberfranz. Auch Vogt vom Bündnis Nordost sind Fälle bekannt, bei denen Firmenschilder entwendet sowie eine Hecke und ein Scheinwerfer zerstört worden sein sollen. Bei der Polizei sind mehrere Anzeigen wegen Sachbeschädigung eingegangen, bestätigte ein Sprecher. Zudem wollen die Vertreter von "Heimatboden" und dem Bündnis Nordost Sammelklagen einreichen. "Man will uns Angst machen", zeigt sich Zech überzeugt. Doch die meisten Betroffenen wollten sich nicht einschüchtern lassen. "Wir werden uns nicht beugen und wieder Plakate aufhängen." Zech sieht in den Diebstählen und Sachbeschädigungen einen "Tabubruch der SEM-Befürworter" und fürchtet eine weitere Eskalation. Die Polizei sagt, die Vergehen passten weder zu den üblichen rechts- noch linksgerichteten politischen Straftaten.

Der Streit zwischen Gegnern und Befürwortern der SEM ist in den vergangenen Monaten immer intensiver geführt worden, allerdings auf politischer Ebene. Die prominentesten SEM-Unterstützer sind im Bündnis "Pro-SEM" versammelt, darunter auch Gewerkschaften und Sozialverbände. Die Organisation verwahrt sich auf Nachfrage, direkt oder indirekt mit den Vorgängen in Verbindung gebracht zu werden. "Wir informieren und werben in der städtischen Öffentlichkeit und in der Kommunalpolitik für unsere Argumente. Aktionen wie die von Ihnen geschilderten entsprechen nicht unserem Stil und werden von uns auch nicht gebilligt", teilt ein Sprecher mit.

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Quelle:
SZ vom 14.09.2019
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