Mit der Verpackung kennen sie sich aus bei Louis Vuitton, da haben sie es zu einer gewissen Meisterschaft gebracht, und deshalb ist die Residenzpost momentan das am besten verhüllte Gebäude in ganz München. Ein dezenter Braunton bestimmt das Bild an der Ecke Maximilianstraße/Residenzstraße, dahinter verbirgt sich das quaderförmige Grundstück. Auf der großflächigen Baustellenwand haben sie merkwürdig entrückte Bilder in Szene gesetzt: Impressionen von Koffern, die inmitten einer indischen Traumlandschaft stehen.
Hinter der Tarn- und Werbehülle wird nun schon seit Monaten gearbeitet, ganze Bataillone von Bauarbeitern, Handwerkern und Technikern, von Designern, Lichtexperten und Innenarchitekten sind vor Ort. Keine Frage: Was Louis Vuitton gegenüber der Staatsoper plant, soll alle Luxusshops in der Innenstadt übertreffen.
Bald wird sich der Schleier lüften, und dann werden die Münchner die Residenzpost wiederhaben - allerdings in etwas anderer Form als bisher. Der Termin steht nun fest: Am 25. April will das Unternehmen im modernisierten Klenze-Bau seine neue Zentrale eröffnen - "Louis Vuitton Maison" nennt sich das Konzept.
Edle Hölzer, Designersofas
Nach Paris, London, Rom und Venedig bekommt also auch München eine solche Markenwelt verpasst. Auf 1300 Quadratmetern können Kunden künftig die Produktpalette in Augenschein nehmen - Lederwaren, Reisegepäck, Handtaschen, Schuhe, Uhren, Textilien und Accessoires. Zuständig für die Gestaltung der Räume ist der New Yorker Architekt Peter Marino, und auch wenn Details der Innenausstattung noch nicht verraten werden, dürfte es wenig Überraschungen geben: Das Münchner Haus wird sich an den bewährten Vorbildern orientieren.
Der Besucher wird sich also in einer Art Einkaufsvilla wiederfinden - edle Hölzer, Designersofas, nach innen versetzte Schaukästen, Koffer-Arrangements aus der knapp 160-jährigen Firmengeschichte und das charakteristische Muster sind als Stilelemente universal. Auch wenn es die Europäer lieber etwas dezenter haben als etwa die verwöhnten Kunden in Abu Dhabi oder Shanghai.
Offenbar ist die Maximilianstraße ein guter Standort für eine solche Investition im Luxussegment. Bereits seit 1977 ist das Label hier vertreten - damals war es das erste Geschäft in Deutschland. Seit dieser Zeit sind die Mieten dramatisch gestiegen, alteingesessene Geschäfte haben entweder ganz aufgegeben oder sind umgezogen. Die Maximilianstraße im Jahr 2013 kann man entweder als sehr international bezeichnen oder als reichlich monoton, auf jeden Fall aber steht sie für eine Eleganz, die von der historischen Kulisse und dem Hang zum Theatralischen profitiert.
Für Roberto Eggs, Nordeuropa-Chef von Louis Vuitton, war die Entscheidung für die Residenzpost geradezu zwingend: "München ist eine der dynamischsten Städte, nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Vergleich. Die Stadt hat sich schnell zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum in Deutschland entwickelt."
Hinzu kommt, dass es in München und der Region treue Kundinnen gibt, die offenbar noch immer mehr zum Umsatz beitragen als die oft beschworene Luxusklientel aus Russland oder dem Orient. "Der lokale Markt ist für uns in München extrem wichtig", sagt Beate Klingenberg, die als Geschäftsführerin für Deutschland den Umbau begleitet hat. Berlin, Düsseldorf, Hamburg, auch diese Städte seien interessant für Louis Vuitton, aber letztlich seien die Kaufkraft und der "Münchner Sinn für Ästhetik und Stil" entscheidend gewesen.
Selbstverständlich aber kann ein solches Geschäft nicht nur von Einheimischen leben, deshalb müssen die Mitarbeiter auch Kunden aus dem Ausland gezielt ansprechen können - Arabisch, Russisch oder Chinesisch, insgesamt beherrscht das neue Louis-Vuitton-Team 24 Sprachen. Doch zunächst einmal steht eine Eröffnungsparty an, bei der neben Deutsch auch viel Französisch zu hören sein wird - für das Management des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH ist das Münchner Projekt Chefsache.
Wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst
Reizvoll sei das historische Ambiente, die Bausubstanz des einstmals königlichen Hauptpostgebäudes mit der Säulenfassade aus der Klenze-Zeit, betont man bei Louis Vuitton. Und dort ist man auch bemüht, den ganz normalen Münchnern etwas zu bieten: Ende 2013 soll ein Schauraum in der Residenzpost eröffnen, der "Espace Louis Vuitton München". Dort sollen wechselnde Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst zu sehen sein.
Geplant ist auch, historische Bücher und Dokumente aus dem 19. Jahrhundert zu zeigen. Neben teuren Ledertaschen, Schmuck und feinen Stoffen wird daher auch eine besondere Preziose hinter Glas ausgestellt: Die erste Briefmarke Deutschlands, bekannt als der "Schwarze Einser" des Königreichs Bayern, der im November 1849 erstmals in der Residenzpost ausgegeben wurde.