Lokaltermin:Der Kahlschlag lässt noch auf sich warten

In der Aubinger Lohe erläutern Fachleute interessierten Anwohnern die geplante Durchforstung des Bestands. Irgendwann muss ein im Wald vorhandener Fichten-Hain dem Klimawandel komplett weichen

Von Kilian Beck, Aubing

Eine kleine Runde hat sich an diesem Nachmittag am Rand der Aubinger Lohe versammelt. "Anfang Januar ist mir aufgefallen, dass hier massenhaft Bäume gefällt werden sollen", sagt Anwohner Heinz Hirschhäuser. Auf sein Drängen hat Siegfried Liedl (Grüne), Baumschutzbeauftragter des Bezirksausschusses Aubing-Lochhausen-Langwied, den Termin organisiert, damit sich die Zuständigen erklären können. Ob dieser Lokaltermin, der bei Anwohnern um Verständnis werben will, am Ende seinen Zweck erfüllt hat, bleibt aber nach der Waldbegehung unklar.

Lokaltermin: Lokaltermin in der Aubinger Lohe: Dort soll im Herbst planvoll durchforstet werden, um sogenannten Zukunftsbäumen mehr Licht zu verschaffen

Lokaltermin in der Aubinger Lohe: Dort soll im Herbst planvoll durchforstet werden, um sogenannten Zukunftsbäumen mehr Licht zu verschaffen

(Foto: Catherina Hess)

"Es geht darum, die Vitalität des Waldes zu erhalten", erklärt Revierförster Stefan Ziermann die geplanten Fällungen. Auslesedurchforstung nennt der Fachmann das Verfahren, bei dem Bäume ausgesucht werden, die sich voraussichtlich am besten entfalten werden. Damit sie das auch können, hat Ziermann alle Bäume, die einem "Zukunftsbaum" das Licht nehmen, zur Fällung markiert. "Das machen wir alle fünf bis zehn Jahre, damit die Bäume sich entwickeln können", sagt der Leiter des Münchner Forstbetriebs, Wilhelm Seerieder. Heinz Sedlmeier, Geschäftsstellen-Leiter des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) in München, weist beim Ortstermin darauf hin, dass die Aubinger Lohe wegen des hohen Zuzuges in den Münchner Westen besonders unter Druck stehe. Deshalb müsse der Wald "komplett aus der Bewirtschaftung genommen werden", fordert der Naturschützer, anschließend lobt er aber auch die Zusammenarbeit mit der Forstverwaltung bei den LBV-Biotopen am Rand der Aubinger Lohe.

Das Symbol markiert einen Biotopbaum

Das Wellensymbol markiert einen Biotopbaum, er wird nicht mehr gefällt.

(Foto: Catherina Hess)

"Wir wägen ständig zwischen Erholung, Klimaschutz, Ökologie und Produktion heimischer Rohstoffe ab", versichert Philipp Gloning vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg. Forstpolitisch ist die Aubinger Lohe seit 1985 ein Bannwald. Damit ist sie so gut geschützt, wie sie es als Nutzwald nur sein kann. "Das heißt, jeder Quadratmeter Wald, der gefällt wird, muss im Waldgebiet wieder aufgeforstet werden, und das ist auch gut so", erklärt Gloning. Der Forstbeamte betont, dass die Aubinger Lohe wichtig für den Klimaschutz und die Luftreinhaltung in der Gegend sei. Für Anwohner soll die Lohe ein schöner Erholungswald bleiben. "Der Wald sieht hier so gut aus, weil er gepflegt und bewirtschaftet wird", sagt er.

Im Bild: Wilhelm Seerieder

Wilhelm Seerieder zeigt auf einer Planungskarte, wo in der Aubinger Lohe Bäume fallen werden.

(Foto: Catherina Hess)

Ohne Durchforstung könnten sich die Baumkronen nicht ausbreiten, und die Stämme würden nicht mehr stärker, erklärt Seerieder. "Das kann dann zum Beispiel bei Sturm zu Schäden führen", wirft der Forstbetriebsleiter in die Runde, die sich im Gebiet der geplanten Durchforstung getroffen hat. "Was verdienen Sie denn mit dem Holz?", fragt Hirschhäuser. "Wenig bis gar nichts", entgegnet der Forstbetriebsleiter. Auch beim Verkauf des Holzes stehe der Klimaschutz im Vordergrund. Es soll nicht verbrannt werden. So solle das im Baum gebundene Kohlenstoffdioxid dort bleiben, sagt Seerieder. Das Lohe-Holz wird laut Seerieder beispielsweise in der Textilindustrie zu Kunstfasern weiterverarbeitet.

Nach den Ausführungen der drei Forstmänner fällt Hirschhäuser eine andere Markierung auf - zwei übereinander liegende Striche an zwei benachbarten Bäumen. "Das ist eine Rückegasse", erklärt Seerieder. Zwischen den zwei Bäumen werden gefällte Bäume aus dem Wald gezogen. Alle 30 Meter führt eine in den Wald, und nur dort dürfen die schweren Maschinen arbeiten. "So schädigen wir so wenig Boden wie möglich", sagt Seerieder. Wird die Erde zu stark verdichtet, können die Bäume nur noch flach wurzeln. Weiter auseinander könne man die Rückegassen nicht anlegen, da sonst der Wald zwischen ihnen beim Holztransport zu stark beschädigt würde, erklärt der Forstbetriebsleiter. "20 Meter wären eigentlich ideal, 30 Meter sind ein Kompromiss für den Boden", meint er. Abgeholzt werden die markierten Bäume voraussichtlich im Herbst. "Gerade ist der Boden zu empfindlich, weil er feucht ist", sagt Ziermann.

Schließlich zeigt der Revierförster noch einen Teil der Lohe, in dem vor allem Fichten stehen. Philipp Gloning belegt anhand mitgebrachter Klimasimulationen seiner Behörde, dass Fichten nicht für die bis zum Jahr 2100 erwarteten Temperaturen geeignet sind. "Wir werden hier irgendwann einen Kahlschlag brauchen, um neu zu pflanzen", sagt Wilhelm Seerieder. "Dann sind wir in dem Dilemma, ob wir den Anwohnern einen schönen Wald bieten oder ihn für den Klimawandel fit machen."

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