Herzklappen aus dem 3-D-Drucker
Worum geht es? Um Gerüste für künstliche Herzklappen.
Warum ist das wichtig? Vier Herzklappen sorgen im menschlichen Körper dafür, dass das Blut in die richtige Richtung strömt. Dass die Klappen richtig öffnen und schließen, ist essenziell, weshalb das Herzklappengewebe heterogen aufgebaut sein muss. Nun ist es gelungen, diese Struktur erstmals mit einem 3-D-Druckverfahren zu imitieren, das ermöglicht, individuelle Muster präzise entstehen zu lassen: Melt Electrowriting. Hierbei wird elektrische Hochspannung eingesetzt, um Strukturen aus einer sehr dünnen Polymerfaser zu bilden, die im Durchmesser nur zwischen fünf und 50 Mikrometer misst. Das "Schreiben" der Muster erfolgt mithilfe einer computergesteuerten Auffangplattform, die sich bewegt und die aus dem Druckkopf austretende Faser in einem programmierten Pfad auffängt - "ähnlich wie eine Scheibe Brot, die unter einem tropfenden Löffel Honig hin- und her bewegt wird", so die Forschenden. Über eine Software können Länge, Durchmesser oder Querschnitt angepasst werden, sodass individualisierte Herzklappengerüste entstehen. Als Werkstoff wurde medizinisch bereits zugelassenes Polycaprolacton (PCL) benutzt, das mit Zellen kompatibel und biologisch abbaubar ist. Das Ziel der Wissenschaftler: Nach der Implantation sollen auf dem Gerüst körpereigene Zellen wachsen und neues Gewebe bilden. In ersten Zellkulturstudien konnte dies bereits beobachtet werden. Die 3-D-gedruckten Herzklappen wurden in einem künstlichen Kreislaufsystem getestet, dabei öffneten und schlossen sie sich wie gewünscht.
Wer hat's erfunden? Ein Forschungsteam um Petra Mela, Professorin für Medizintechnische Materialien und Implantate an der Technischen Universität München (TUM), und Professorin Elena De-Juan Pardo von der University of Western Australia. An der Weiterentwicklung des PCL-Werkstoffs waren Franz Schilling, Professor für Biomedizinische Magnetresonanz, und Sonja Berensmeier, Professorin für Selektive Trenntechnik an der TUM, beteiligt.
Wie geht es weiter? Langfristig sollen mit der Methode mitwachsende Herzklappenimplantate entstehen. Insbesondere für Kinder wären solche wichtig, weil die aktuell verfügbaren Klappen im Laufe der Jahre immer wieder ausgetauscht werden müssen. "Unsere Herzklappen imitieren hingegen die Komplexität der körpereigenen Herzklappen und sind so konstruiert, dass sie es den Körperzellen der Patientin oder des Patienten ermöglichen, das Trägergerüst zu infiltrieren", sagt Petra Mela. Der nächste Schritt? Präklinische Studien im Tiermodell.
Ein Mikrowellenkühlschrank für Moleküle
Worum geht es? Eine neue Methode, um Gase bis nahe den absoluten Nullpunkt abzukühlen.
Warum ist das wichtig? Nahe am absoluten Nullpunkt beginnt Materie, sich ungewöhnlich zu verhalten und neue, exotische Zustände anzunehmen, Quanteneffekte lassen sich studieren. Die Resultate könnten weitreichende Folgen haben, zum Beispiel für Quantencomputer, die als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts angesehen werden. Für ihre Experimente verwendeten die Forscher ein Gas aus Natrium-Kalium-Molekülen (NaK), die durch Laserlicht in einer optischen Falle eingesperrt waren. Dann wurde die sogenannte Verdampfungskühlung angewandt - eine Methode, die ähnlich dem Prinzip funktioniert, das sich in einer Tasse heißen Kaffees beobachten lässt: Dort stoßen ständig Wasser-Moleküle zusammen und tauschen dabei einen Teil ihrer Bewegungsenergie aus. Kollidieren zwei besonders energiereiche Moleküle, kann eines davon schnell genug werden, um dem Kaffee zu entkommen - es dampft aus der Tasse. Das andere Molekül bleibt mit weniger Energie zurück. So kühlt sich der Kaffee allmählich ab. NaK-Moleküle sind allerdings komplex. Ihre Bewegungen bei Kollisionen lassen sich nur schwer kontrollieren, die Moleküle können sich leicht ineinander verhaken. Um dies zu verhindern, setzten die Wissenschaftler auf einen Trick: Sie kreierten ein elektromagnetisches Feld, das als energetische Abschirmung der Moleküle diente und sie am Verklumpen hinderte. Dieses Feld wurde durch ein starkes, rotierendes Mikrowellenfeld erzeugt. Das Ergebnis: Bereits nach einer Drittel-Sekunde wurde ein neuer Kälterekord aufgestellt; erstmals kühlte ein Gas aus polaren Molekülen bis auf 21 Nanokelvin ab - das sind wenige Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt bei minus 273,15 Grad Celsius und deutlich unter der Temperatur, ab der Quanteneffekte das Verhalten eines Gases bestimmen und sich an diesem bizarre Phänomene bemerkbar machen.
Wer hat's herausgefunden? Ein Team um Quantenphysiker Immanuel Bloch, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching.
Wie geht es weiter? Max-Planck-Forscher Xin-Yu Luo ist überzeugt, dass durch technische Verfeinerungen des experimentellen Aufbaus noch weit tiefere Temperaturen möglich sind. "Da die neue Kühltechnik so simpel ist, dass sie sich auch in die meisten experimentellen Aufbauten mit ultrakalten polaren Molekülen integrieren lässt, dürfte die Methode bald eine breite Anwendung finden - und zu etlichen neuen Erkenntnissen beitragen", glaubt Immanuel Bloch: "Sie könnte überdies in Quantentechnologien nützlich sein." Zum Beispiel in Quantencomputern, wo sich Daten vielleicht durch ultrakalte Moleküle speichern ließen.
Künstlerspuren im Exil
Worum geht es? Um ein kunsthistorisches Projekt, das zeigt, wie global vernetzt die künstlerische Moderne war und virtuelle Stadtspaziergänge auf den Spuren emigrierter Künstler ermöglicht.
Warum ist das wichtig? Emigration und Flucht sind globale Themen, die immer wieder vorkommen. Das Projekt startete 2017, nach den Fluchtbewegungen in den Jahren 2015/16. Seitdem ließen sich viele syrische Kunstschaffende in Berlin nieder. "Großstädte haben eine extreme Anziehungskraft auf Kunstschaffende", sagt Burcu Dogramaci. Die Professorin am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) glaubt: "Zwischen heute und dem beginnenden 20. Jahrhundert ist eine große Parallelität zu ziehen. Wir lernen aus der Vergangenheit, wie sich Migrantinnen und Migranten in den Städten formiert haben. Und umgekehrt beobachten wir Phänomene in der Gegenwart, die sich historisieren lassen." Mit dem Projekt will sie zeigen, dass die künstlerische Moderne nicht nur auf die europäischen Metropolen konzentriert war, und wie sehr die Städte, in denen Künstler Zuflucht suchten, die Exilanten bewegten und ihr Schaffen beeinflussten. London, New York, Istanbul, Buenos Aires, Mumbai (früher Bombay), Shanghai: Diese sechs Städte wurden ausgewählt. In einer Datenbank wurden die Ergebnisse zusammengeführt, über die Website metromod.net ist es nun möglich, sich auf die Spuren der Künstlerinnen und Künstler zu begeben und die im Exil entstandenen Werke zu visualisieren. So lässt sich beispielsweise erleben, wie in den 1930er- und 1940er-Jahren die Werke deutschsprachiger Fotografen wie Andreas Feininger entstanden, die nach New York emigrierten.
Wer hat sich's ausgedacht? Ein interdisziplinäre Forschungsteam unter der Leitung von Burcu Dogramaci, Professorin am Institut für Kunstgeschichte der LMU. Der Europäische Forschungsrat (ERC) förderte.
Wie geht es weiter? Das Projekt soll möglichst viele Menschen erreichen und die Botschaft vermitteln: "Fluchtbewegungen sind keine singulären Phänomene. Gerade im 20. Jahrhundert gab es auch gegenläufige Fluchtbewegungen aus Europa in die Welt. Es wird oft vergessen, dass unsere Gegenwart auch eine Geschichte hat."