LMU-Experte:Informieren und unterjubeln

LMU-Experte: Christoph Neuberger beschäftigt sich mit Menschen, die im Internet große Reichweiten erzielen und Werbung machen. Er ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der LMU.

Christoph Neuberger beschäftigt sich mit Menschen, die im Internet große Reichweiten erzielen und Werbung machen. Er ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der LMU.

(Foto: privat)

Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger erklärt, wann die Werbung im Netz zum Problem wird

Interview von Theresa Höpfl, Antonia Mayer

In der Werbebranche gelten Influencer als einer der großen Trends. Ein Gespräch mit Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger über Werbung im Netz.

SZ: Was sind eigentlich Influencer?

Christoph Neuberger: Das ist eine Wortschöpfung aus den sozialen Medien und bedeutet "Beeinflusser". Influencer befinden sich in einer Grauzone zwischen Journalismus und Werbung. Einerseits wollen sie informieren, andererseits machen sie bezahlte Werbung. Sie genießen großes Vertrauen ihrer Follower. Die ständige Präsenz auf deren Smartphones schafft eine starke emotionale Nähe. Im Gegensatz zu TV-Stars kann man mit Influencern in Dialog treten. Sie sind wie Freunde, die man den ganzen Tag und sogar bei Nacht begleitet. Sie unterhalten nicht nur, sondern beraten mit Tipps und über Produkte.

Freunde, Begleiter. Das klingt positiv.

Kritisch ist, dass das meiste Inszenierung

ist. Influencer präsentieren sich in schönen Umgebungen. In ihren vermeintlichen Alltag platzieren sie möglichst unauffällig Produkte. Das ist die ideale Form der Werbung.

Auf welchen Plattformen und in welchen Branchen gibt es Influencer?

Instagram, Snapchat und Youtube sind die

gängigsten. Thematisch kommen die verschiedensten Bereiche infrage: Lifestyle, Beauty, Fitness und Sport.

Wie können Internetnutzer versteckte Werbung besser erkennen?

Aufmerksam muss man sein, wenn einseitig berichtet wird, also übertrieben lobend, und ein Vergleich mit ähnlichen Produkten fehlt. Laut Rundfunkstaatsvertrag gibt es für Produktplatzierungen auch eine Offenlegungspflicht. Generell muss Werbung als solche eindeutig erkennbar sein. In Zweifelsfällen muss etwa in Zeitungen über Beiträgen "Anzeige" stehen. Die Landesmedienanstalten haben Empfehlungen ins Netz gestellt, wie Werbung in sozialen Medien zu kennzeichnen ist. Ein Gericht hat festgestellt, dass Hashtags wie #ad oder #sponsored nicht ausreichen. Es drohen Abmahnungen und Bußgelder.

Influencer sind Vorbilder für ihre Nutzer. Warum kann das ein Problem sein?

Bei diesem Geschäftsmodell habe ich durchaus ethische Bedenken, weil die Grenze zwischen Werbung und Selbstdarstellung verwischt. Influencer werden bewundert, viele schauen zu ihnen auf, weil sie scheinbar immer einen Tick besser sind als man selbst.

Welche Risiken bergen Produktplatzierungen für Kinder und Jugendliche?

Die Gefahr der Schleichwerbung ist sehr groß. Beim Fernsehen weiß man in der Regel, wann die Werbung anfängt und wann sie aufhört. Bei Influencern kommt die besondere Nähe zum Nutzer dazu, die die Kritikbereitschaft gegenüber Produktempfehlungen verringert. Sie müssen sich ihrer Verantwortung gegenüber ihren jungen, leicht lenkbaren Followern bewusst sein. Das ist harmlos, solange es um Kosmetika geht, aber wenn es ins Politische geht, kann es kritisch werden.

Lässt sich der Einfluss solcher Werbestrategien messen?

Influencer können den Unternehmen mitteilen, wie oft etwa ein Beitrag oder Video angeklickt wurde. Allerdings werden Klickzahlen auch manipuliert. Der beste Indikator für das Unternehmen sind die Verkaufszahlen.

Warum gibt es eigentlich in Berlin oder Köln mehr Influencer als in München?

Zu regionalen Besonderheiten gibt es kaum statistische Erkenntnisse, aber die Szene in München ist durchaus lebendig. Es stimmt, dass Berlin Vorteile hat. Da gibt es eine Start-up-Szene, besser vernetzte Universitäten und die schon sprichwörtliche "digitale Boheme". Trends zeigen sich zuerst dort.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: