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Literaturarchiv: Elisabeth Tworek (*1955) lebt in Murnau. Nach dem Studium arbeitete sie erst als Gymnasiallehrerin, dann im Kulturreferat München. 1994 bis 2018 leitete sie die Monacensia, bevor sie zum Bezirk wechselte.

Elisabeth Tworek (*1955) lebt in Murnau. Nach dem Studium arbeitete sie erst als Gymnasiallehrerin, dann im Kulturreferat München. 1994 bis 2018 leitete sie die Monacensia, bevor sie zum Bezirk wechselte.

(Foto: Bezirk Oberbayern)

Elisabeth Tworek will die Kulturarchive des Bezirks besser vernetzen

Interview von Sabine Reithmaier, Bruckmühl

Im April 2018 hatte die promovierte Literaturwissenschaftlerin Elisabeth Tworek nach 24 Jahren als Chefin des Literaturarchivs Monacensia in München ihren neuen Posten als Chefin der Kulturabteilung des Bezirks Oberbayern angetreten. Ihr Ziel ist, dessen einzelne Kulturinstitutionen besser zu vernetzen und die kulturelle Arbeit des Bezirks stärker zu profilieren.

SZ: Wandeln Sie das Volksmusikarchiv jetzt in eine Art Monacensia um?

Elisabeth Tworek: Die Idee stammt nicht von mir, sondern kam aus der Politik, ich habe sie aber freudig angenommen. Die Bezirksräte haben sich neben der Popularmusik die Literatur als neuen Schwerpunkt in Bruckmühl gewünscht. Und diese Erweiterung drückt sich auch im neuen Namen aus. Ich bin sicher, hier entsteht eine richtige Kreativwerkstatt.

Ab wann kann man das Literatur- oder Musikarchiv digital nutzen?

Das dauert noch. Jetzt kommt erst eine gewaltige Kärrnerarbeit: die Inventarisierung der gesamten Archivgüter. Wir müssen erst wissen, was wir haben, um es dann der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen zu können. Dann folgt die digitale Bereitstellung. Ein Problem ist, dass die bisherige Datenbank, die im Volksmusikarchiv genutzt wurde, nicht fortgeführt werden kann.

Sie sind angetreten mit dem Ziel, das Profil von Kultur, Bildung und Heimatpflege zu schärfen und enger zu verzahnen. Muss man sich da auch um Datenbanken kümmern?

Das ist zwingend notwendig. Wir sind auch schon ziemlich weit, haben für die Vereinheitlichung der Archivdatenbanken sogar eine neue Stelle bekommen. Ziel ist eine Software, die über das Internet der Öffentlichkeit alles zugänglich macht, was in unseren bestandsbildenden Einrichtungen ...

Was meinen Sie damit?

Amerang, Glentleiten, aber auch das Trachten-Informationszentrum Benediktbeuern, natürlich Bruckmühl - dafür brauchen wir eine Software, die den ganzen Bestand erfasst und recherchierbar macht und alles zu einem großen Ganzen vernetzt.

Zu einem Oberbayern-Gedächtnis?

Genau. Aber die einheitliche Datenbank spart dem Steuerzahler auch viel Geld, weil der Sammlungsbestand abgeglichen und gezielt erweitert werden kann. Man kann sofort nachschauen, ob der Bezirk ein Kulturgut schon besitzt.

Es ist schwer nachvollziehbar, dass die einzelnen Kultureinrichtungen bislang anscheinend jeweils ihr eigenes Rad drehten. Ist die Vernetzung von Einrichtungen wirklich eine vergnügliche Arbeit für eine Literaturwissenschaftlerin?

Absolut. Ich bin froh, dass ich vor drei Jahren die Entscheidung getroffen habe. Dadurch bin ich noch einmal völlig aus der Archiv- und Veranstaltungswelt herausgetreten und habe meinen Horizont deutlich erweitert. Der Bezirk ist ein dezentrales System. Daher besteht die Kunst darin, mit den Einrichtungen dauernd in Kontakt zu bleiben, deren Ideen aufzugreifen, Synergien zu nutzen und dadurch Mehrwert zu gewinnen.

Künftig sind die Volks- und die Popularmusik gemeinsam in einem Haus. Was erhoffen Sie sich davon?

Das schafft neue Möglichkeiten der Vernetzung. Wir vergrößern unseren Interessentenradius, machen Spartengrenzen durchlässig, schaffen Raum für Innovatives auf der soliden Basis der Sammlungsbestände. Die künftigen Proberäume sind für unseren Popularmusikbeauftragten die lang ersehnte Chance, eigene Räume zu gestalten.

Der Etat, den Sie für den Bezirk verwalten, ist doch deutlich höher als in der Monacensia?

Allerdings. Der Bezirk steckt jährlich um die 42 Millionen in Bildung und Kultur. Aber die Herausforderung ist für mich nicht anders als in der Monacensia. Ich spüre die Verantwortung, das zu erhalten, was es späteren Generationen erleichtert, sich längst vergangene Phänomene erklären zu können und ein Gespür für die Wurzeln zu vermitteln, erfahrbar zu machen, wie Oberbayern leben. Dinge wissenschaftlich zu durchdringen und trotzdem nah am Menschen zu sein, das reizt mich sehr.

Da spürt man ein wenig die ehemalige Gymnasiallehrerin.

Kann sein. Auf alle Fälle macht es mir viel Freude. Ich habe gerade meinen Vertrag um zweieinviertel Jahre verlängert. Es wäre schade zu gehen, wenn es gerade so richtig anläuft.

Das Geld, um eine Oberbayernbibliothek aufzubauen, haben Sie auch?

Jetzt fließen erst viele Mittel in den Umbau. Aber die Bibliothek ist fest vorgesehen. Und wenn wir für den Sammlungsaufbau später ein Budget brauchen, ist das gut investiertes Geld in das kulturelle Gedächtnis Oberbayerns.

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