Literatur:Fürn Arsch

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Der Maro-Verlag zeigt, wie man sich kunstvoll mit Klo-Themen beschäftigt

Von Jürgen Moises, Augsburg/Berlin

Es gibt Menschen, die sich verschwörungsgläubig permanent wie Ärsche aufführen. Und wenn sie das lautstark in der Öffentlichkeit machen, ist ihnen die Aufmerksamkeit der Menschen und der Medien gewiss. Dann gibt es andere, die uns täglich den Arsch retten. Aber über die wird nur ganz selten geredet. Dabei wären wir ohne Rohrleitungs- und Kanalbauende oder WC-Anlagen-Beaufsichtigende ganz schön aufgeschmissen, während man auf Verschwörungstheoretiker gut verzichten kann. Wobei: Auch bei denen geht es darum, bestimmte Dinge abzuführen, seien es Ängste oder Triebe. Und deswegen sterben diese wohl nicht aus. Ein Umstand, welcher das neu erschienene "Maro-Heft #4" von Peter Bierl und Katharina Kulenkampff bleibend aktuell macht, genauso wie das ebenfalls frische Heft #3 von Felix Bork.

Zur Erinnerung: Die Maro-Hefte sind die Nachfolger der Tollen Hefte, die von 1991 bis 2000 im Augsburger Maro-Verlag und danach bis 2019 bei der Büchergilde Gutenberg herauskamen. Die Reihe wurde von Armin Abmeier initiiert, der darin eigene Lieblingstexte mit originellen, mit großer Freiheit gestalteten Illustrationen von namhaften Grafikern zusammenbrachte. Auch bei den schönen, im Flachdruckverfahren gedruckten Maro-Heften haben die Grafiker Narrenfreiheit. Inhaltlich setzen die Herausgeber Sarah Käsmayr vom Maro-Verlag und Kolja Burmester dagegen auf aktuelle, gesellschaftliche Themen.

Die "Maro-Hefte" sind die Nachfolger der "Tollen Hefte". Hier eine Illustration aus der Edition "Aus den Ärschen aus dem Sinn". (Foto: Felix Bork, Maro)

"Die Legende von den Strippenziehern. Verschwörungsdenken im Zeitalter des Wassermanns" heißt das "ideologiekritische Heft" des in der Nähe von München lebenden Politikwissenschaftlers und Autors Peter Bierl und der Hildesheimer Grafikerin Katharina Kulenkampff. Bierl zeigt darin schlüssig auf, dass Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus keine Probleme der Ränder, sondern der Mitte der Gesellschaft sind. Er macht deutlich, dass "unser Lifestyle auf Naturzerstörung und Ausbeutung" basiert. Und dass AfD, Querdenker & Co. das System gar nicht ändern wollen, weil sie selbst darin verstrickt sind, und stattdessen die Schuld auf eine obskure Finanz- und Politik-Elite schieben. Eine erhellende Lektüre, die Katharina Kulenkampff mit apokalyptischen Wimmelbildern illustriert hat, auf denen obskure Tierwesen als Strippenzieher auftreten.

Dunkel und tiefgründig, aber auf ganz andere Art, geht es auch in "Aus den Ärschen aus dem Sinn. Eine Odyssee durch Körper, Klo, Kanalisation, Kläranlage und Wolken" von Felix Bork zu. Darin schildert der Berliner Zeichner und Autor was mit unseren Ausscheidungen passiert, nachdem die Spülung betätigt wurde, und er löst das Rätsel, ob aus Abwasser wirklich Trinkwasser wird. Bork macht das sehr detailliert, lockert das Ganze mit Wortwitzen, Anekdoten und comichaften Zeichnungen auf und sorgt wie Bierl damit für eine sehr erhellende Lektüre.

Hier ist Heft #4 zu sehen. (Foto: Katharina Kulenkampff, Maro Verlag)

Peter Bierl & Katharina Kulenkampff : "Die Legende von den Strippenziehern"; Felix Bork : "Aus den Ärschen aus dem Sinn", www.maroverlag.de

© SZ vom 08.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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