"Montecrypto" von Tom Hillenbrand:Der Schlüssel zum großen Geld

FILE PHOTO: FILE PHOTO: A representation of virtual currency Bitcoin and U.S. One Dollar banknotes are seen in front of a stock graph in this illustration

Schatzsuche der besonderen Art: Der Münchner Autor Tom Hillenbrand gewährt im Krimi "Montecrypto" tiefe Einblicke in die bizarre Welt der Kryptowährungen - Bitcoins sind nur eine davon.

(Foto: Reuters/Dado Ruvic)

Wie funktioniert die Krypto-Szene? Tom Hillenbrand erklärt in einem Thriller den Wandel der Finanzwelt.

Von Antje Weber

"Meiiin Schatzzz!" Diesen klagenden, werbenden, drohenden Ausruf von Gollum aus dem Film "Herr der Ringe" kennt wohl so ziemlich jeder. Er führt direkt zum gefährlich funkelnden Kern des neuen Thrillers von Tom Hillenbrand. Wer Schatzsuchen und Schnitzeljagden schon immer geliebt hat, wird darin begeistert die Zeichen deuten und Fährten aufnehmen. Es wäre allerdings hilfreich, dazu noch ein Grundinteresse für die Finanzwelt aufzubringen. Und vor allem für eines ihrer derzeit ganz heißen Themen: Kryptowährungen.

"Montecrypto" heißt der Thriller denn auch vielsagend, und er ist, soweit das Laien beurteilen können, hervorragend recherchiert. Der Münchner Autor und Journalist Tom Hillenbrand legt in raschem Tempo einen anspruchsvollen Krimi nach dem anderen vor, große Zukunftsfragen wie etwa Künstliche Intelligenz hat er in Science-Fiction-Krimis wie "Hologrammatica" oder "Drohnenland" immer im Blick. Dass Hillenbrand außerdem für jede Menge kulinarischer Krimis vorgekostet hat, merkt man den Vorlieben seines Helden auch im neuen Thriller an: Der aus England stammende, in Los Angeles lebende Finanzermittler Ed Dante schätzt guten Tee. Noch mehr liebt der nicht mehr ganz junge Detektiv, der unter seiner mit einem Trilby-Hut verdeckten Glatze und einer belastenden Vergangenheit als Banker an der Wall Street leidet, sorgfältig gemixte Cocktails. Und zunehmend lernt er eine tätowierte und äußerst tatkräftige Bloggerin namens Mercy Mondego lieben.

"Montecrypto" von Tom Hillenbrand: Tom Hillenbrand.

Tom Hillenbrand.

(Foto: Bogenberger Autorenfoto)

Das wäre es dann aber schon mit den weichen Fakten für Herz und Gaumen. Auf den meisten der mehr als 400 Seiten, stilistisch eher nachlässig gemixt, geht es in atemberaubendem Tempo durch eine Handlung, die irrwitzig zu nennen stark untertrieben wäre. In fast jedem Kapitel hetzt der Autor seinen ächzenden Ermittler zudem von Schauplatz zu Schauplatz; Los Angeles, das schweizerische Zug, New Yorks Finanzdistrikt und eine Villa bei Acapulco sind nur die wichtigsten Wegmarken. Dabei trifft der Ermittler auf dermaßen viele Menschen, von denen der eine oder andere genretypisch sein Leben aushaucht, dass nicht nur Ed Dante, sondern auch den Lesern bald höllisch der Kopf schwirrt. Trotz all dieser Einwände: Wer in der Finanzbranche oder in der Hackerszene zu Hause ist, wird an diesem Roman seine Freude haben. Und wer keines von beidem ist, sich jedoch bereitwillig auf eine völlig fremde Welt einlassen mag, der findet hier jede Menge Stoff zum Staunen. Denn der Thriller führt wirklich tief in die sogenannte Krypto-Szene hinein. Die ist in Aufruhr, als der Pionier Greg Hollister nach einem tödlichen Unfall jede Menge Nachrichten aus dem Jenseits verbreitet, die Nerds aus der ganzen Welt zu einer digitalen Schatzsuche animieren sollen. Hillenbrand beschreibt mit Hingabe diese Krypto-Freaks, jung und schlecht angezogen, und ihr Tun. Und er bemüht sich redlich, den Lesern in immer neuen Anläufen zu erklären, wie Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoins funktionieren, was Blockchains sind und wie Klickfarmen aussehen.

Es handelt sich, so beschreibt es der Autor in letzter Konsequenz, um eine auf verborgenen Servern vor sich hin surrende Welt, deren Missbrauch unser Finanzsystem und damit die gesamte Weltwirtschaft auf beunruhigende Weise destabilisieren könnte. Hillenbrand erzählt von einem Getriebenen, der dies versucht. Und auch wenn man ihm nicht bei jedem Gedankengang folgen kann oder will, so ahnt man doch: Es gibt da draußen jede Menge Nerds, die sich bei weiteren Versuchen gerade die Finger wund hacken. Und denen es um mehr geht als einen Schatz, der sie endlich reich macht.

Tom Hillenbrand: Montecrypto. Thriller. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2021, 448 Seiten, 16 Euro

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